Einzelne Berichte über politische Themen geben ganzer Sendung einen politischen Informationsgehalt
Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) gibt Orientierung zu der Frage, wann eine Sendung als „Sendung zur politischen Information“ einzuordnen ist und damit dem Verbot von Sponsoring bzw. von Produktplatzierungen unterliegt.
Das Verfahren vor der KommAustria
Im Rahmen ihrer monatlichen Werbebeobachtung hatte die KommAustria die am 30.06.2020 ausgestrahlte Frühstückssendung einer privaten Fernsehveranstalterin ausgewertet. Die Sendung beinhaltete unter anderem einen Beitrag über Ausschreitungen einer politisch-extremistisch motivierten Gruppierung in Wien-Favoriten sowie eine Presseschau, die die aktuellen Covid-19-Infektionszahlen in Österreich, die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen bei der Einreise nach Griechenland sowie ebenfalls die Ausschreitungen in Favoriten zum Gegenstand hatte. Am Ende der Sendung wurden Hinweise auf enthaltene Produktplatzierung – unter anderem ein Brotkorb mit dem Logo einer Bäckereikette – sowie auf das Sponsoring der Sendung ausgestrahlt.
Die KommAustria stellte fest, dass die Veranstalterin durch die Ausstrahlung dieser Sendung § 37 Abs. 4 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G) verletzt habe, wonach Sendungen zur politischen Information nicht gesponsert werden dürfen. Weiters habe die Ausstrahlung der Sendung auch gegen § 38 Abs. 1 AMD-G verstoßen, weil Produktplatzierungen in Sendungen zur politischen Information unzulässig sind.
Gegen diesen Bescheid erhob die Veranstalterin Beschwerde, welche das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) als unbegründet abwies.
Die Entscheidung des BVwG
Begründend ging das Gericht unter Bezugnahme auf die bestehende höchstgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass als „Sendungen zur politischen Information“, die dem Verbot von Sponsoring gemäß § 37 Abs. 4 AMD-G unterliegen, jene anzusehen seien, die – wie Nachrichten – der politischen Information dienen und insofern einen politischen Charakter aufwiesen.
In diesem Sinne sei die Frühstückssendung als eine solche Sendung zu qualifizieren, weil sie als Magazin – neben Themen wie Lifestyle, Unterhaltung und Gesundheit – auch aktuelle politische Vorkommnisse behandle, deren Inhalte für die politische Debatte und das öffentliche Interesse von Bedeutung seien. Der Beitrag über die politisch-extremistisch motivierte Gruppierung habe über deren politische Ansichten, die Hintergründe der Konflikte in Wien‑Favoriten sowie über Ereignisse in der Vergangenheit einschließlich gegenwärtiger (terroristischer) Tendenzen dieser Gruppe ausführlich informiert, wodurch dem Publikum die Möglichkeit geboten worden sei, sich aufgrund von Sachberichten und Hintergrundinformationen eine eigene Meinung zu einem politisch sehr aktuellen Thema zu bilden, das in der Presseschau durch die Erörterung der Ausschreitungen und der daran anknüpfenden diplomatischen Eskalation noch zusätzlich vertieft worden sei. Es seien unterschiedliche Perspektiven vermittelt und der Informationsgehalt erkennbar erhöht worden. Damit könne auch nicht etwa von einer Sendung der leichten Unterhaltung oder anderen Sendungsarten, in denen Produktplatzierungen erlaubt wären, gesprochen werden.
Gegen das Erkenntnis des BVwG erhob die Veranstalterin außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und brachte vor, dass keine Rechtsprechung des VwGH zur Auslegung des im AMD-G und im ORF‑Gesetz enthaltenen Begriffes „Sendungen zur politischen Information“ vorliege. Darüber hinaus seien die politisch informierenden Inhalte der gegenständlichen Sendung (knapp dreieinhalb Minuten) im Vergleich zur Gesamtdauer der Sendung (knapp zwei Stunden) vom BVwG extensiv ausgelegt worden, was dazu führe, dass solche Sendungen in Zukunft möglichst inhaltsleer gestaltet werden müssten, um Verboten der kommerziellen Kommunikation zu entgehen.
Die Entscheidung des VwGH
Der VwGH wies die außerordentliche Revision als unbegründet ab und führte vorausschickend aus, dass weder das Vorliegen von Sponsoring noch von Produktplatzierungen bestritten worden sei, sondern lediglich die Auslegung des Begriffes „Sendung zur politischen Information“ strittig sei.
Hierzu führt der VwGH aus, dass sowohl die Vorgaben des Unionsrechts als auch der nationalen Regelungen erkennbar darauf abzielten, Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information von jeglichen Einflüssen durch kommerzielles Interesse freizuhalten und nicht einmal den Eindruck einer solchen Einflussnahme entstehen zu lassen, weil Letzteres schon ausreiche, um das Vertrauen des Publikums in die unbeeinflusste Berichterstattung und Information in Frage zu stellen. Somit dienten diese Regelungen nicht nur der redaktionellen Unabhängigkeit der Mediendienste, sondern auch den Interessen des Publikums, umfassend und angemessen geschützt zu werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, werde ein vollständiges Verbot von Sponsoring und Produktplatzierungen in Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information angeordnet. Diese Zielsetzung stehe insbesondere einer Betrachtungsweise, die nach der Art und der Dauer von Beiträgen politischen Inhalts im Rahmen einer Sendung differenziert, von Vornherein entgegen. Würde das absolute Sponsoringverbot bei Sendungen, die sich nur teilweise mit politischen Vorkommnissen auseinandersetzen, nicht zum Tragen kommen, könne dessen Schutzzweck, insbesondere zur Wahrung des Vertrauens des Publikums in die unbeeinflusste Berichterstattung und Information in politischen Belangen nicht einmal den Eindruck einer Einflussnahme entstehen zu lassen, unterlaufen werden.
Zusammengefasst seien Sendungen, die zwar nicht ausschließlich, aber zumindest auch der politischen Information dienen und in diesem Sinne einen politischen Charakter aufweisen, als „Sendungen zur politischen Information“ zu qualifizieren.
Fazit
Sendungen, die zwar nicht ausschließlich, aber zumindest auch durch einzelne Beiträge der politischen Information dienen und in diesem Sinne einen politischen Charakter aufweisen, sind als „Sendungen zur politischen Information“ zu qualifizieren. Die Art und Dauer der Beiträge politischen Inhalts spielt dabei grundsätzlich keine Rolle. In derartigen Sendungen sind sowohl Produktplatzierung als auch Sponsoring unzulässig.
Link zur Entscheidung der KommAustria
Link zur Entscheidung des VwGH