3.4.2 Marktentwicklung

Das Internet hat sich in den letzten Jahren durch die Einbindung zahlreicher Dienste, die bislang von unterschiedlichen, voneinander getrennten Netzen erbracht wurden, zu einem leistungsintegrierten Universalnetz entwickelt. Neben den bereits intensiv genutzten Basisdiensten der Kommunikation wie z.B. E-Mail und Internet-Chats und das Übertragen von Daten in Form von Grafiken und Bildern drängen zunehmend Breitbanddienste wie das Herunterladen von Software, Audio- und Videodateien, Bildtelefonie, Videoübertragungen, Transfer von hochauflösenden Bildern (z.B. für medizinische Zwecke) ins Internet, die die Leistungsfähigkeit des weltweiten Netzes fordern. Es mehren sich die Anzeichen, dass das Internet als Ergänzung oder auch als Ersatz der herkömmlichen Sprachtelefonie genutzt wird.

Die Annäherung zwischen der Welt der Datenkommunikation und der Sprachkommunikation wird immer deutlicher; die einst scharfe Grenze verschwimmt zusehends und lässt sich immer schwieriger ziehen. Diese Entwicklung, die Ausdruck einer zunehmenden Konvergenz ist, schlägt sich auch in einer Veränderung der Anbieterstruktur nieder. Aufgrund ihrer Vorteile durch die bereits bestehende Infrastruktur eröffnen sich den Telekommunikationsunternehmen über den Einstieg in den Internet-Markt weit reichende Entwicklungsperspektiven.

Das Interesse der Telekommunikationsnetzbetreiber, möglichst nachhaltig am Internet-Sektor Fuß zu fassen, erklärt sich durch die erwartete große Veränderung in der Bedeutung von Daten- und Sprachkommunikation. Der Datenverkehr, der gegenwärtig im Telekommunikationsmarkt gegenüber der Sprachtelefonie noch eine untergeordnete Rolle spielt, wird in den kommenden Jahren weltweit stark an Bedeutung gewinnen. Demgegenüber entwickelt sich das klassische Telefongeschäft – zwar auf einem deutlich höheren Niveau – nur langsam weiter.

Diese Entwicklung findet auch in Entscheidungen der TKK ihren Niederschlag. Neben den Entscheidungen, mit denen ISP die Möglichkeit eines Zugangs zu entbündelten Teilnehmeranschlussleitungen im Netz der Telekom Austria eingeräumt wurde (vgl. hierzu im Detail die Ausführungen zu den Verfahren Z 18/99, Z 29/99 im Kapitel 2.3.2), sind hier die Entscheidungen zu erwähnen, welche im Zusammenhang mit dem Zugang zu Online-Diensten ergangen sind. So wurde in einem Fall angeordnet, dass bei der Netzzusammenschaltung auch Teilnehmern eines alternativen Netzbetreibers eine Terminierung zu Online-Diensten im Netz der Telekom Austria zu ermöglichen sei (vgl. hierzu im Detail die Ausführungen zum Verfahren Z 27/99 im Kapitel 2.3.1).

Während jedoch Telekommunikationsnetzbetreiber in der Lage sind, ihre Produkte mit einem Internet-Zugang zu bündeln und mehrere Produkte zu einem fixen Entgelt anzubieten, müssen ISP ihre Vorleistungen in der Regel bei Telekommunikationsnetzbetreibern beziehen.

 

 

Eine derartige Vorleistung stellt z.B. das Wholesale-Angebot der Telekom Austria für Internet-Zugangslösungen (sog. „ISPA-Angebot“) dar, auf dessen Basis „bit streaming“-Leistungen der Telekom Austria in Anspruch genommen werden können. Die Regulierungsbehörde beobachtet zurzeit intensiv die Weiterentwicklung im Bereich des „bit streaming“ und führt Gespräche mit den Marktteilnehmern.

ISPs, die bei Telekommunikationsnetzbetreibern ihre Vorleistungen beziehen müssen, laufen jedoch Gefahr, aufgrund ihrer Abhängigkeit Marktanteile zu verlieren, da Telekommunikationsnetzbetreiber, die gleichzeitig als ISP auftreten, zunehmend entweder Bündelpakete offerieren, die mehrere Dienste einschließen, oder auf ein monatliches Grundentgelt verzichten und nur die Online-Entgelte verlangen.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass aufgrund einer weiteren Entscheidung der TKK im Zusammenschaltungsbereich seit Dezember 2000 die Möglichkeit einer Originierung aus einem beliebigen Telekommunikationsnetz zu tariffreien Online-Diensten des Nummernbereiches (0)804 00 in einem beliebigen anderen Netz vorzusehen ist (vgl. hierzu im Detail die Ausführungen zum Verfahren Z 10/00 im Kapitel 2.3.1). Als Folge der genannten Entscheidung können auch ISPs ihre Angebotspalette erweitern und insbesondere Pauschaltarife offerieren, ohne dass der ISP-Kunde noch eine weitere Rechnung eines Telekommunikationsnetzbetreibers über zusätzliche Online-Verbindungsentgelte von seinem Netzbetreiber erhält. Abb. 5022 unterstreicht die zunehmende Dominanz der Telekom-Internet-Anbieter gegenüber jenen ISPs, die ausschließlich Internet-Dienste anbieten.

Dieser Verdrängungswettbewerb zwingt viele mittelständische ISPs umzudenken und neue Strategien zu verfolgen:

  • Einige ISPs haben ihre Tätigkeiten auf den Application-Service-Provider-Markt konzentriert, indem sie Dienste im Bereich Softwarebereitstellung und -wartung anbieten. Auch Services für Unternehmen, die sich nur eine kleine EDV-Abteilung oder gar keine leisten, werden von diesen ISPs übernommen.
  • Nur die wenigsten ISPs schaffen die Rückwärtsintegration in dem Sinne, dass sie selbst Telekom-Trägerdienste offerieren und sogar Infrastrukturen aufbauen. Dafür fehlt bei vielen ISPs das notwendige Kapital und/oder die Risikobereitschaft. Einige gehen daher Allianzen mit Telekommunikationsanbietern ein und versuchen damit die Wertschöpfungskette nach rückwärts abzudecken.

Im November 1999 brachte die Telekom Austria ein Angebot für einen ADSL-basierenden Internet- Zugangsdienst für eigene Endkunden auf den Markt. Im Rahmen dieses Angebots stand jedoch zunächst ausschließlich ein Internet-Zugang zu dem konzerneigenen ISP A-Online (nunmehr Jet2Web Internet Services GmbH) zur Verfügung. Auf Nachfrage anderer ISP, die den Telekom-Austria-Endkunden ebenfalls einen Internet-Zugang über ADSL zur Verfügung stellen wollten, weigerte sich die Telekom Austria zunächst, ihr ADSL-Angebot auch anderen ISP zugänglich zu machen. Nach Intervention der nunmehrigen RTR-GmbH und Verhandlungen zwischen der Vereinigung der Internet Service Providers Austria („ISPA“) und Telekom Austria wurde jedoch im März 2000 eine Einigung über ein Standard-Wholesale-Angebot („ISPA-Angebot“) erzielt, welches allen ISP (also auch anderen alternativen Netzbetreibern, die neben z.B. dem Sprachtelefondienst gleichzeitig einen Internet-Zugangsdienst anbieten) zugänglich ist und seither in Bezug auf verfügbare Übertragungsraten und das Endkundenverrechnungsausmaß (Anwendungsfall Virtual Private Networks) modifiziert wurde.

Das „ISPA-Angebot“ sieht vor, dass der ISP entweder an einem, mehreren oder an sämtlichen der von Telekom Austria definierten neun Übergangspunkte (einer pro Bundesland) auf ATM-Basis angeschaltet ist. Abhängig von der Anschaltungsart wird bei Überschreitung eines monatlichen Transfervolumens von 500 MB (Mittelwert pro Kunde) pro zusätzliches MB entweder ein „regionales“ oder das „nationale“ Zusatzentgelt verrechnet. Die Telekom Austria hat eine Übertragung von Voice over IP durch ISP für diesen Internet-Zugangsdienst ausgeschlossen.

Die Preisbildung für den Zugang zum DSL-Dienst der Telekom Austria erfolgt grundsätzlich auf Basis freier Vereinbarung zwischen ISPA und Telekom Austria. Telekom Austria muss die Preise des ISPA-Angebotes auch gegenüber allen anderen nachfragenden ISP nicht diskriminierend anbieten und darf insbesondere den konzerneigenen ISP nicht bevorzugen. In Bezug auf die Zugangsleistung tritt Telekom Austria auch weiterhin gegenüber ihrem Endkunden auf, während der ISP dem Endkunden die Internet-Nutzung separat verrechnet.

Der ISP kann beim Endkundenverrechnungsausmaß für die Zugangsleistung zwischen drei unterschiedlichen Betragshöhen (ATS 400/600/800 = € 29,07/43,60/58,14) wählen, die dem jeweiligen Telekom-Austria-Endkunden als monatliche Pauschale verrechnet werden und Telefon-Grundgebühr sowie ADSL-Zugang beinhalten; dabei muss das dem Telekom-Austria-Endkunden verrechnete Entgelt bei sämtlichen Internet-Benutzern eines ISP einheitlich hoch sein.

Bei ansteigender Kundenzahl und höherem Endkundenverrechnungsausmaß verringert sich der vom ISP für den ADSL-Zugang an Telekom Austria zu entrichtende Betrag; bei Anwendung des betragsmäßig höchsten Endkundenverrechnungsausmaßes erhält der ISP Gutschriften von Telekom Austria.

Marktanteile ausgewählter Internet-Service-Provider

22 Quelle: Eigene Zusammenstellung aus „AIM – Austrian Internet Monitor“, Juli-September 2001 und Jänner-März 2001
Die Inhalte dieser Seite finden Sie in der Printversion auf den Seiten 98-100.
 
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