II.3 Die Institutionen der Telekommunikations-Branche in Österreich

 

   
Das österreichische TKG betraut mehrere Behörden mit seiner Vollziehung
  • den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) (zugleich "Oberste Fernmeldebehörde")
  • die der obersten Fernmeldebehörde unterstehenden Fernmeldebüros und das Zulassungsbüro
  • die Telekom-Control-Kommission (TKK)
  • sowie die Telekom-Control GmbH (TKC)

Den genannten Behörden kommen im Rahmen der Regulierung des Telekommunikationsmarktes unterschiedliche Aufgaben zu. Welche Anforderungen an die erwähnten Institutionen gestellt werden und wie sie das komplexe Vorhaben der Marktöffnung bzw. Marktbetreuung im gegenseitigen Zusammenspiel bewerkstelligen, soll im Folgenden dargestellt werden.

 

II.3.1 Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (zugleich "Oberste Fernmeldebehörde")

II.3.1.1 Der Aufgabenbereich des Bundesministers im Rahmen des TKG

Bereits ein erster Blick ins TKG macht die wichtige Rolle des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) deutlich: In einer Vielzahl von Fällen ist der BMVIT berufen, durch Verordnungen eine nähere Ausgestaltung von gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen. Der BMVIT hat von dieser Ermächtigung auch entsprechend Gebrauch gemacht (siehe Info-Box 1). Durch das Recht, Verordnungen zu erlassen, wird dem BMVIT ein erheblicher Spielraum für die rechtsverbindliche Interpretation des TKG eingeräumt; in diesem Sinn ist der BMVIT der Träger der Telekommunikationspolitik Österreichs. Allerdings ist selbstverständlich, dass der BMVIT bei der Erlassung von Verordnungen an die Grundlagen des TKG gebunden ist ("Legalitätsprinzip") und sich von dessen Zielen (vgl. etwa §§ 1 und 32 TKG) sowie dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot leiten lassen muss.

Info-Box 1: Verordnungen des BMVIT, die für die                      Telekommunikationsregulierung wichtig sind
BGBl Nr 756/1994 Rahmenrichtlinienverordnung
BGBl II Nr 416/1997 Nummerierungsverordnung (NVO)
BGBl II Nr 14/1998 Zusammenschaltungsverordnung (ZVO)
BGBl II Nr 29/1998 Telekommunikationsgebührenverordnung (TKGV)
BGBl II Nr 364/1998 Frequenznutzungsverordnung (FNVO)
BGBl II Nr 158/1999 Entgeltverordnung (EVO)
BGBl II Nr 192/1999 Universaldienstverordnung (UDV)

Der BMVIT ist noch für weitere telekommunikationspolitische Aufgaben zuständig: So teilt er beispielsweise der Regulierungsbehörde Bereiche des Frequenzspektrums zur wirtschaftlichen Nutzung zu (§ 47 Abs 3 TKG). Das bedeutet, dass eine konkrete Frequenzvergabe durch die jeweilige Regulierungsbehörde erst dann zulässig ist, wenn der BMVIT diese Frequenzen zur Nutzung "freigegeben" hat. Dadurch wird sichergestellt, dass die Zuteilung von Frequenzen - die eine knappe Ressource darstellen - unter Berücksichtigung internationaler Vereinbarungen als telekommunikationspolitische Maßnahme konsequenterweise der politischen Führung und damit der parlamentarischen Kontrolle unterworfen bleibt.

Im Rahmen des Vergabeverfahrens von Mobilfunkkonzessionen kommt dem BMVIT noch eine zusätzliche, wesentliche Funktion zu: Sobald die für die Erteilung von Mobilfunkkonzessionen zuständige TKK ihre Studien über die optimale Vergabe der Frequenzen abgeschlossen und die näheren Details für die Konzessionsvergabe vorbereitet hat, ist die Zustimmung des BMVIT für die öffentliche Ausschreibung der Vergabe einzuholen.

 

 


Durch diese Bestimmung wird der immensen telekommunikations- sowie wirtschaftspolitischen Bedeutung einer Mobilfunkkonzession ausreichend Rechnung getragen: Weder der Bundesminister noch die Regulierungsbehörde können für sich alleine unabhängig voneinander die näheren Voraussetzungen für die Vergabe von Frequenzen im Rahmen einer Mobilfunkkonzession festlegen. Hält der BMVIT den Inhalt der Ausschreibung für ungeeignet, kann er die Zustimmung zur Ausschreibung verweigern.

Weitere Kompetenzen - sowohl organisatorischer als auch inhaltlicher Natur (siehe Info-Box 2) - hat der BMVIT im Zusammenhang mit Angelegenheiten der Regulierungsbehörden TKK und TKC. Der BMVIT übt aber auch das Aufsichtsrecht über die TKC aus, und zwar in der Form, dass er dem Geschäftsführer der TKC begründete Weisungen in schriftlicher Form erteilen kann (§ 117 TKG). Solche Weisungen an die TKC sind zu veröffentlichen. Bisher hat der BMVIT jedoch von diesem Aufsichtsrecht noch keinen Gebrauch gemacht.

 

Info-Box 2: Organisationskompetenz des BMVIT in Zusammenhang mit der                      Regulierungsbehörde Telekom-Control

In den Bereich der Organisationskompetenz des BMVIT fallen z.B. folgende Aufgaben:

  • Das BMVIT verwaltet die 100%igen Anteilsrechte des Bundes an der TKC (durch Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat der TKC).

  • Dem BMVIT obliegt es, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für eine allfällige Kapitalerhöhung der TKC herzustellen (§ 108 TKG).

  • Das BMVIT übt die Vorschlagsrechte gegenüber der Bundesregierung für die Ernennung der zwei nichtrichterlichen Mitglieder der TKK aus (§ 112 Abs 2 TKG).

  • Der BMVIT ernennt die Ersatzmitglieder der Telekom-Control-Kommission.

 

Vereinzelt wird die Frage gestellt, wie sich das Weisungsrecht des BMVIT gegenüber der TKC, einer auf Grundlage des Privatrechts geschaffenen GmbH, mit deren Unabhängigkeit vereinbaren lässt. Die Antwort darauf wird durch die österreichische Bundesverfassung begründet: Da die TKC auch hoheitlich handelt, indem sie etwa Bescheide erlässt, ist sie im Vollzug des TKG Teil der Bundesverwaltung. Aus diesem Grund muss es auch ein für das Handeln der TKC sog. "oberstes Organ" (den Bundesminister) geben, das dem Nationalrat politisch verantwortlich ist und wegen schuldhafter Verletzung von Rechtsvorschriften im Rahmen der Amtsausübung sogar vor dem Verfassungsgerichtshof angeklagt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es daher einleuchtend, dass dem BMVIT ein entsprechendes Aufsichts- bzw. Weisungsrecht gegenüber der TKC zusteht.

 

 

Dass bisher noch keine Weisung erteilt wurde, zeigt nicht nur, dass gegen die inhaltliche Durchführung der Telekommunikationsregulierung durch die TKC seitens des BMVIT kein Einwand bestehen dürfte; vielmehr respektiert der BMVIT den Willen des Gesetzgebers, der eine finanziell und vom politischen Tagesgeschehen unabhängige Regulierungsbehörde eingerichtet hat, indem er das Weisungsrecht äußerst behutsam in Anspruch nimmt.

Erwähnenswert ist schließlich noch, dass der BMVIT als oberste Fernmeldebehörde für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen Bescheide der Fernmeldebüros und der Zulassungsbüros zuständig ist, sofern nicht die Zuständigkeit eines unabhängigen Verwaltungssenates (wie etwa in Strafsachen) gegeben ist. Im Gegensatz dazu besteht gegen Entscheidungen der TKC bzw. der TKK kein Instanzenzug zum BMVIT.

 

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