Newsletter RTR.Telekom.Post

  • Newsletter
    04/2022
  • Datum
    20.12.2022

Kommission konsultiert neue MITTEILUNG über die Abgrenzung des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union

Mit 8. November hat die Europäische Kommission (EK) eine neue Mitteilung zur Markabgrenzung veröffentlicht, die noch bis 13. Jänner 2023 zur Konsultation steht.

Die Kommission selbst sieht darin einen Schritt in Richtung mehr Klarheit und besserer Orientierungshilfe für Unternehmen, aber auch für eine Stärkung der Rechtsdurchsetzung bei den Vollzugsbehörden. Wesentliche Ansatzpunkte sind die Betonung von nicht-preislichen Elementen in der Marktabgrenzung, Klarstellungen in Bezug auf Marktabgrenzungen für Märkte, auf denen mit strukturellen Änderungen (technologisch, regulatorisch) zu rechnen ist. Besonders hervorgehoben sind auch Aspekte der Innovation und digitaler Märkte, die oftmals in komplexere Ökosysteme eingebunden sind. Auch Aspekten der räumlichen Marktabgrenzung (die auch auf Telekom-Märkten immer größere Bedeutung erlangt) wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Generell sind aus Sicht der RTR sowohl der Zeitpunkt der Überarbeitung als auch die Aufnahme vieler aktueller Judikate sowie die Auswahl an Themen sehr zu begrüßen. Der Entwurf zeigt klar auf, dass bei Durchführung von Marktabgrenzungen verschiedenste Aspekte einzubeziehen sind. Die Analyse ist realitätsnah und stimmt mit der Praxis des Fachbereichs Telekommunikation und Post der RTR bei Marktabgrenzungen sehr gut überein (etwa Critical Loss Analyse, Analyse verschiedener Faktoren, Faktoren der geografischen Marktabgrenzung etc.). Auch der Hinweis, dass etwa die empirischen Voraussetzungen für die Durchführung eines quantitativen SSNDQ-Tests1 (bei Märkten mit Zero Rates) zumeist nicht gegeben sind, dieser aber qualitativ (als Indiz) durchaus Verwendung finden kann, ist aus Sicht der RTR stimmig.

Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der RTR jedenfalls bis zu den Ausführungen in RZ (98) eine hohe Praxisnähe, Relevanz und Aktualität feststellen, die auch mit den Ansätzen bzw. methodischen Überlegungen der RTR in Übereinstimmung steht.

Etwas abstrakt und mit zu wenig weiterführenden Erläuterungen bzw. begründeten Fallbeispielen ausgestattet scheint hingegen Abschnitt 4.5. In diesem Zusammenhang vertritt die RTR die Auffassung, dass ein expliziteres Aufzeigen der Erfahrungen der Grenzen der Marktabgrenzung (aus den großen wettbewerbsrechtlichen Verfahren gg. Hyperscaler und Plattformen des letzten Jahrzehnts) für die vorgenommenen Zuordnungen und Konzepte vorteilhaft gewesen wäre. Dies ist auch von der Überzeugung getragen, dass in digitalen Märkten effektorientiertere Ansätze bzw. Regulierungsrecht (oder neuartiges Wettbewerbsrecht) zunehmend eine Rolle spielen. Wenn hier Erfahrungen aufgenommen werden können, dann sollten diese mit aufgenommen werden, weil es um einen handlungsorientierten Leitfaden geht. Dies ist wohl der wesentlichste Kritikpunkt an der vorgelegten Mitteilung, der davon begleitet wird, dass die Ausführungen über digitale Märkte vorerst doch sehr abstrakt ausgefallen sind. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Anmerkungen, wie etwa, dass zur Frage einseitiger Substitution nicht ausgeführt wurde oder dass in ganzen Ökosystemen auch abstrakte – das heißt nicht an die Stellung verbundener Märkte gebundene Fähigkeiten – wie das Potenzial zum Upscaling – in der Marktabgrenzung eine Rolle spielen können.

Dies sind nur einige der Anmerkungen, die voraussichtlich auch in den Konsultationsinput der RTR an die Europäische Kommission Eingang finden werden. Auch wenn jetzt die ruhige Zeit naht – wenn Sie Zeit finden, nutzen Sie bitte die Gelegenheit, sich an der Konsultation für ein Dokument, das wieder viele Jahre Gültigkeit haben wird und eine wettbewerbsrechtliche Grundlage darstellt, zu beteiligen.

Autor: Paul Pisjak

SSNDQ steht für small but significant non-transitory decrease in quality.


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