Testbetrieb für digitales terrestrisches Fernsehen und interaktive MHP-Applikationen
Der MHP-Standard als europäischer Schlüssel zum interaktiven TV

ITV kombiniert „lean-forward” und „lean-back”

Das Fernsehen, das gemeinhin als „lean-back“-Medium gilt, wird dadurch zunehmend auch als „lean-forward“-Medium genutzt werden. Die emotionalen, impact-orientierten Komponenten des bewegten Bildes, können durch diese neuen Zusatz-Services eine interessante und umfangreiche Ergänzung um informative und individualisierbare Inhalte erfahren. Zusätzlich garniert mit flotten Schriften, mit Designs in allen erdenklichen Farben, mit hoch auflöslichen Grafiken und qualitativen Fotos und – falls technisch vorhanden – bereichert um die umfassenden interaktiven Möglichkeiten einer Rückkanal-Interaktion.


Großbritannien als ITV-Vorreiter

Dass diese neue ITV-Produktwelt nicht nur in den Köpfen von Entwicklern und Visionären existiert, sondern auch im TV-Alltag von normalen Medienkonsumenten Platz hat, beweist die digitale TV-Entwicklung in Großbritannien. Anders als am „Kontinent“ hat man dort mit digitalen TV-Angeboten bereits Anfang der 90er-Jahre begonnen. Und auch in der Entwicklung und Nutzung von multimedialen, digitalen TV-Zusatzdiensten sind die Briten dem Rest Europas und der Welt um gut ein Jahrzehnt voraus. Das Ergebnis ist beeindruckend, und lässt – bei allen Unterschieden zwischen den britischen und den kontinentalen TV-Märkten – Rückschlüsse auf die Potenziale von Digital-TV und ITV zu: Immerhin 50 Prozent der britischen Haushalte verfügen 2004 über Digital-TV und nützen dabei auch regelmäßig ITV-Zusatzangebote. Tendenz stark steigend.

Das restliche Europa, aber auch Teile der US-amerikanischen, südamerikanischen und asiatischen TV-Märkte haben die ITV-Herausforderung längst aufgenommen. Europa geht dabei einen besonders mutigen und strategisch sinnvollen Weg: Anders als dies bisher bei vielen IT-Entwicklungen der Fall war, hat man erkannt, dass Marktentwicklungen besonders gute Chancen haben, wenn Sie auf gemeinsamen Standards beruhen und der Einsatz dieser Standards für Industrie und Konsumenten möglichst kostengünstig ist. Schon Mitte der 90er-Jahre hat sich im Rahmen des DVB-Konsortiums eine Gruppe europäischer Sender, Software-und Hardware-Konzerne unter Vermittlung der EU zusammengetan, um einen gemeinsamen ITV-Standard zu initiieren. Zugegeben, es hat lange gedauert, aber nun ist der Standard Wirklichkeit: MHP, die Multimedia Home Platform, ist Realität. Und anders als noch vor rund einem Jahr, also kurz vor Beginn der Planungen für !TV4GRAZ, findet er heute in ganz Europa stetigen Zuspruch. In Finnland werden MHP-Angebote über Satellit, Kabel und Terrestrik im Echtmarkt angeboten. In Italien bieten alle drei bundesweiten TV-Gruppen im Rahmen der beherzten terrestrischen TV-Digitalisierung auch zahlreiche MHP-Dienste an. Spanien plant den baldigen MHP-Roll-Out. In Deutschland haben sich alle TV-Sender zum ITV-Standard MHP vertraglich bekannt. Erste Portale sind bereits via Satellit on air. Fast jedes europäische Land bereitet kombinierte Digital-TV/MHP-Testbetriebe vor oder führt sie bereits durch.

Österreich als MHP-Innovator

In Österreich haben sich die Projektpartner schon in einem sehr frühen Stadium des !TV4GRAZ-Projekts für eine umfassende Einbeziehung von MHP-Diensten entschlossen. Heute weiß man, dass dies richtig war. Mit Unterstützung der RTR-GmbH haben ORF und zahlreiche private TV-Anbieter des Landes im Rahmen des Grazer Versuchs zumindest eine eigenständige MHP-Applikation mit einem Projektpartner entwickelt. In kaum einem anderen Land existieren so breit gefächerte MHP-Erfahrungen wie hierzulande. Dies gilt insbesondere für TV-Sender und Applikationsentwickler. Die folgenden Seiten sollen einen Überblick geben, welche MHP-basierten Services dabei im Detail entstanden sind.