6.1 Rundfunk

Rundfunk wird als die zeitgleiche Verbreitung von Information an eine Vielzahl von Teilnehmern ("one to many") gesehen. Beim Hörfunk empfängt der Teilnehmer die Information durch ein Audiosignal, wohingegen beim Fernsehen sowohl ein Audio- als auch ein Videosignal empfangen wird. Die Weiterentwicklung im analogen Rundfunk ermöglicht auch die Übertragung von Zusatzdaten. Beispiele dafür sind RDS (Radio Data System) im Hörfunk und Teletext (Videotext) im Fernsehen. Die in vielen europäischen Ländern verwendete Fernsehnorm ist PAL ("Phase Alternation Line").

Info-Box 28: Teletext
Unter "Teletext" verstehen wir digitale Informationen, die an das analoge Fernsehbild angefügt werden. Der seitenorientierte Teletext wird in die Lücken bei der Übertragung der Bildsequenzen eingefügt.

Info-Box 29: RDS
Radio Data System (RDS) nutzt einen freien Platz im Stereo-Multiplexsignal bei 57 kHz. Die Zusatzinformation wird auf einem Hilfsträger mit einer Datenrate von 1,2 kbit/s übertragen. RDS ermöglicht u.a. die automatische Senderverfolgung eines gewählten Programms. Die Grundidee von RDS, Zusatzinformationen für den mobilen Empfang bereitzustellen, setzt sich bei digitalem Hörfunk fort.

Info-Box 30: Fernsehnormen
Bei der Fernsehnorm PAL ("Phase Alternation Line") werden 25 Bilder (50 Halbbilder) pro Sekunde übertragen. PAL definiert 625 Zeilen, wovon 576 Bildinformationen tragen. Eine weitere Fernsehnorm ist z.B. NTSC. Diese in den USA verbreitete Fernsehnorm verwendet 30 Bilder pro Sekunde und hat eine Zeilenanzahl von 525.

Den Rundfunkdienst charakterisieren die folgenden drei Funktionsgruppen:

  • Produktion: Mithilfe von Ton- und Bildaufzeichnung werden Programme hergestellt (Nachrichten, Spielfilme, Werbung etc.).
  • Übertragung: Über verschiedene Wege wird das entsprechend aufbereitete Signal vom Sendestudio dem Radio- oder Fernsehteilnehmer zugeleitet. Diese Übertragung kann mittels terrestrischer Sendeanlagen oder Satellitentechnik sowie unter Zuhilfenahme von Kabelnetzen erfolgen.
  • Empfang: Um die verbreiteten Signale hörbar bzw. sichtbar zu machen, benötigen die Konsumenten geeignete Empfangsgeräte wie z.B. Antennenanlagen, Radio- und Fernsehgeräte sowie allenfalls Zusatzeinrichtungen (Decoder, Set-Top-Box etc.).
In der Rundfunkübertragung unterscheiden wir grundsätzlich drei Wege der Verbreitung:
  • Satellitenrundfunk: Die Signale werden über Rundfunksatelliten verteilt. Diese Satelliten bewegen sich in einer Höhe von ca. 36.000 km über dem Äquator, und zwar in der gleichen Geschwindigkeit wie sich die Erde dreht; damit "stehen" die Rundfunksatelliten fix über einer bestimmten Erdposition. Sie empfangen ein Datensignal von einer Erdfunkstelle und senden dieses verstärkt bzw. bearbeitet in Richtung Erde zurück. Das dabei erreichte Versorgungsgebiet, auch "footprint" oder "Ausleuchtzone" genannt, ist im Vergleich zur terrestrischen Versorgung um ein Vielfaches größer. Rundfunksatelliten versorgen Teile von Kontinenten oder ganze Kontinente. In Österreich werden Rundfunkprogramme insbesondere über die Satellitensysteme ASTRA und EUTELSAT empfangen. Für diese Empfangsart benötigen wir eine Satellitenempfangseinrichtung ("Sat-Schüssel") sowie allenfalls weitere Zusatzgeräte wie z.B. eine Set-Top-Box. Weiters ist ein Decoder zur Entschlüsselung jener TV-Programme erforderlich, für die der Veranstalter die Senderechte nicht für das gesamte Versorgungsgebiet erworben hat.
  • Terrestrische Übertragung: Das Signal wird über eine Vielzahl von Sendeanlagen verbreitet, welche an topografisch bzw. funktechnisch geeigneten Standorten errichtet sind (ähnlich dem Mobilfunknetz). Der Empfang des terrestrisch verbreiteten Signals erfolgt mit Zimmer- oder Hausantenne.
  • Kabelrundfunk: Das Rundfunksignal wird direkt in ein Kabelnetz eingespeist. Diese Art gleicht der Verteilung über ein Telefonnetz. Kabelrundfunk ist nur in jenen Haushalten möglich, welche eine Anschlussdose zum Kabelnetz haben. Kabelnetze werden von verschiedenen Betreibern zur Verfügung gestellt. In Österreich bestehen rund 250 Kabelnetzbetreiber. Das größte österreichische Kabelnetz versorgt in der Bundeshauptstadt Wien mehr als 440.000 Haushalte, eine Vielzahl von Kabelnetzen verfügt jedoch nur über wenige hundert Anschlüsse.
Info-Box 31: Versorgungsgebiet
Versorgungsgebiet: Darunter verstehen wir jenes Gebiet, welches durch eine Sendeanlage (terrestrisch oder Satellit) mit Rundfunksignalen technisch versorgt wird. Das terrestrische Versorgungsgebiet wird durch den Standort der Sendeanlage (Topografie), durch die verwendete Sendeleistung bzw. Antennencharakteristik der Anlage und schließlich durch die Anzahl bzw. Stärke der Störsignale definiert.

Unter Frequenzkoordinierung (Frequenzmanagement) wird der Prozess verstanden, der notwendig ist, um einen neu geplanten Sender in ein bestehendes Sendernetz einzufügen. Dabei ist zu beachten, dass nationale und international verbriefte Rechte nicht verletzt und außerdem keine Störungen verursacht werden.

In den 60er Jahren, als begonnen wurde, die Rundfunksendernetze aufzubauen, und erst wenige Sender in Betrieb standen, war die Koordinierungstätigkeit insofern noch einfacher, als für die neu zu planenden Sender noch ausreichend Frequenzen (Kanäle) vorhanden waren. Durch die extreme Dichte der heute bestehenden Netze gestaltet sich die Koordinierungstätigkeit äußerst schwierig, da trotz effizienterer technischer Methoden der Frequenznutzung kaum mehr Lücken im Frequenzspektrum gefunden werden können. Wir stoßen bei der Nutzung des Frequenzspektrums immer mehr an die physikalischen und technischen Grenzen des Machbaren.

Rundfunkfrequenzen stellen ein knappes Gut dar, da sich immer mehr Programmanbieter einen begrenzten Bereich des Frequenzspektrums teilen müssen. Eine Ausweitung des Spektrums ist nicht möglich, da auch andere Funkdienste (Mobilfunk, militärische und öffentliche Funkdienste, Richtfunk etc. ) immer mehr mit der Knappheit der ihnen zugewiesenen Teile des Frequenzspektrums zu kämpfen haben.

Die Grundlage für die gesamte Koordinierungstätigkeit liegt in internationalen Abkommen und Vereinbarungen auf europäischer bzw. weltweiter Ebene. Insbesondere sei für den Hörfunk auf die Genfer Wellenkonferenz 1984 und für den Fernsehbereich auf die Konferenz Stockholm 1961 verwiesen.

Info-Box 32: Kanal
Die TV-Frequenzskala trägt verschiedene Kanalnummern (2 bis 69). Diese Kanalnummern entsprechen bestimmten Frequenzen mit zugehörigen Bandbreiten. Zum Beispiel entspricht der digitale Kanal 34 einer Mittenfrequenz von 578 MHz und einer Bandbreite von 8 MHz.


Info-Box 33: Übertragungskapazität
Eine technische Definition des Begriffes Übertragungskapazität beschränkt sich auf die Parameter Standort, Leistung und Frequenz wie z.B. Wien1 - Kahlenberg, 500 kW, 578 MHz Mittenfrequenz (Kanal 34).

 

 

 

 

Die Digitalisierung hat im Rundfunkbereich bereits in vielen Gebieten Einzug gehalten, so beispielsweise in der Studiotechnik, in der Satellitenübertragung und beschränkt auch in der Verbreitung über Kabelnetze. Die terrestrische Übertragung hingegen wird in den meisten europäischen Ländern nach wie vor in der analogen Technik durchgeführt. Freilich steht außer Zweifel, dass auf Grund der längst in Gang befindlichen kommunikationstechnischen Weiterentwicklung die digitale Übertragung auch auf terrestrischem Wege innerhalb der nächsten Jahre in vermutlich allen europäischen Ländern eingeführt wird, um schließlich ab der zweiten Hälfte dieses Jahrzehntes die analogen Übertragungsstrecken zu ersetzen.

Seitens der EU gilt schon seit längerer Zeit das Jahr 2010 als die entscheidende Marke für die endgültige Abschaltung der analogen Frequenzen. In der jüngsten Zeit wurde erst anlässlich des Rates von Sevilla im Juni 2002 der Aktionsplan "eEurope 2005" beschlossen, der unter anderem vorsieht, dass alle Mitgliedstaaten bis zum Jahresende 2003 einen genauen Zeitplan für den Umstieg von der analogen auf die digitale Übertragungstechnik im Rundfunkbereich vorzulegen hätten.

Vor dem Hintergrund dieses sich seit längerem abzeichnenden europäischen Szenarios hat der österreichische Gesetzgeber im mit 01.08.2001 in Kraft getretenen PrTV-G im 6. Abschnitt konkrete Bestimmungen unter dem Titel "Digitalisierung" festgelegt: Nach Ausschreibung durch den Bundeskanzler wurde die Arbeitsgemeinschaft "Digitale Plattform Austria" gegründet, deren zentrale Aufgabe darin besteht, die Regulierungsbehörde in der Erarbeitung eines Digitalisierungskonzeptes zu unterstützen und alle Rundfunkveranstalter und sonstigen betroffenen Marktteilnehmer einzubinden.

Das zu erarbeitende Digitalisierungskonzept soll einen reibungslosen Übergang vom analogen zum digitalen Empfang gewährleisten. Dabei gilt es, alle technischen, wirtschaftlichen und auch rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen bzw. neu zu schaffen. Einerseits werden vergleichbare Maßnahmen (Pilotversuche oder Einführung von DVB-T) in anderen Ländern als "Benchmarks" dienen, andererseits wird es unabdingbar sein, auf die Besonderheiten der österreichischen Situation (duales Rundfunksystem erst in Entwicklung, besondere Knappheit in der Verfügbarkeit der Frequenzen, extrem gebirgiges Land, scharfer Wettbewerb durch erfolgreiche TV-Veranstalter aus Deutschland etc.) Rücksicht zu nehmen.

Mithilfe eines Testbetriebs sollen diverse technische Parameter getestet werden. Weiters besteht die Absicht, auch die Akzeptanz von neuen Inhalten (Applikationen) beim Publikum zu untersuchen (zusätzliche Angebote, Datendienste, interaktive Anwendungen).

Info-Box 34: Digitale Plattform Austria
Die "Digitale Plattform Austria" ist eine vom Bundeskanzler eingerichtete Arbeitsgemeinschaft. Sie unterstützt die KommAustria in der Erarbeitung des Konzeptes für die Einführung von Digitalem Rundfunk in Österreich.

Info-Box 35: DAB und DVB

DAB (Digital Audio Broadcasting): Dies ist das von der EU-Forschungsinitiative EUREKA 147 entwickelte und standardisierte Verfahren zur digitalen Übertragung von Radioprogrammen. Neben einer verbesserten Klangqualität bietet die digitale Übertragungstechnik auch die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zu übermitteln. Das DAB-System hat sich bisher nicht im erwarteten Maße durchgesetzt.

DVB (Digital Video Broadcasting): Dies ist ein internationaler Standard für die digitale Übertragung von TV- und Radioprogrammen sowie allen möglichen Datendiensten. DVB kann über Satellit (DVB-S), Kabel (DVB-C) oder auch über terrestrische Sendeanlagen (DVB-T) verbreitet werden. Neben einer verbesserten Empfangsqualität und der möglichen "Mitnahme" von Zusatzdiensten zählt auch die effizientere Nutzung des Frequenzspektrums zu den Vorteilen von DVB.


Info-Box 36: Switchover

Unter diesem Begriff verstehen wir den Umstieg von der analogen zur digitalen Ausstrahlung. Aufgrund der Frequenzknappheit ist kein Parallelbetrieb der analogen und digitalen Übertragung im Vollausbau möglich.

Daher muss die digitale Übertragungstechnik bei Aufrechterhaltung der Versorgung im analogen Bereich Schritt für Schritt aufgebaut werden (Simulcast-Phase). Erst nach Erreichung eines möglichst hohen Versorgungsgrades mittels DVB-T kann an eine Abschaltung der analogen Übertragung gedacht werden. Am Ende des Simulcast-Betriebes steht der Switchover (auch ATO genannt = Analogue Turn Off). In der Simulcast-Phase wird den Konsumenten Gelegenheit gegeben, in angemessenen Zeiträumen Ersatzbeschaffungen (Set-Top-Boxen oder digitale TV-Geräte) vorzunehmen.


Info-Box 37: Set-Top-Box
Diese technische Einrichtung ermöglicht den Empfang von digitalen Signalen und macht diese auf analogen TV-Empfängern sichtbar (DVB). Die Funktion der Set-Top-Box kann auch das TV-Gerät selbst übernehmen, sofern die dafür notwendigen Module integriert sind.

Info-Box 38: Conditional Access (CA)

Prinzipiell wird beim Empfang von Rundfunkprogrammen zwischen "free to air" und "Pay-TV" unterschieden. Der "free to air"-Empfang bedeutet, dass jedes technisch funktionierende Empfangsgerät das Rundfunksignal richtig darstellen kann. Es fallen keine zusätzlichen Gebühren an, das Signal wird nicht verschlüsselt. Bei "Pay-TV" gibt es eine definierte Benutzergruppe, es können nur jene Benutzer die empfangenen Rundfunksignale richtig darstellen, die eine Berechtigung dazu haben. Die vor der Abstrahlung durchgeführte Verschlüsselung des Datenstromes wird beim Empfänger mit Hilfe einer "Smart Card" entschlüsselt ("decodiert"). Eine gleichzeitige Entschlüsselung von mehreren Programmen (Programm-Bouquet) ist abhängig vom Contentanbieter.

Zusammenfassend werden mit CA kommerzielle und technische Systemkomponenten bezeichnet, die dem Zweck dienen, ein Signal nur jenen Konsumenten sehbar und hörbar werden zu lassen, denen der Programmanbieter die Berechtigung dazu einräumt (z.B. "Pay-TV").


Info-Box 39: Programm-Bouquet
Ein Programm-Bouquet ist eine Zusammenstellung verschiedener Programme eines Programmanbieters ("Sender-Familie") oder mehrerer Programmanbieter.

Info-Box 40: EPG (Electronic Program Guide)/Navigator
Ein digitaler Fernsehkanal kann mehrere Programme übertragen. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber analogem Fernsehen, schafft aber gleichzeitig eine Vielzahl von Programmen. Der EPG/Navigator sorgt durch Zusatzinformationen für Orientierung bezüglich der einzelnen Programme. Diese Zusatzinformation wird in der Set-Top-Box wieder vom Programminhalt getrennt. So führt der EPG - ähnlich wie eine Programmzeitschrift - durch die Vielfalt der Programme und liefert Hintergrundinformationen.

Info-Box 41: MHP (Multimedia Home Platform)
Das von der europäischen Industrie entwickelte MHP-System soll von allen Programmanbietern, Endgeräteherstellern und Netzbetreibern als einheitlicher Standard und gemeinsame Basis für interaktive Zusatzapplikationen eingesetzt werden.

Info-Box 42: Multiplex und Multiplex-Plattform

Multiplex: Dieser Ausdruck bezeichnet das für die digitale Übertragung typische Verfahren des Zusammenführens der verschiedenen Video-, Audio- und Datensignale zu einem gemeinsamen Datenstrom, der über Satellit, Kabel oder terrestrische Antenne zum Endgerät übertragen wird. Beim digitalen Fernsehgerät wird der empfangene Datenstrom wieder in seine Einzelkomponenten aufgespaltet ("Demultiplexing"). Als Multiplexer kann die eigentliche technische Vorrichtung verstanden werden.

Multiplex-Plattform: Darunter verstehen wir die technische Infrastruktur zur Bündelung und Verbreitung der in einem digitalen Datenstrom zusammengefassten Programme und Zusatzdienste.

Abb. 100: Rundfunkfrequenzen

Die Inhalte dieser Seite finden Sie in der Printversion auf den Seiten 147-152.
 
  Zum Seitenanfang