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Neuerungen im Nutzerschutz

Nachstehend werden die wesentlichsten Änderungen im Nutzerschutz erläutert. Nicht eingegangen wird dabei auf die Frage der Übergangsbestimmungen und des Anwendungsbereiches. Grundsätzlich gelten alle Regeln zumindest für Verbraucherinnen und Verbraucher spätestens am 01.05.2022.

Schlichtungsverfahren für Nutzerinnen und Nutzer
(§ 205 Abs 1)

Für das bewährte Schlichtungsverfahren sind zwei Änderungen erwähnenswert. Zum einen können Schlichtungsverfahren nunmehr hinsichtlich aller Arten von Kommunikationsdiensten beantragt werden. Zum anderen erfolgte eine Gleichstellung hinsichtlich jener Verfahren, bei denen eine behauptete Verletzung einer sektorspezifischen Vorschrift gegeben ist. Das TKG 2003 sah hier unterschiedliche Verfahrensvorschriften vor, die nunmehr vereinheitlicht wurden.

Informationspflichten zum Vertrag (§ 129)

Deutlich verstärkt werden die vorvertraglichen Informationsverpflichtungen und die damit verbundenen Rechtsfolgen. § 129 legt einen umfangreichen Katalog von Informationen fest, die vor Vertragsabschluss den Nutzerinnen und Nutzern erteilt werden müssen. Die angeführten Mindestinformationen gehen über die bisher in § 25 Abs 4 und 5 TKG 2003 geregelten Mindestinhalte hinaus. So werden z.B. detailliertere Informationen zu den inkludierten Leistungen oder zur Mindestqualität des Produkts vorgeschrieben. Zusätzlich zu diesen sektorspezifischen Informationen sind die Informationen gem. § 5a KSchG und § 4 FAGG zu gewährleisten. Die Informationserteilung hat grundsätzlich mittels eines dauerhaften Datenträgers zu erfolgen. Zusätzlich trifft die Anbieter eine gesonderte aktive Hinweispflicht auf die Bedeutung des Abspeicherns der Informationen. Der Anbieter muss daher die Nutzerinnen bzw. Nutzer auffordern, das Dokument für spätere Beweiszwecke aufzubewahren. Das schlichte Bereitstellen der Informationen ist somit nicht ausreichend.

Um die Transparenz zu gewährleisten, ist weiters eine Zusammenfassung der Hauptelemente der Informationspflichten vorgesehen, die Vertragsbestandteil ist. Diese soll idealerweise nicht mehr als eine DIN-A4-Seite umfassen. Die Anbieter sind verpflichtet, ein von der Europäischen Kommission vorgegebenes Muster zu verwenden. Anbieter müssen die Vertragszusammenfassung vor Vertragsabschluss zur Verfügung stellen und dieser Vorgang ist eine aufschiebende Bedingung für das Zustandekommen des Vertrages. Ist dies aus objektiv technischen Gründen, wie etwa bei einem telefonischen Vertragsabschluss, nicht möglich, muss diese unverzüglich nachgereicht werden. Der Vertrag kommt erst zustande, wenn der Erhalt der Zusammenfassung von der Nutzerin bzw. dem Nutzer bestätigt wird. Die RTR hat bereits 2020 einen Best-Practice-Leitfaden ("Praxishandbuch Vertragszusammenfassung")  erstellt und veröffentlicht. Die Anpassungen auf den endgültigen Text des TKG 2021 wurden bereits vorgenommen und die öffentliche Konsultation am 13. Dezember gestartet.

Kostenbeschränkung (§ 130)

Die wesentlichen Regelungen des TKG 2003 hinsichtlich der Kostenbeschränkung bleiben erhalten.

Transparenz und Veröffentlichung von Informationen (§§ 132, 133 und 134)

Bei den Transparenzmaßnahmen, die vor allem Veröffentlichungspflichten und Tarifvergleiche umfassen, kommt es, wie bei den vorvertraglichen Informationen, ebenfalls zu einer Ausweitung der Nutzerrechte. Die bisher in § 25 Abs 2 TKG 2003 vorgesehenen Anzeige- und Kundmachungs­pflichten gelten grundsätzlich weiterhin, gleiches gilt für die bewährte Prüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sicherstellt, dass das allgemeine Rechtskonformitätsniveau der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kommunikationsdienste in Österreich groß ist. Neu ist, dass die Anzeigepflicht nur für – an der Kundenzahl gemessen – größere Anbieter gilt. Die Zuständigkeit für die Prüfung der Geschäftsbedingungen liegt nunmehr bei der RTR und nicht mehr bei der TKK. Zum Thema Tarifvergleich sah § 25c TKG 2003 nur eine grundsätzliche Sicherstellung eines Tarifvergleichs vor. § 135 TKG 2021 ist da wesentlich spezifischer. Neben Tarifinformationen sind auch Angaben über die Qualität der Dienste aufzunehmen. Für die Anbieter der Tarifvergleiche ist auf Antrag eine Zertifizierung vorgesehen, wenn der angebotene Tarifvergleich bestimmten
vorgegebenen Qualitätskriterien entspricht.

Regelungen im Zusammenhang mit Kündigungs­rechten und Vertragslaufzeit (§ 135)

In diesem Bereich ist die wesentlichste Verschlechterung im Nutzerschutz auszumachen. Diese betrifft die Abschlagszahlungen für vorzeitige Kündigungen, wenn Endnutzerinnen und Endnutzer vor dem Ablauf einer vereinbarten Mindestvertragsdauer aus einem speziellen Grund kündigen können. Entscheidet man sich dafür, erhaltene subventionierte Endgeräte einzubehalten, kann der Anbieter eine Abschlagszahlung verlangen. Typischerweise wird diese Situation dann eintreten, wenn ein Vertrag wegen mangelhafter Leistung – etwa bei ungenügender Bandbreite eines Internetzugangsdienstes – außerordentlich gekündigt wird. Auch in dem Fall, dass ein Anbieter einseitig seine Vertragsbedingungen ändert und die Betroffenen ihr deswegen zustehendes Kündigungsrecht wahrnehmen, können Abschlagszahlungen fällig werden. Die Abschlagszahlung bemisst sich auf Basis des UVP des Herstellers nach einer gesetzlich vorgegebenen Formel, die die bereits absolvierte Vertragslaufzeit und allfällige Anzahlungen berücksichtigt. Die je nach abgelaufener Vertragslaufzeit anfallende Abschlagszahlung ist in Form einer Tabelle und den Vertrag aufzunehmen. Der UVP selbst hat in der Vertragszusammenfassung enthalten zu sein.

Diese Abschlagszahlung hat auch Relevanz im Zusammenhang mit einem völlig neuen Nutzerrecht im Falle eines Wohnortwechsels zu. Nutzerinnen und Nutzern haben zum einen das Recht, am neuen Standort den alten Vertrag unverändert fortzuführen. Zum anderen kommt ihnen ein Kündigungsrecht zu, wenn am neuen Standort die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht werden kann.

Die maximale Mindestvertragsdauer ist weiterhin auf 24 Monate beschränkt.

Nach Ende der Mindestvertragsdauer kann ein Vertrag jederzeit mit einer maximalen Kündigungsfrist von einem Monat beendet werden. Hervorzuheben ist, dass ein Kündigungstermin ("zum jeweils Monatsletzten") nicht mehr zulässig ist. Gleichzeitig treffen den Anbieter Informationspflichten über die Möglichkeit der Kündigung und geeignete Tarife.

Neu ist auch eine periodische Tarifberatung von Anbietern gegenüber ihren Endnutzinnen und Endnutzern.

Anbieterwechsel und Nummernmitnahme (§§ 118, 119 und 120)

Das TKG 2021 bringt Änderungen und auch Verbesserungen in diesem Bereich mit sich. So können Endnutzerinnen und Endnutzer auch binnen einem Monat nach Vertragskündigung eine Rufnummernmitnahme veranlassen. Eine sinnvolle Neuerung, da die Praxis gezeigt hat, dass Nutzerinnen und Nutzer immer wieder ihre Nummern verloren haben, weil sie nicht rechtzeitig den Portierprozess eingeleitet haben bzw. es zu Übermittlungsfehlern gekommen ist. Die Rufnummernmitnahme ist jetzt kostenfrei. Weiters sind Regelungen vorgesehen, die im Falle von technischen Problemen bei einer Nummernmitnahme eine rasche Behebung derselben sicherstellen sollen.

Wirklich neu ist die Regelung, dass der Vertrag mit Durchführung des Nummernwechsels beendet ist, außer man verlangt ausdrücklich die Fortführung des Vertrages. Die Beendigung des Vertrages wird einer Kündigung zum gleichen Zeitpunkt gleichzusetzen sein. Allfällige offene vertragliche Verpflichtungen werden mit diesem Stichtag zu berechnen und zu bezahlen sein. Die Beendigung des Vertrages durch eine Nummernmitnahme entbindet einen somit nicht von bestehenden vertraglichen Verpflichtungen.

Regelungen zu Bündelprodukten (§ 136)

Bei Bündelprodukten, die zumindest einen Internetzugangsdienst oder einen nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdienst beinhalten, sind einige Schutznormen auf das gesamte Bündel anzuwenden. Das betrifft etwa die Regelungen zur Vertragslaufzeit und Kündigung. Gleichzeitig steht den Nutzerinnen und Nutzern ein Kündigungsrecht für das gesamte Produktbündel zu, wenn auch nur hinsichtlich eines einzigen Bestandteils des Bündels wegen bestimmter Vertragsverletzungen durch den Anbieter ein Kündigungsrecht zustehen würde. Weiters verlängert sich bei nachträglichen zusätzlichen Bestellungen eine bestehende Mindestvertragsdauer nicht, außer es liegt eine ausdrückliche Zustimmung vor.

Maßnahmen gegen Nummernmissbrauch (§ 121)

Völlig neu sind die behördlichen Möglichkeiten gegen das immer dringlichere Problem des Nummernmissbrauchs. Der RTR kommt nunmehr formell die Aufgabe zu, Nummernmissbrauch zu monitoren, die Öffentlichkeit zu informieren, Informationen an die relevanten (Verwaltungs-)Strafbehörde weiterzuleiten und in bestimmten Bereichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das umfasst insbesondere die Sperre von Nummern, soweit dies durch schwerwiegenden Missbrauch erforderlich ist. Ebenso kann die Verpflichtung auferlegt werden, kostenfreie Warnansagen bei Anrufen zu missbrauchsgefährdeten Nummern bzw. Nummernbereichen vorzuschalten. Anbietern können Inkassoverbote auferlegt werden, wenn das erforderlich ist, um wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Anbieter sind in diesem Fall nicht verpflichtet, die entsprechenden Entgelte im Vorleistungs­verhältnis an andere Anbieter auszubezahlen.


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