Im Zusammenhang mit digitalen Plattformen und Gatekeepern werden oft unterschiedliche Begriffe verwendet. Auf dieser Seite erläutern wir einige jener Begriffe, die für unsere Arbeit wesentlich sind.
RTR.Telekom.Post unterscheidet bei diesem Begriff zwischen digitalen Ökosystemen im engeren Sinne und im weiteren Sinne.
Ein Ökosystem im engeren Sinne umfasst all jene Dienste, welche unter gemeinsamer unternehmerischer Kontrolle stehen. Dienste befinden sich oftmals im Eigentum eines solchen Ökosystems, das sich seinerseits oftmals zunächst aus einem Dienst heraus entwickelte. Der Facebook Messenger (Instant Messenger) und Facebook als soziales Netzwerk (digitale Plattform) sind zum Beispiel Dienste, welche von Meta angeboten werden und welche letztlich auch die Basis für den Aufbau des Ökosystems von Meta waren.
Ein Ökosystem im weiteren Sinne ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Reihe von Unternehmen sich gegenseitig durch Dienste ergänzen, um neue Dienste und Funktionen zu schaffen. Dadurch produzieren sie letztlich Waren- und Dienstleistungen mit hohem Kundennutzen. Beispielsweise nutzt Zynga ("FarmVille", "CityVille") als Entwickler und Publisher für Spiele Dienste des Ökosystems von Meta, hat Zugang zu den Teilnehmern der Plattform und ist über Application Programming Interfaces (APIs) in unterschiedlicher Art und Weise integriert. Die Nachfrager profitieren oftmals von Synergien im Konsum dieser Dienste und Funktionen innerhalb eines Ökosystems im weiteren Sinne. Unternehmen können dabei auch im Wettbewerbsverhältnis zu einander hinsichtlich der Erbringung eines bestimmten Dienstes stehen.
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Der Eigentümer eines Ökosystems im engeren Sinne kann für zugehörige Dienste Regeln setzen, insbesondere hinsichtlich der Zugangsbedingungen oder des Datenaustauschs. Der Eigentümer hat daher Einfluss auf die Offenheit bzw. Geschlossenheit des Ökosystems für die Entwicklung von Komponenten bzw. Diensten durch Dritte, bspw. durch Programmierschnittstellen für Apps (Application Programming Interfaces oder APIs).
Am Beispiel für digitale Ökosysteme illustriert, wäre eine dritte Partei etwa ein Unternehmen, welches Spiele für den Facebook Messenger entwickelt und Daten von Facebook verwendet. Dieses Unternehmen ist nicht Teil des Ökosystems (der Facebook-Gruppe) im engeren Sinne, es ist aber Teil des Ökosystems im weiteren Sinne (weil es etwa den sozialen Graphen von Facebook nutzt).
Ein Ökosystem ist umso geschlossener, je eingeschränkter der Zugang zu bestimmten Vorleistungen für andere ist. Im Vorleistungsbereich ist der Zugang zu Application Programming Interfaces (APIs) von entscheidender Bedeutung für Dritte. Grundsätzlich kann geschlossenen Ökosystemen leichter eine Rolle als Gatekeeper zufallen. Andererseits können aber auch offene Ökosysteme eine besonders starke Stellung haben, denen es gelingt, eine Vielzahl anderer Applikationen als Vorleistungsbezieher an ihr Ökosystem zu binden (etwa Facebook oder Google).
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Monitoring von digitalen Kommunikations-Plattformen und Gatekeepern des offenen InternetzugangsEin Gatekeeper steht an einer Schlüsselstelle, sozusagen als Torwächter, zwischen vor- und nachgelagerten Lieferanten und Abnehmern. Damit kontrollieren Gatekeeper wesentliche Teile der Interaktion zwischen unterschiedlichen Nutzern dieser Schlüsselstelle und verfügen über unabhängigen Gestaltungsspielraum gegenüber diesen. Diese Vermittlungsdienstleistung ist in gewissem Ausmaß für Kunden des Gatekeepers unvermeidbar. Da digitale Plattformen mehrere Seiten eines Marktes bedienen können, erlangen sie oft eine Funktion als Gatekeeper.
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Zur Offenheit des Internets: Betriebssysteme, Apps und App StoresInstant Messenger (IM) oder Sofortnachrichtendienste ermöglichen Kommunikation in einem geschlossenen Kreis mit entsprechender Antwortmöglichkeit (Individualkommunikation). Übliche Funktionen sind etwa Nachrichten (Text-, Bild-, Sprach- oder Videonachrichten), Empfangs- und Lesebestätigung, Profilbild, Gruppenchat und Sprach- und Videotelefonie. Diese ermöglichen Nutzerinnen und Nutzern vielfältigere Kommunikation als klassische Telekommunikationsdienste oder E-Mails. Instant Messenger sind OTT-Dienste, werden auf der Anwendungsebene des OSI 7-Schichtenmodelles entwickelt und werden im EECC auch als nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste bezeichnet (number-independent interpersonal communications services, NI-ICS). Instant Messenger können gleichzeitig auch Plattformen sein, wenn sie mehrere Marktseiten einbinden (etwa WeChat mit Werbung, Bezahlfunktionen etc.).
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Monitoring Interpersonelle Kommunikationsdienste mit Fokus auf Instant Messaging Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation (EECC)Interoperabilität ermöglicht im Zusammenhang mit elektronischen Kommunikationsdiensten die Realisierung von direkten Netzwerkeffekten unabhängig von einem bestimmten Dienst. Beispielsweise werden unterschiedliche Fest- oder Mobilfunknetze zusammengeschalten und dadurch interoperabel gemacht. Dadurch kann jede Nutzerin und jeder Nutzer, unabhängig vom jeweiligen Anbieter, alle anderen Nutzerinnen und Nutzer im Fest- oder Mobilnetz erreichen. Es werden also positive externe Effekte geschaffen, mit denen es Neueinsteigern in den Markt möglich ist, auch die Kundinnen und Kunden der bereits am Markt tätigen Betreiber zu erreichen. Dadurch werden Markteintrittsbarrieren signifikant reduziert.
Neben dieser Interoperabilität auf der Dienstebene gibt es Fragen der Interoperabilität in vielen Systemen (etwa in Betriebssystemen). Interoperabilität hat neben der zweifelsohne positiven Auswirkung auf die Breite des Wettbewerbs gegebenenfalls auch negative Auswirkungen auf das Innovationsverhalten.
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Monitoring Interpersonelle Kommunikationsdienste mit Fokus auf Instant Messaging Interoperability in Digital MarketsNetzwerkeffekte treten dann ein, wenn sich der Nutzen für Einzelne durch die Anzahl aller Nutzerinnen und Nutzer ändert. Man unterscheidet Netzwerkeffekte anhand der Unmittelbarkeit (direkt oder indirekt) oder anhand ihres Effektes (positiv oder negativ).
Direkte Netzwerkeffekte treten ein, wenn ein Produkt oder Dienst einen anderen Wert erhält, je nachdem wie viele Menschen dieses Produkt oder diesen Dienst nutzen. Ein gutes Beispiel ist das Telefon: Je mehr Menschen telefonisch erreichbar sind, desto mehr kann eine Nutzerin oder ein Nutzer dieses Produkt auch verwenden. Dadurch steigert sich im Allgemeinen der Wert des Produktes (positive direkte Netzwerkeffekte).
Indirekte Netzwerkeffekte bestehen auf mehrseitigen Plattformen dann, wenn sich für eine Seite einer Plattform der Nutzen der einzelnen Nutzerin oder des einzelnen Nutzers mit der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer auf einer anderen Seite der Plattform ändert. Indirekte Netzwerkeffekte können in eine oder in beiden Richtungen, also zwischen den zwei relevanten Seiten, bestehen. Ein Beispiel für einen indirekten Netzwerkeffekt ist etwa ein Online-Handelsplatz. Hier profitieren Kundinnen und Kunden von einer hohen Anzahl an Verkäufern und einem damit verbundenen größeren Angebot, während die Verkäufer von einer großen Anzahl an Kundinnen und Kunden und damit höheren Absatzmöglichkeiten profitieren.
Meist sind positive direkte und indirekte Netzwerkeffekte ein relevanter Faktor für die Marktmacht von Plattformen. Negative indirekte Netzwerkeffekte können etwa auftreten, wenn mehr Werbung als von Nutzerinnen und Nutzern erwünscht angezeigt wird.
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Monitoring von digitalen Kommunikations-Plattformen und Gatekeepern des offenen InternetzugangsBei sogenannten Over-The-Top-Diensten (OTT-Diensten) werden Dienste über das Internet (bzw. über die Anwendungsebene) angeboten. Im Telekommunikationsbereich fallen in diese Kategorie zum Beispiel Instant Messenger oder internetbasierte Sprachdienste (Voice-over-Broadband), Video-Konferenzdienste, E-Mail-Dienste oder andere Arten von Applikationen, die primär der Individualkommunikation dienen. Im Medienbereich gelten zum Beispiel Streaming-Dienste als OTT-Dienste.
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BEREC Report on harmonised definitions for indicators regarding over-the-top services, relevant to electronic communications markets Die Konkurrenz aus dem Netz. OTT-Dienste in Medien und TelekommunikationEine einheitliche Definition des Begriffs Plattformen existiert nicht. Aus ökonomischer Sicht sind Dienste dann Plattformen, wenn sie zumindest zwei klar unterscheidbare Nutzergruppen bedienen, die von einem Intermediär verbunden werden. Diese Intermediation ermöglicht die Realisierung der indirekten Netzwerkeffekte. Der Intermediär "optimiert" die Netzwerkeffekte durch eine elastizitätsabhängige Preissetzung. Das bedeutet, dass Preise in Abhängigkeit von der Elastizität der Marktseiten gesetzt werden: Dort, wo die Nachfrage unelastisch ist, wird ein höherer Preis gesetzt.
Für die einzelne Nutzerin oder den einzelnen Nutzer bietet die Plattform vor allem aufgrund der entstehenden Netzwerkeffekte Mehrwert. Plattformen zeichnen sich in der Regel auch dadurch aus, dass Fixkosten im Gegensatz zu marginalen Kosten überwiegen. Die wesentliche Herausforderung bei einem Markteintritt ist in der Regel, entsprechende Nutzerinnen und Nutzer auf beiden Seiten zu werben und so die indirekten Netzwerkeffekte zu realisieren. Die Skalierung aufgrund der geringen Grenzkosten ist in der Regel einfacher. Da Netzwerkeffekte und Skaleneffekte bei digitalen Plattformen eine große Rolle spielen, neigen diese oft zum sogenannten Tipping.
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Monitoring von digitalen Kommunikations-Plattformen und Gatekeepern des offenen InternetzugangsSkaleneffekte entstehen, wenn die Durchschnittkosten mit steigender Menge sinken. Die oftmals weltweite Nutzerbasis ermöglicht digitalen Plattformen in der Regel enorme Skaleneffekte und damit minimale Durchschnittskosten pro Nutzerin oder Nutzer. Entscheidend ist daher oftmals die schnelle Skalierung (Scale-up) zum Ausdünnen der Fix- bzw. der Setup-Kosten, zu denen insbesondere auch der zumeist (unentgeltliche) anfängliche Aufbau eines Kundenstamms gehört.
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Tipping bedeutet, dass der Markt in der Tendenz nur noch von einem Dienst, über den letztlich alle erreicht werden können, bedient wird. Dabei scheiden die anderen Anbieter aus und der Markt "kippt" quasi in die Monopolisierung. Grund dafür können sehr hohe Netzwerkeffekte oder Skaleneffekte sein. Viele digitale Plattformen verfügen über genau solche Eigenschaften, die zu einem Tipping führen können.
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Monitoring Interpersonelle Kommunikationsdienste mit Fokus auf Instant MessagingWechselbarrieren sind alle Aufwände und Kosten, welche der Nutzerin oder dem Nutzer beim Wechsel des Anbieters oder Dienstes entstehen oder wahrgenommen werden. Anbieter erhalten durch Wechselbarrieren eine gewisse Marktmacht in Bezug auf Nutzer. Einerseits haben Anbieter dabei den Anreiz, niedrige Preise zu setzen, um neue Nutzer zu gewinnen („Vorab-Wettbewerb“), andererseits jedoch gleichzeitig den Anreiz, Preise, für bestehende Kunden zu erhöhen. Beispiele für Barrieren, welche den Wechsel zu einem alternativen Angebot erschweren können, sind Netzwerkeffekte, Gewohnheit oder Unwissenheit über die Verfügbarkeit alternativer Dienste oder derer Funktionalitäten.
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