Leitungsrechte Grundlagen und Praxis 2018

LEITUNGSRECHTE Grundlagen und Praxis BROSCHÜRE FÜR STÄDTE UND GEMEINDEN QR Code Reader: Seit September 2017 unterstützen Apple Geräte ab Version iOS 11 das Lesen von QR Codes mit der internen Kamera-App. Sie brauchen somit keine Dritt-Anbieter-App zu installieren! Für andere Apple-Geräte können Sie im App-Store Ihren kostenlose QR-Code-Reader downloaden, für Android-Geräte in Ihrem Google-Play Store erhältlich! Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH Mariahilfer Straße 77–79 | 1060 Wien | Österreich T: +43 1 58058-0 | F: +43 1 58058-9191 | M: rtr@rtr.at www.rtr.at

Inhalt Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort 2 2.1 2.2 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 Breitbandausbau Der Begriff „Breitband“ Breitband-Infrastruktur Grundlagen: Leitungsrechte im Überblick Die Regulierungsbehörden Was sind Leitungsrechte? Öffentliches Gut und Privatgrund Wer kann Leitungsrechte in Anspruch nehmen? Wie entsteht ein Leitungsrecht? Das Verfahren bei den Regulierungsbehörden Geht es bei Leitungsrechten nur um Breitband? Praxis: Beispiele und häuﬁg gestellte Fragen Leitungsrechte in Österreich Reaktion auf eine Nachfrage Antrag an die Regulierungsbehörde Planskizze Formvorschriften Eintragung im Grundbuch Eintragung im Grundbuch (öffentliches Gut) Antennentragemasten Grundstücksverkauf 4.10 4.11 4.12 Verkauf des Kommunikationsnetzes Bestehende Leitungen oder Anlagen Vertragsänderungen 4.13 Wertminderung eines Privatgrundstücks 4.14 4.15 4.16 4.17 Errichtungskosten Entgelte (öffentliches Gut) Sondernutzungsentgelte (öffentliches Gut) Kostenersatz (öffentliches Gut) 4.18 Mitbenutzung bestehender Infrastrukturen 4.19 4.20 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25 Verwaltungsbehördliche Bewilligungen Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung Stromleitungen Nutzung von Anlagen für Kommunikationszwecke Erhaltungs- und sonstige Bauarbeiten Bestehende Kommunikationslinien Autobahnen 4.26 Weitere Informationen 5 Glossar 3 4 4 4 5 5 5 6 6 7 7 7 8 8 8 8 8 9 9 9 9 9 9 10 10 10 10 11 11 11 11 12 12 12 12 13 13 13 13 14 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Vorwort Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, das Thema Breitbandausbau, also die Errichtung hochleistungsfähiger Kommunikati- onsinfrastruktur, ist heute aktueller denn je. Begriffe wie „FTTH“, „Open Access“, „5G“ und „Breitbandmilliarde“ finden sich inzwischen nahezu täglich in den Schlagzeilen. Den Gemeinden kommt bei diesen aktuellen Themen in mehrfacher Hinsicht eine we- sentliche Rolle zu. Sie etablieren sich nicht nur – unterstützt durch öffentliche Förderun- gen ihres Landes oder des Bundes – als maßgebliche Treiber des lokalen Breitbandaus- baus. Sie sind auch als Grundeigentümer, Verwalter des öffentlichen Gutes und vielfach in behördlicher Funktion, z.B. im Baurecht, wichtige Träger des Breitbandausbaus in Österreich. Mit dem Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG) verfügt Österreich über ein leis- tungsfähiges, modernes Kommunikationsrecht, das – im Einklang mit den eu- ropäischen Vorgaben – eine tragfähige Grundlage für die aktuellen Herausforde- rungen der Telekombranche, wie den Breitbandausbau, bietet. Durch die hohe Spezialisierung und Schnelllebigkeit der Branche haben diese Rechts- grundlagen aber oft einen Inhalt und Detailgrad erreicht, der sogar die regelmäßig da- mit befassten Spezialisten vor Herausforderungen stellt. Umso schwieriger sind die ein- schlägigen Regelungen für den nur punktuell in der Praxis betroffene Rechtsanwender zu finden und zu interpretieren. Die RTR möchte hier mit der vorliegenden Broschüre ansetzen und vor allem die ös- terreichischen Städte und Gemeinden – aber auch alle anderen Interessierten – dabei unterstützen, einen Überblick über das für den Breitbandausbau wichtige Thema der Leitungsrechte nach dem TKG zu bekommen. Nach einführenden Definitionen zum Begriff „Breitbandausbau“ in Kapitel 2 gibt Kapitel 3 einen allgemeinen Überblick über das Thema Leitungsrechte. In Kapitel 4 finden sich schließlich Praxisfälle und häufig gestellte Fragen, die auch einen Einblick in die bisherigen Entscheidungen der Regulierungsbehörden geben. Mag. Johannes Gungl Geschäftsführer Telekommunikation und Post Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) Wien, im März 2018 4 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 2 Breitbandausbau 02 Breitbandausbau 2.1 Der Begriff „Breitband“ Beim Surfen im Internet, E-Mail-Verkehr, Online-Banking, mit Messenger-Apps wie WhatsApp, Streaming-Diensten wie Spotify oder Netflix und zahlreichen anderen An- wendungen werden große Mengen an Daten übertragen. „Breitband-Internet“ oder einfach „Breitband“ sind übliche Bezeichnungen für solche Datendienste. Kommuni- kationsnetze, die diese Datenmengen bis zum Kunden übertragen können, werden als „Hochgeschwindigkeitsnetz“ oder „(Breitband-)Hochleistungsnetz“ bezeichnet. Sollen Datennetze oder -dienste verglichen werden, wird meist eine Datenrate, also die Übertragungsgeschwindigkeit in Megabit pro Sekunde (Mbit/s), angegeben. Ab welcher Datenrate das Breitbandinternet beginnt, wird im Gesetz nicht definiert. Der Begriff Breitband unterliegt einem stetigen Wandel, da auch die Anforderungen an die zu über- tragenden Datenmengen laufend steigen. Wurden vor 15 Jahren noch 384 kbit/s (Kilobit pro Sekunde) und einige Jahre später 2 Mbit/s als Breitband akzeptiert, so wird heute von einem Breitbandnetz oder -dienst weit mehr verlangt. Nach dem TKG ist ein Netz erst mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s ein Hochgeschwin- digkeitsnetz. Und die „Digitale Agenda für Europa“ hat sogar eine ultraschnelle Breit- bandversorgung mit 100 Mbit/s bis 2020 als Ziel. Die Datenrate, die die Grenze zum Breitband vorgibt, wird weiterhin steigen. Spricht man von Breitband, sind jedenfalls immer Datennetze und –dienste ge- meint, die sicherstellen, dass die jeweils aktuellen Anwendungen - z.B. Strea- ming-Dienste – problemlos funktionieren. Ziel 100 Mbit/s bis 2020 2.2 Breitband-Infrastruktur Die Übertragung großer Datenmengen erfordert leistungsfähige Kommunikationsinfra- strukturen. Während in den Backbone-Netzen (-> Glossar) ausreichende Übertragungs- kapazitäten vorhanden sind, fehlt es in den kundennahen Accessnetzen (-> Glossar) und im Backhaul, dem Übergang zwischen Aggregations- und Zugangsnetzen (-> Glos- sar), vielfach noch an Infrastrukturen, die breitbandige Datendienste ermöglichen. Da Telekombetreiber (-> Glossar) ihre Anlagen in der Regel auf fremden Grundstücken verlegen müssen, können die Leitungsrechte bei der Errichtung dieser Infrastrukturen eine wesentliche Rolle spielen. 5 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 3 Grundlagen: Leitungsrechte im Überblick 03 Grundlagen Leitungsrechte im Überblick 3.1 Die Regulierungsbehörden Mit Beginn der europaweiten Liberalisierung der Telekommunikation ab 1997/98 wur- den für den Telekommunikationssektor eigene Verwaltungsbehörden geschaffen, die „Regulierungsbehörden“. Die Aufgaben der Regulierungsbehörden – der Telekom-Control-Kommission (TKK) und der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) – sind vielfältig. Sie kümmern sich unter anderem um: • die Verwaltung von Rufnummern, • die regelmäßige Wettbewerbsanalyse der Telekommunikationsmärkte, • die Prüfung allgemeiner Geschäftsbedingungen und • die Streitschlichtung in Endkundenangelegenheiten. Auch die Entscheidung über Leitungsrechte fällt in die Zuständigkeit der Regulierungs- behörden. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website unter www.rtr.at. 3.2 Was sind Leitungsrechte? Leitungsrechte ermöglichen es den Telekombetreibern, ihre Anlagen auf fremden Grundstücken zu errichten und zu betreiben. Diese Anlagen können z.B. sein: • Leitungen (auch solche in Gebäuden), • Leitungsmasten, • Leitungsstützpunkte, • Schächte, • Verteilerkästen, • Leerrohre, • Stromversorgungsleitungen oder • Vermittlungseinrichtungen. Das TKG nennt diese Anlagen „Kommunikationslinien“ (-> Glossar). Auch die Erhaltung, die Erweiterung und die Erneuerung von Kommunikationslinien sind vom Leitungsrecht umfasst. 6 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 3 Grundlagen: Leitungsrechte im Überblick 3.3 Öffentliches Gut und Privatgrund Von wesentlicher Bedeutung für Leitungsrechte ist die Unterscheidung, ob das Grund- stück zum öffentlichen Gut gehört oder Privatgrund ist. Das ist für die Fragen wichtig, wer ein Leitungsrecht geltend machen kann (vgl. Punkt 3.4) und ob der Grundeigentümer eine Abgeltung erhält (vgl. Punkt 3.5). Wie unterscheiden sich die beiden Arten von Grundstücken? „Öffentliches Gut“ sind alle Grundstücke, die • • an denen Gemeingebrauch begründet wurde. im Eigentum einer Gebietskörperschaft (-> Glossar) stehen und Den Eigentümer eines Grundstücks findet man im Grundbuch. Gemeingebrauch bedeutet, dass das Grundstück – z.B. durch ein Gesetz oder einen Gemeinderatsbeschluss – dem öffentlichen Gebrauch gewidmet ist. Jeder darf es also zu seinem normalen (bestimmungsgemäßen) Zweck verwenden. Zum öffentlichen Gut zählen vor allem Straßen und andere Wege sowie öffentliche Plätze. „Privatgrund“ sind alle anderen Grundstücke, also • alle Grundstücke, die nicht im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen und • alle nicht dem Gemeingebrauch gewidmeten Grundstücke von Gebietskörperschaften. 3.4 Wer kann Leitungsrechte in Anspruch nehmen? Öffentliches Gut kann jeder Telekombetreiber für seine Leitungsanlagen benutzen. Private Grundstücke kann nur ein Telekombetreiber nutzen, der ein öffentliches Kom- munikationsnetz betreibt. Öffentlich ist ein Netz dann, wenn darüber Kommunikations- dienste öffentlich angeboten werden. Beispiel: Ein Unternehmen bietet für jeden interessierten Kunden „Internet bis 150 Mbit/s Download, bis 20 Mbit/s Upload, unlimitiertes Datenvolumen, um … €“ an. Die- ses Unternehmen betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz; es stehen ihm daher das öffentliche Gut und auch private Grundstücke für Leitungsrechte zur Verfügung. Verbindet aber z.B. ein Unternehmen mehrere eigene Firmenstandorte mitein- ander, ist das kein öffentliches Kommunikationsnetz. Leitungsrechte gibt es hier nur im öffentlichen Gut. Öffentliche Kommunikationsnetze müssen bei der RTR gemeldet sein. Weitere Informationen finden Sie unter www.rtr.at/de/tk/ListeAGGTK. Hinweis: Die Frage der Finanzierung, ob beim Bau also z.B. öffentliche Förderungen ein- gesetzt werden, spielt bei der Unterscheidung in öffentliche und private Kommunika- tionsnetze keine Rolle. 7 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 3 Grundlagen: Leitungsrechte im Überblick 3.5 Wie entsteht ein Leitungsrecht? Die Art, wie Leitungsrechte im konkreten Fall ausgeübt werden, soll zwischen dem Tele- kombetreiber und dem Grundeigentümer vereinbart werden. Jedes beabsichtigte Leitungsrecht beginnt deshalb mit einer Nachfrage. Mit dieser Nach- frage informiert der Telekombetreiber den Grundeigentümer über seine Pläne; vor allem darüber, welche Art von Leitung oder Anlage er errichten möchte und wann. Die Inhalte der Nachfrage unterscheiden sich wieder danach, ob öffentliches Gut oder Privatgrund betroffen ist: • Geht es um öffentliches Gut, muss der Telekombetreiber dem Verwalter – z.B. der Gemeinde – das beabsichtigte Vorhaben „unter Beigabe einer Planskizze“ schrift- lich bekannt geben. Leitungsrechte im öffentlichen Gut sind unentgeltlich. Es muss also keine Abgeltung angeboten werden. • Bei Privatgrund muss der Telekombetreiber den Eigentümer – ebenfalls mit Planskizze – schriftlich verständigen. In diesem Fall muss der Telekombetreiber für das Leitungsrecht auch eine Abgeltung anbieten. Diese orientiert sich an der Wertminderung des Grundstücks (vgl. Punkt 4.13). Die Nachfrage ist immer die Grundlage für die Verhandlungen zwischen den Beteilig- ten. In den Verhandlungen sollen die Details des Leitungsrechts geklärt werden; z.B. die Leitungsführung, die Verlegetiefe, die Standorte von Schächten, das Entgelt und andere Fragen. 3.6 Das Verfahren bei den Regulierungsbehörden Manchmal einigen sich die Beteiligten nicht. Das liegt häufig an unterschiedlichen Vor- stellungen über die Höhe der Abgeltung oder über die genaue Leitungsführung. In diesen Fällen kann eine Entscheidung der Regulierungsbehörde beantragt werden. Jeder der Beteiligten – der Telekombetreiber ebenso wie der Grundeigentümer – kann einen Antrag bei der Regulierungsbehörde stellen (vgl. dazu Punkt 4.3). Wird ein Antrag bei der Behörde gestellt, wird zunächst in einem Streitbeilegungsver- fahren unter Moderation der RTR versucht, eine vertragliche Lösung zu finden. Gelingt dies nicht, führt die TKK ein Verwaltungsverfahren durch und entscheidet über das beantragte Leitungsrecht mit Bescheid. 3.7 Geht es bei Leitungsrechten nur um Breitband? Die Leitungsrechte gelten grundsätzlich für jede Art von Kommunikationslinie. Egal ob Festnetz, Mobilfunk, Sprach- oder Datenübertragung, Richtfunkstrecken oder Standortvernetzung: Alle diese Infrastrukturen können unter die Leitungsrechte fallen. Ebenso wenig ist die verwendete Technologie entscheidend, also ob z.B. Kupfer-, Koaxi- al- oder Glasfaserleitungen verlegt oder DSL-, UMTS-, LTE-, oder 5G-Technologie einge- setzt werden soll. Das TKG ist somit „technologieneutral“. Sprachtelefonie (Festnetz und Mobilfunk) spielt heute eine wesentlich geringere Rolle als Datendienste. Außerdem benötigt sie keine vergleichbar leistungsfähige Infrastruk- tur wie Datendienste. Sprachtelefonie könnte über die vorhandenen Infrastrukturen weiterhin gut übertragen werden. Wie aber die aktuellen Diskussionen, z.B. zu Gigabit-Gesellschaft und 5G-Ausbau, zei- gen, werden in Zukunft die breitbandigen Datendienste die größte Rolle spielen. Sie sind deshalb auch der wichtigste Anwendungsbereich für Leitungsrechte. 8 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 04 Praxis Beispiele und häuﬁg gestellte Fragen 4.1 Leitungsrechte in Österreich Seit wann gibt es Leitungsrechte in Österreich? Leitungsrechte sind keine neue Erfindung des Gesetzgebers oder der Europäischen Union. Sie waren schon seit dem Jahr 1929 im „Telegraphenwegegesetz“ vorgesehen. Auch das Telefonnetz der Post- und Telegraphenverwaltung wurde unter Einsatz solcher Rechte errichtet. Einige Formulierungen aus dem Jahr 1929 sind übrigens bis heute im TKG erhalten ge- blieben. 4.2 Reaktion auf eine Nachfrage Wie reagiere ich, wenn ich die Nachfrage eines Telekombetreibers erhalte? Die Nachfrage sollte zuerst innerhalb der Gemeinde abgeklärt werden. Danach emp- fiehlt sich eine zeitnahe Kontaktaufnahme mit dem Nachfrager. Gehört das Grundstück zum öffentlichen Gut der Gemeinde, kann diese gegen das Vor- haben allenfalls begründete Einwendungen erheben und einen Alternativvorschlag ma- chen. Das ist aber nur innerhalb von vier Wochen möglich, nachdem man die Nachfrage erhalten hat. 4.3 Antrag an die Regulierungsbehörde Wann und wie kann ein Antrag an die Regulierungsbehörde gestellt werden? Ein Antrag an die Regulierungsbehörde kann frühestens vier Wochen nach der Nachfra- ge (vgl. Punkt 3.5) gestellt werden. In diesen vier Wochen soll versucht werden, zu einer vertraglichen Lösung zu kommen. Der Antrag kann aber (nach Ablauf der Frist) auch gestellt werden, wenn sich ein Betei- ligter nicht auf Verhandlungen einlässt. Anträge sind an die „Telekom-Control-Kommission, p.A. RTR, Mariahilfer Straße 77–79, 1060 Wien“ zu adressieren. 4.4 Planskizze Wie detailliert muss die Planskizze sein? Es bestehen keine besonderen Anforderungen an die Planskizze. Der Verwalter bzw. Grundeigentümer muss lediglich eine klare Vorstellung davon bekommen können, was der Telekombetreiber plant. 9 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 4.5 Formvorschriften Ist eine bestimmte Form für Leitungsrechtsvereinbarungen vorgeschrieben? Nein. Gerade wegen der Langfristigkeit von Leitungsrechten – sie bestehen oft über Jahr- zehnte – empfiehlt sich aber eine schriftliche Vereinbarung. 4.6 Eintragung im Grundbuch Muss sich der Grundeigentümer um die Eintragung eines Leitungsrechts im Grund- buch kümmern oder dieser zustimmen? Nein. Nach dem TKG bilden die Leitungsrechte „keinen Gegenstand grundbücherlicher Eintragung“. 4.7 Eintragung im Grundbuch (öffentliches Gut) Ist öffentliches Gut als solches im Grundbuch eingetragen? Die Eigenschaft eines Grundstücks als öffentliches Gut ist im Grundbuch manchmal ersichtlich gemacht. Voraussetzung für eine wirksame Begründung von öffentlichem Gut ist diese Eintra- gung aber nicht. 4.8 Antennentragemasten Können Leitungsrechte für Antennentragemasten geltend gemacht werden? Nein, Antennentragemasten (-> Glossar) sind seit dem Jahr 2011 vom Geltungsbereich der Leitungsrechte ausdrücklich ausgenommen. 4.9 Grundstücksverkauf Was bedeutet der Verkauf eines belasteten Grundstücks für das Leitungsrecht? Nichts. Die Verpflichtung aus dem Leitungsrecht geht unverändert auf den neuen Grundeigentümer über. Das gilt auch dann, wenn er von dem Leitungsrecht nichts ge- wusst hat. 4.10 Verkauf des Kommunikationsnetzes Was bedeutet es für das Leitungsrecht, wenn das Kommunikationsnetz verkauft wird? Nichts. Das Leitungsrecht geht unverändert auf den neuen Eigentümer des Netzes über. 10 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 4.11 Bestehende Leitungen oder Anlagen Können Leitungsrechte auch für schon bestehende Leitungen oder Anlagen geltend gemacht werden? Ja, das ist in der Praxis der Regulierungsbehörde auch schon vorgekommen. Im Normal- fall ist das Leitungsrecht aber abzuklären, bevor die Leitungen verlegt werden. Beispiel: Für Leitungen, die vor Jahrzehnten verlegt wurden, sind keine Unterlagen über Leitungsrechte mehr auffindbar. Es können Leitungsrechte für die bestehenden Leitungen geltend gemacht werden. 4.12 Vertragsänderungen Kann ich eine Änderung eines Vertrages über ein Leitungsrecht bei der Regulierungs- behörde beantragen? Nein. Die Behörde kann nur vertragliche Regelungen ersetzen, die nicht zustande ge- kommen sind. Änderungen von Verträgen sind nicht möglich. 4.13 Wertminderung eines Privatgrundstücks Wie hoch ist die Wertminderung eines Privatgrundstücks, wenn ein Leitungsrecht be- gründet wird? Als Faustregel gilt: Pro Quadratmeter in Anspruch genommener Fläche wird ein Fünftel des Quadratmeter-Preises (Verkehrswert) des belasteten Grundstücks veranschlagt. Beispiel: Ein Telekombetreiber will eine 15 m lange Leitungsanlage auf einem als Bauland gewidmeten Privatgrundstück verlegen. Die Anlage wird in einer 0,5 m breiten Künette verlegt. Es werden also 15 m x 0,5 m = 7,5 m² Grundfläche beansprucht. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 250 € pro m². Die Wertminderung beträgt somit (7,5 x 250 : 5 =) 375 €. 4.14 Errichtungskosten Wer bezahlt die Errichtung der Kommunikationslinien? Der Leitungsberechtigte bezahlt die Errichtung der Kommunikationslinien. Die Oberflächen (z.B. Straßenbelag) sind nach der Verlegung möglichst in der Form wie- derherzustellen, wie sie vorher waren. Der Grundeigentümer kann nicht verlangen, dass eine höherwertige Oberfläche hergestellt wird, als vorher bestanden hat, z.B. durch Asphaltierung eines Schotterwegs. 11 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 4.15 Entgelte (öffentliches Gut) Dürfen für Leitungsrechte im öffentlichen Gut weiterhin Entgelte eingehoben werden, die in Altverträgen (vor 1997) vereinbart wurden? Nein. Leitungsrechte im öffentlichen Gut sind unmittelbar aufgrund des Gesetzes un- entgeltlich. Der Oberste Gerichtshof hat daher schon im Jahr 2005 entschieden, dass „die Benützung öffentlichen Guts […] zwingend für alle Bereitsteller eines Kommunikations- dienstes unentgeltlich“ ist. Deshalb durfte eine Gemeinde die Entgelte, die vor dem (ersten) Telekommunikations- gesetz im Jahr 1997 für die „Benützung öffentlichen Guts für Fernsprechzellen“ verein- bart worden waren, nicht mehr weiter verlangen. 4.16 Sondernutzungsentgelte (öffentliches Gut) Dürfen für Leitungsrechte im öffentlichen Gut Sondernutzungsentgelte eingehoben werden? Nein. Die zwingende Unentgeltlichkeit der Leitungsrechte im öffentlichen Gut betrifft auch vertragliche Sondernutzungsentgelte. Weiterhin zulässig ist es aber, wenn Gemeinden Abgaben einheben, deren rechtliche Grundlagen bereits vor dem 1. August 1997 bestanden haben. 4.17 Kostenersatz (öffentliches Gut) Kann der Ersatz von Kosten verlangt werden, die durch Leitungsrechte im öffentlichen Gut verursacht werden? Ja. Die Kosten müssen allerdings tatsächlich angefallen und erforderlich gewesen sein. Beispiel: Unter einer Brücke sind Kommunikationsleitungen verlegt. Bei Brückenwartun- gen fallen deshalb für die Sicherung dieser Leitungen zusätzliche Aufwendungen an. Der Brückenerhalter kann sich diese Aufwendungen (bei entsprechendem Nachweis) ersetzen lassen. 4.18 Mitbenutzung bestehender Infrastrukturen Die Gemeinde hat ein eigenes Kommunikationsnetz aufgebaut oder plant, das in naher Zukunft zu tun. Können Leitungsrechte im öffentlichen Gut unter Hinweis auf eine mögliche (künftige) Mitbenutzung dieser Infrastrukturen abgelehnt werden? Nein. Die TKK hat diese Frage schon mehrfach entschieden. Empfehlenswert ist es aber, in solchen Fällen eine einvernehmliche, für alle Beteiligten günstige Verhandlungslö- sung zu suchen. Handelt es sich um ein Privatgrundstück, kann eine mögliche Mitbenutzung vorhan- dener Infrastrukturen auf diesem Grundstück die Entstehung des Leitungsrechts unter bestimmten Umständen verhindern. Auch hier ist aber der Hinweis auf künftig geplante Netze nicht ausreichend. 12 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 4.19 Verwaltungsbehördliche Bewilligungen Umfasst das Leitungsrecht auch die für den Bau der Leitungen erforderlichen verwal- tungsbehördlichen Bewilligungen? Nein. Das Leitungsrecht regelt ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Telekombe- treiber und dem Grundeigentümer. Sind für die Errichtung der Leitungen verwaltungsbehördliche Bewilligungen, zum Bei- spiel nach Baurecht, nach Naturschutzrecht, nach der Straßenverkehrsordnung oder nach anderen Vorschriften erforderlich, muss der Telekombetreiber diese Bewilligungen bei den zuständigen Behörden zusätzlich einholen. 4.20 Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung Kann mit dem Bau begonnen werden, sobald eine Bewilligung nach der StVO vorliegt? Nein. Die verwaltungsbehördlichen Bewilligungen begründen kein Leitungsrecht gegen- über dem Grundeigentümer. 4.21 Stromleitungen Kann ein Leitungsrecht auch für Stromleitungen geltend gemacht werden? Ja, das ist dann möglich, wenn die Stromleitung eine Kommunikationsanlage versorgt. Beispiel: Es soll eine Leitung verlegt werden, die einen Mobilfunkmast mit Strom versorgt. Da diese Stromleitung als Zubehör zur Kommunikationslinie gilt, kann auch die Stromleitung nach dem TKG verlegt werden. Der Strombezug kann aber natürlich nicht auf Basis des TKG in Anspruch genommen werden; dafür ist immer eine Vereinbarung mit dem Stromanbieter erforderlich. 4.22 Nutzung von Anlagen für Kommunikationszwecke Ein Unternehmen hat bereits eine Anlage auf einem fremden Grundstück; darf diese Anlage auch für Kommunikationszwecke verwendet werden? Ja, dafür gibt es eine Sonderregelung, die „Nutzungsrechte“. Bietet der Inhaber der An- lage dem Grundeigentümer eine Abgeltung in Höhe eines vorgegebenen Richtsatzes (derzeit: 2,57 € einmalig pro Laufmeter) an, darf er das Grundstück auch für Kommuni- kationszwecke nutzen. Beispiel: Über ein Grundstück ist eine Mittelspannungsleitung eines Energieversorgers verlegt, für die eine Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Bietet der Ener- gieversorger dem Grundeigentümer eine Abgeltung in Höhe des Richtsatzes an, kann er z.B. ein Lichtwellenleiterkabel an der bestehenden Stromleitung instal- lieren, ohne ein neues Leitungsrecht vereinbaren zu müssen. 13 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 4 Praxis: Beispiele und häufig gestellte Fragen 4.23 Erhaltungsarbeiten und sonstige Bauarbeiten Die Gemeinde plant Erhaltungs- oder sonstige Bauarbeiten im öffentlichen Gut oder auf ihren Privatgrundstücken. Wer muss sich um die Absicherung bestehender Kom- munikationslinien kümmern und die Kosten dafür tragen? Der Telekombetreiber als Leitungsberechtigter muss sich um die Absicherung bestehen- der Kommunikationslinien und die Kosten dafür kümmern. Beispiel: Die Gemeinde möchte in einer öffentlichen Straße, in der auch Kommunikati- onsleitungen verlegt sind, einen Kanal errichten. Der Telekombetreiber muss – nach Vorankündigung der Arbeiten – dafür sorgen, dass seine Leitung gesichert bzw während der Arbeiten umverlegt wird. Es kann natürlich auch vereinbart werden, dass die Leitung vom Bauunternehmen, das den Kanal errichtet, abgesi- chert wird und der Telekombetreiber die Kosten dafür übernimmt. 4.24 Bestehende Kommunikationslinien Die Gemeinde plant Bauarbeiten im öffentlichen Gut oder auf ihren Privatgrundstü- cken. Was gilt für dort bereits bestehende Leitungen, die dabei „im Weg“ sind? Der Telekombetreiber als Leitungsberechtigter muss die Leitungsführung auf eigene Kosten so anpassen, dass seine Leitungen bzw. Anlagen das beabsichtigte Bauvorhaben nicht verhindern oder stören. Voraussetzung dafür ist aber, dass er vom Grundeigentü- mer vorab verständigt wird. Beispiel: Die Gemeinde plant die Errichtung einer Veranstaltungshalle auf einem bisher unbebauten gemeindeeigenen Grundstück. Über das Grundstück ist eine Kom- munikationsleitung eines Telekombetreibers gespannt. Wird der Telekombetrei- ber rechtzeitig vorher von den geplanten Bauarbeiten verständigt, muss er seine Leitung auf eigene Kosten so umverlegen, dass die Veranstaltungshalle gebaut werden kann. 4.25 Autobahnen Sind Autobahnen öffentliches Gut? Ja. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Jahr 2005 ausführlich mit dieser Frage be- schäftigt. Die Tatsache, dass Autobahnen nur gegen Entgelt – also mit Vignette – benutzt werden dürfen, ändert nichts an ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut. 4.26 Weitere Informationen Weitere Informationen zum Thema, einschließlich der veröffentlichten Entscheidungen der TKK, finden sich unter www.rtr.at/de/tk/Infrastrukturnutzung. 14 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

Kapitel 5 Glossar 05 Glossar Antennentragemasten: Masten oder sonstige Baulichkeiten, die zu dem Zweck errichtet wurden oder tatsäch- lich dazu verwendet werden, um Antennen, das sind jene Teile einer Funkanlage, die unmittelbar zur Abstrahlung oder zum Empfang von elektromagnetischen Wellen die- nen, zu tragen. Gebietskörperschaft: Jede Gemeinde, die Bundesländer und die Republik Österreich (Bund). Kommunikationslinie: Unter- oder oberirdisch geführte Übertragungswege (Kommunikationsanlagen) ein- schließlich deren Zubehör wie Schalt-, Verstärker- oder Verzweigungseinrichtungen, Stromzuführungen, Verkabelungen in Gebäuden, Masten, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Leitungsrohre, Leerrohre, Kabelschächte, Einstiegsschächte und Ver- teilerkästen. Kommunikationsnetz: Übertragungssysteme und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen – einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile –, die die elektronische Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder ande- re elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- funk und Fernsehen sowie Kabelrundfunknetze (Rundfunknetze), unabhängig von der Art der übertragenen Informationen. Folgende Unterteilung von Kommunikationsnetzen ist üblich: • Access, auch Zugangsnetz: der kundennächste Teil des Kommunikationsnetzes, be- stehend aus den direkte Anschlüssen der Kunden über Kabel (Kupfer, Glasfaser, Koa- xial) oder Funk („Luftschnittstelle“); • Backbone, auch Aggregationsnetz: Weitverkehrsnetz, in dem (aggregierte) Daten über weite Strecken übertragen werden; • Backhaul, auch Zubringernetz: Verbindung zwischen Access und Backbone. Vgl. zu diesen Begriffen z.B. auch den Planungsleitfaden des BMVIT: https://www.bmvit.gv.at/service/publikationen/telekommunikation/ downloads/planungsleitfaden2017.pdf Telekombetreiber: laut TKG „Bereitsteller eines Kommunikationsnetzes“; ein Unternehmen, das ein Kom- munikationsnetz errichtet, betreibt, kontrolliert oder zur Verfügung stellt. TKG: Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl I 70/2003 idF BGBl I 6/2016. 15 Leitungsrechte · Grundlagen und Praxis

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