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Was ist neu am Frequenzregime des neuen Telekommunikations­gesetzes? 

Ein Überblick:

  • Erweiterte Zuständigkeit der TKK betreffend die Zuteilung von Frequenzen
  • Neue VO-Ermächtigungen für die Regulierungsbehörde
  • Peer-Review-Verfahren
  • Neue Bestimmung betreffend die Nutzungsdauer von Frequenzen inkl. Verlängerungsregime
  • Erleichterungen für Betreiber in Bezug auf Frequenzhandel
  • Sharing-Verpflichtungen können von der Regulierungsbehörde auferlegt werden
  • Neue Regelung zu Netzkooperationen


Warum sind Frequenzen wichtig?

Funkfrequenzen sind eine knappe öffentliche Ressource, die einen bedeutenden Wert für die Gesellschaft und den Markt hat. Sie sind eine wesentliche Voraussetzung für funkgestützte elektronische Kommunikationsnetze und -dienste und sollten, soweit sie für diese Netze und Dienste genutzt werden, auf der Grundlage harmonisierter Ziele sowie nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien effizient zugeteilt werden.

Die Gewährleistung einer weitverbreiteten Netzanbindung ist von wesentlicher Bedeutung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, die Beteiligung am öffentlichen Leben sowie den sozialen und territorialen Zusammenhalt. Da die Netzanbindung und die Nutzung elektronischer Kommunikation zu einem festen Bestandteil der Gesellschaft und des Gemeinwohls werden, soll eine landesweite Versorgung mit drahtlosen Breitbanddiensten sichergestellt werden. Eine solche Versorgung sollte erreicht werden, indem angemessene Versorgungsverpflichtungen auferlegt werden, die an das jeweilige Versorgungsgebiet angepasst und auf eine verhältnismäßige Belastung beschränkt werden sollten, damit der Ausbau durch die Diensteanbieter nicht behindert wird. Die Frequenzverwaltung und die damit verbundenen internationalen Verpflichtungen hat die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unter Berücksichtigung der Zielbestimmungen des TKG 2021 zu besorgen.

Mehr Kompetenzen und neue Verordnungs­ermächtigungen für die Regulierungsbehörde

Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und der Regulierungsbehörde orientiert sich im TKG 2021 nicht wie noch im TKG 2003 an der zahlenmäßigen Beschränkung (Knappheit) der Frequenzen, sondern nunmehr an der Tatsache, dass Frequenzen auf europäischer Ebene harmonisiert und für den Betrieb von mobilen elektronischen Kommunikationsnetzen bzw. für das Anbieten von mobilen elektronischen Kommunikationsdiensten gewidmet sind („harmonisierte ECS-Frequenzen“). Diese harmonisierten ECS-Frequenzen hat die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus der Regulierungsbehörde zur Zuteilung von Frequenzen zu
überlassen.

Die Prüfung, ob Frequenzen zahlenmäßig beschränkt sind bzw. für knapp erklärt werden, obliegt hinsichtlich harmonisierter ECS-Frequenzen nunmehr der Regulierungsbehörde. Die Knappheit ist, sofern eine solche vorliegt, von dieser mit Verordnung festzulegen.

Ist die Nachfrage nach einem Funkfrequenzband größer als das verfügbare Angebot und werden die Frequenzzuteilungen per Verordnung zahlenmäßig beschränkt, so ist bei der Erteilung dieser Rechte ein ordnungsgemäßes und transparentes Auswahlverfahren durchzuführen, damit unzulässige Diskriminierungen vermieden werden und dieses knappe Gut optimal genutzt wird. Hierbei hat die Regulierungsbehörde grundsätzlich die Vergabe in einem wettbewerbsorientierten Auswahlverfahren (Auktion) vorzunehmen. Sie hat jedoch auch die Möglichkeit ein vergleichendes Auswahlverfahren („Beauty Contest“) durchzuführen, falls damit die Vergabeziele besser erreicht werden können. Auch diese Entscheidung ist mit Verordnung festzulegen (VO über das Auswahlverfahren).

Peer-Review-Verfahren wurde neu implementiert

Eine auf europäischer Ebene einheitlichere Verwendung und Festlegung von Elementen der Vergabeverfahren und der an die Frequenzzuteilungen geknüpften Bedingungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Marktbedingungen und die Wettbewerbssituation haben, wird durch einen Koordinierungsmechanismus begünstigt, nach dem die Gruppe für Frequenzpolitik auf Initiative der Regulierungsbehörde ein Peer-Review-Forum einberufen kann. Dabei werden Maßnahmenentwürfe vor der Zuteilung von Frequenzen im Hinblick auf den Austausch bewährter Verfahren geprüft. Das Peer-Review-Forum ist ein Instrument des Peer-Learning. Es soll zu einem besseren Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten beitragen und für mehr Transparenz von wettbewerbsorientierten oder vergleichenden Auswahlverfahren sorgen. Das Peer-Review-Verfahren ist keine förmliche Bedingung der nationalen Verfahren. Der Gedankenaustausch erfolgt auf der Grundlage von Informationen, die von der Regulierungsbehörde, die das Peer-Review-Forum beantragt hat, bereitgestellt werden, und Teil einer breiter angelegten nationalen Maßnahme sind, die im weiteren Sinne die Erteilung, den Handel, die Vermietung, die Laufzeit, die Verlängerung oder die Änderung von Nutzungsrechten beinhalten. Daher kann die Regulierungsbehörde auch Informationen über sonstige Entwürfe nationaler Maßnahmen oder diesbezügliche Aspekte vorlegen, die mit dem betreffenden Auswahlverfahren für die Beschränkung von Frequenzzuteilungen, die nicht unter den Peer-Review-Mechanismus fallen, im Zusammenhang stehen.

Neue Bestimmung betreffend die Nutzungsdauer von Frequenzen samt Verlängerungsregime

Eine hinreichend lange Laufzeit der Frequenzzuteilungen soll die Berechenbarkeit von Investitionen verbessern und damit zu einem rascheren Netzaufbau und besseren Diensten sowie Stabilität zur Förderung von Funkfrequenzhandel und -vermietung führen. Zum Zwecke der Amortisation von Investitionen ist sicherzustellen, dass diese Rechte für einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren gelten und zudem unter den in dieser Bestimmung festgelegten Bedingungen eine angemessene einmalige Verlängerung von maximal zehn Jahren vorsehen. Eine Verlängerung der Nutzungsrechte ist jedoch zum Zeitpunkt der Zuteilung durch die Regulierungsbehörde ausdrücklich ausgeschlossen, wenn die Rechte für einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren erteilt werden. Eine Zuteilung von mindestens 20 Jahren trägt jedenfalls den in Bezug auf Investitionssicherheit etc. für die Unternehmen genannten Grundsätzen Rechnung. Eine darüberhinausgehende Verlängerungsmöglichkeit ist daher nicht geboten. Für den Fall, dass das Verlängerungsregime zur Anwendung gelangt, hat die Regulierungsbehörde bei der Entscheidung, ob bereits erteilte Nutzungsrechte für harmonisierte Funkfrequenzen verlängert werden, dahingehend zu erwägen, ob die Verlängerung den Zielsetzungen des Rechtsrahmens und anderen Zielen im Rahmen des Unionsrechts und des nationalen Rechts zuträglich ist. Bei der Bewertung der Notwendigkeit einer Zuteilungs­verlängerung sind die wettbewerblichen Auswirkungen der Verlängerung erteilter Rechte gegenüber der Förderung einer effizienteren Ausnutzung oder innovativer, neuer Nutzungsarten abzuwägen, die sich aus der Öffnung des Frequenzbands für neue Nutzer ergeben könnten.

Erleichterungen für Betreiber in Bezug auf Frequenz­handel

Die Überlassung von Frequenzen kann ein wirksames Mittel zur Steigerung der effizienten Frequenznutzung sein. Aus Gründen der Flexibilität und Effizienz sowie um die Bewertung der Funkfrequenzen durch den Markt zu ermöglichen, sollte es den Frequenznutzern grundsätzlich erlaubt sein, Frequenzen, die ihnen durch die Regulierungsbehörde zugeteilt wurden, mittels eines einfachen Verfahrens unter Überwachung der Regulierungsbehörde an Dritte zu überlassen, wobei die an derartige Rechte geknüpften Bedingungen und die Wettbewerbsregeln zu beachten sind. Es bedarf jedoch hinreichender Sicherungsmaßnahmen zum Schutz öffentlicher Interessen. Die Überlassung von Frequenzen soll daher ausschließlich dann zulässig sein, wenn die Regulierungsbehörde der Überlassung zugestimmt hat. In dem Verfahren zur Genehmigung der Überlassung werden insbesondere deren Auswirkungen auf den Wettbewerb zu beurteilen sein.

Sharing-Verpflichtungen können nun von der Regulierungs­behörde auferlegt werden

Die Regulierungsbehörde hat nun auch die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen und unabhängig vom Vorliegen einer beträchtlichen Marktmacht eine Verpflichtung zur gemeinsamen Nutzung von passiver oder aktiver Infrastruktur aufzuerlegen, sofern dies bei der Zuteilung von Funkfrequenzen ausdrücklich vorgesehen wurde. Die gemeinsame Nutzung passiver Infrastrukturen, die der Bereitstellung drahtloser elektronischer Kommunikationsdienste unter Einhaltung der wettbewerbsrechtlichen Grundsätze dienen, kann besonders zweckmäßig sein, um eine bestmögliche Anbindung an Netze mit sehr hoher Kapazität zu ermöglichen, insbesondere in weniger dicht besiedelten Gebieten, in denen eine Replizierung nicht durchführbar ist und die Gefahr besteht, dass den Endnutzern keine solche Netzanbindung zur Verfügung gestellt wird. In Ausnahmefällen soll die Regulierungsbehörde in der Lage sein, eine solche Nutzung oder einen nationalen Roamingzugang aufzuerlegen, wenn diese Möglichkeit im Rahmen der ursprünglichen Bedingungen für die Erteilung der Frequenznutzungsrechte ausdrücklich vorgesehen wurde und wenn sie jeweils den Nutzen dahingehend nachweisen kann, dass dadurch unüberwindbare wirtschaftliche oder physische Hindernisse, die dazu führen, dass der Zugang zu Netzen oder Diensten sehr lückenhaft oder unmöglich ist, ausgeräumt werden; hierbei müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, unter anderem der Bedarf der Versorgung entlang wichtiger Verkehrswege, der Bedarf der Endnutzer an Auswahlmöglichkeiten und einer besseren Dienstqualität und das Erfordernis, Anreize für den Infrastrukturausbau zu bewahren. Haben Endnutzer keinen Zugang und kann diesem Umstand mit der gemeinsamen Nutzung passiver Infrastrukturen allein nicht abgeholfen werden, kann die Regulierungsbehörde auch Verpflichtungen in Bezug auf die gemeinsame Nutzung aktiver Infrastrukturen auferlegen.

Neue Regelung zu Kooperationen über aktive Netz­komponenten

Die neu eingefügte Regelung des § 85 soll Mobilfunknetzbetreibern ein grundsätzliches Recht auf Kooperationen auch betreffend aktive Netzkomponenten einräumen, um eine effiziente gemeinsame Nutzung bereits vorhandener Infrastrukturen zu ermöglichen und so zum 5G-Ausbau beizutragen. Dabei ist aber auch sicherzustellen, dass diese wettbewerbsrechtlich in der Regel besonders heiklen Vereinbarungen vorab der Regulierungsbehörde angezeigt und von dieser geprüft werden. Umfasst sind dabei sowohl Vereinbarungen über gemeinsam betriebene aktive Netzkomponenten (Active Sharing) als auch Vereinbarungen, bei denen aktive Netzkomponenten von einem der Beteiligten betrieben werden, der dem anderen Beteiligten Zugang zu diesen aktiven Komponenten gewährt. Auch Sharing/Pooling von Frequenzen kann Gegenstand einer solchen Kooperation sein. Allerdings kann hierfür zusätzlich eine Genehmigung der Überlassung von Frequenzen erforderlich sein. Auch bisher wurden von der Regulierungsbehörde bereits Informationen – in der Regel in Form von Positionspapieren – darüber veröffentlicht, in welchem Umfang Kooperationen über aktive Netzbestandteile aus telekommunikations- und wettbewerbsrechtlicher Sicht zulässig sind. Um für die beteiligten Mobilfunknetzbetreiber die Rechtssicherheit zu erhöhen, soll mit dem neu eingeführten Verfahren nunmehr eine formale, bescheidmäßig ausgefertigte Entscheidung der Regulierungsbehörde gemäß diesem Bundesgesetz ermöglicht werden, gegen die von den Betroffenen gegebenenfalls auch Rechtsmittel ergriffen werden können. Die Regulierungsbehörde hat auch die Bundeswettbewerbsbehörde und den Bundeskartellanwalt über beabsichtigte Kooperationen in Kenntnis zu setzen. Diese können Stellungnahmen im Verfahren abgeben, die von der Regulierungsbehörde auch weitest möglich zu berücksichtigen sind.


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