II.2.2 Das Fernmeldegesetz 1993 (FG 93)    

 

Eine erste Aufgabe, welche der neu gegründeten Einrichtung im Verkehrsministerium zukam, war die Vorbereitung eines neuen Fernmeldegesetzes, das wesentliche regulatorische Neuerungen vorsehen sollte und dessen Ziel es insgesamt war, den österreichischen Rechtsbestand an jenen der Europäischen Union heranzuführen. Ein erster Entwurf des neuen Gesetzes wurde noch von der PTV vorbereitet.

Nach einiger Kritik wurde der Erstentwurf zurückgezogen und durch einen von der Regulierungsbehörde (Sektion IV) erarbeiteten Entwurf ersetzt. Das Gesetz, das Ende 1993 verabschiedet wurde und mit 01. 01. 1994 in Kraft trat, ersetzte das bis dahin gültige FG 49 sowie u. a. die Privatfernmeldeanlagenverordnung 1961. Die wesentlichen Inhalte des FG 93 waren:

  • Alle Dienstleistungen mit Ausnahme der öffentlichen Sprachtelefonie in Echtzeit wurden vollständig liberalisiert; d. h. mit Inkrafttreten des Gesetzes waren für die Erbringung von Datendiensten, Satellitendiensten, Mail-Box-Diensten etc. keine Konzessionen mehr erforderlich. Die bloße Anzeige der Aufnahme von Diensten war ausreichend.

  • Die Erbringung des öffentlichen Sprachtelefondienstes (sog. reservierter Dienst) war grundsätzlich nur auf Basis einer Konzession des Ministers möglich (§ 19 F  93). Eine solche war auf Antrag dann zu erteilen, wenn die Erbringung des reservierten Dienstes durch andere als die PTV im Interesse des Versorgungsauftrags erforderlich gewesen wäre und ein bestehender reservierter Dienst dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt würde (§ 19 FG 93). Obschon dies aus rechtlicher Sicht ein Aufbrechen des Monopols bedeutete, blieb die PTV alleinige Inhaberin einer entsprechenden Berechtigung. Einzige substanzielle Ausnahme aus dem reservierten Dienst war der Bereich Mobiltelefonie.
 

 

  •  Auf der Ebene der Infrastruktur verblieb das Monopol der PTV. Das Unternehmen wurde über einen in § 44 FG 93 formulierten Versorgungsauftrag dazu verpflichtet, eine moderne und ausgewogene Fernmeldeinfrastruktur bereitzustellen und dabei auf technische Entwicklungen sowie auf gesamtwirtschaftliche, regionale und soziale Aspekte Rücksicht zu nehmen. Insofern andere Anbieter zur Erbringung von nichtreservierten öffentlichen Diensten Infrastruktur (etwa Mietleitungen) benötigten, waren sie auf das Angebot der PTV angewiesen. Vorhandene Infrastrukturen anderer potenzieller Anbieter (etwa Energieversorger) durften nur zu betriebsinternen Zwecken verwendet werden.

  • Die Beziehungen zwischen der PTV und ihren Kunden, die bis dahin auf hoheitlicher Basis standen, wurden auf privatwirtschaftliche Grundlagen gestellt. Dies brachte eine Reihe von Konsequenzen, wie etwa das Erfordernis der Herausgabe Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder die Genehmigung von Entgelten durch den Bundesminister, mit sich.

  • Zur Beratung des Ministers in Fernmeldeangelegenheiten wurden zwei Gremien eingerichtet: Der sozialpartnerschaftlich besetzte Telekommunikationsbeirat und die gleichfalls sozialpartnerschaftlich besetzte Preiskommission. Letztere beriet den Bundesminister u. a. bei der Genehmigung der Geschäftsbedingungen und Tarife von reservierten Diensten.

  • Hinsichtlich der Zulassung von Endgeräten (die Endgerätemärkte waren im Wesentlichen bereits Ende der 80er Jahre liberalisiert worden) sah §15 FG 93 eine antragsgebundene Zulassung durch das Zulassungsbüro vor, die im Fall des Vorliegens von international anzuerkennenden Konformitätsbescheinigungen bzw. einer Konformitätserklärung des Herstellers entfallen konnte.
 
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