IV.1 Effekte der Liberalisierung

IV.1.1 Beschreibung der Märkte

 

   
IV.1.1.1 Sprachtelefonie Festnetz

IV.1.1.1.1 Marktzugang

Die vollständige Liberalisierung der Telekom-Märkte trat am 01.01.1998 in Kraft, die gesetzlich-administrativ festgelegte Markteintrittsbarriere zur Aufrechterhaltung des Monopols im Bereich Infrastruktur und fester Sprachtelefonie wurde damit beseitigt. Die staatliche Regulierung schreibt für den Eintritt in den Sprachtelefoniemarkt lediglich den Erwerb einer Konzession vor, wobei im Festnetz keine Beschränkung der Anzahl der Konzessionsinhaber erfolgen darf.

Die TKC und die TKK wurden nach dem TKG beauftragt, den Markt zu liberalisieren. Im Sinne einer asymmetrischen Regulierung, die dem marktbeherrschenden Unternehmen weit-reichendere Verpflichtungen als den nicht marktbeherrschenden auferlegt, sollen strukturelle Barrieren für den Markteintritt (wie hoher Kapitalbedarf oder kostenintensiver Zugang zum Kunden) überwunden und die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb geschaffen werden.

Die Anzahl der Konzessionsinhaber beweist eindrucksvoll, dass es der Telekom-Control in den letzten zwei Jahren gelungen ist, die Markteintrittshürden zu senken und die Rahmenbedingungen für einen effektiven Wettbewerb zu setzen. Der Erwerb einer Konzession scheitert keineswegs an ihren Kosten, weil die Telekom-Control im Sinne einer Marktförderung und Kostenorientierung gesetzeskonform nur eine Gebühr zur Abdeckung der ihr entstandenen Aufwendungen einhebt.

Die Konzessionsinhaber lassen sich anhand ihrer Marktstrategie drei Kategorien zuordnen:

1. Das marktbeherrschende Unternehmen
1998 und 1999 wurde der ehemalige Monopolist der festen Sprachtelefonie und der Mietleitungen (Telekom Austria) als marktbeherrschendes Unternehmen festgestellt. Der Telekom Austria kommt eine besondere Rolle zu, weil sie auf Grund ihres Marktanteils und ihrer Infrastruktur ohne Regulierung eine Marktmacht ausüben könnte, die für den Wettbewerb hinderlich wäre. Alle Netzbetreiber sind auf Grund der Vielzahl der an das Telekom-Austria-Netz angeschlossenen Kunden auf eben dieses Netz angewiesen. Wegen der ungleichen Verhandlungsmacht unterliegen die Benutzungsentgelte nicht dem freien Spiel der Märkte, sondern werden im Streitfall von der Regulierungsbehörde festgesetzt. Damit soll bereits von vornherein ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung unterbunden werden.

2. Die alternativen Teilnehmernetzbetreiber (TNB)
Die alternativen Teilnehmernetzbetreiber (TNB) verfügen über ein flächendeckendes oder regionales Netz mit Kunden, die direkt an ihr Netz angeschlossen sind. Sie verfügen meist über mehrere Zusammenschaltungspunkte mit der Telekom Austria, um Teilnehmer anderer Netze erreichen zu können. Diese Kategorie von Netzbetreibern ist meist bestrebt, ihre Infrastruktur stetig auszubauen und ein möglichst breites Sortiment an Diensten anzubieten. TNB sehen sich hohen Investitionen gegenüber, da sie bestehende Netze umrüsten oder neue aufbauen müssen. Daher finden sich unter den Eigentümern meist größere (ausländische) Unternehmen, die die notwendige Finanzkraft und das Know-how mitbringen. TNB investieren in die Infrastruktur und in den Zugang zum Kunden. Sie sind daher weniger auf das Netz des marktbeherrschenden Unternehmens angewiesen und folglich autonomer als die Verbindungsnetzbetreiber.

 

 

Der Eintritt in den Markt der TNB ist durch Barrieren wie hohen Kapitalbedarf und hohe Skalenerträge gekennzeichnet. Die Anzahl der TNB liegt daher deutlich unter jener der Verbindungsnetzbetreiber.

3. Die Verbindungsnetzbetreiber (VNB)
VNB benötigen für ihre Dienste die Infrastruktur eines oder mehrerer TNB, weil sie selbst keinen Zugang zum Endkunden besitzen. Sie nehmen Gespräche aus dem originierenden Netz auf und stellen sie wieder an das terminierende Netz zu, wobei beide Netze ident sein können. Dabei stellen die Kosten für die Nutzung der beiden Netze (Zusammenschaltungsentgelte) im Regelfall ihre Tarifuntergrenze dar.

Die Markteintrittsbarrieren liegen wesentlich niedriger als die eines TNB, weil VNB kein eigenes Zugangsnetz aufbauen, und mit deutlich geringeren Investitionen ihren Betrieb aufnehmen können. Den größten Kostenfaktor für diese Betreibergruppe stellen neben den Zusammenschaltungsentgelten Aufwendungen für Marketing dar, die notwendig sind, um potenzielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen.

Der Wettbewerb in diesem Segment hat sich für Kunden äußerst positiv entwickelt; in den beiden Jahren 1998 und 1999 waren die VNB die treibende Kraft für die rasche und signifikante Reduktion der Telefontarife. Zwar mussten ihre Kunden in Kauf nehmen, dass sie eine vierstellige "VNB-Kennziffer" vor der eigentlichen Rufnummer vorwählen und auch bei Ortsgesprächen noch zusätzlich die Ortsnetzkennzahl eingeben müssen, doch diese Umstände taten der Beliebtheit der VNB keinen Abbruch. Nicht zuletzt erzeugten die VNB durch niedrige Tarife auch Wettbewerbsdruck auf die Telekom Austria, die im September 1999 die Entgelte für Sprachtelefondienstleistungen deutlich senkte.

Auf Grund des großen Erfolgs stiegen nahezu alle TNB in den Markt der VNB ein und gaben diesem zusätzliche Impulse. Die Kunden der Telekom Austria ersparten sich (insbesondere bei Auslandsgesprächen) durch geschicktes Wahlverhalten 50% und mehr gegenüber den Telekom-Austria-Entgelten. Obwohl die TNB auch als VNB fungieren, können jene Kunden, die an einem alternativen Netz angeschlossen sind, nicht über VNB telefonieren. Diese Einschränkung könnte mittelfristig eine Hürde für den Wechsel des Betreibers sein. Bislang haben jedenfalls Telekom-Austria-Kunden auf Grund der asymmetrischen Regulierung (eine Verpflichtung zur Zulassung von Verbindungsnetzbetrieb besteht nur für marktbeherrschende Unternehmen) die Möglichkeit, einen VNB auszuwählen.

Innovative Dienste im Telekommunikationsmarkt wurden bisher nur bedingt realisiert. Die erste Phase der Marktliberalisierung zeichnet sich vielmehr durch das Anbieten eines vergleichsweise homogenen Produkts aus, wobei vereinzelt Versuche unternommen wurden, dieses Produkt mit Internet-Zugang oder Mobiltelefonie zu bündeln oder über die Tarife zu differenzieren. Da VNB auf die zu Grunde liegenden Trägerdienste keinen Einfluss haben, bleiben Servicierung, Abrechnung und Bündelung von Diensten die zentralen Gestaltungsparameter im Wettbewerb; dies sind Parameter, die in der Entscheidung des Kunden bislang nur geringe Beachtung finden, da der Wettbewerb im Wesentlichen über den Preis geführt wird. Versuche einer Differenzierung wurden daher vor allem über eine Segmentierung der Kunden vorgenommen.

Hierbei lassen sich zwei Hauptkategorien unterscheiden: Geschäftskunden und Privatkunden. Während Geschäftskunden fast ausschließlich tagsüber telefonieren, bevorzugen Privatkunden den Abend für ihre Gespräche. Daher halten alle Anbieter unterschiedliche Angebote für Geschäfts- und Privatkunden bereit.

Die Inhalte dieser Seite finden Sie in der Printversion auf den Seiten 95-96.
 
      IV.1.1.1.2 Marktentwicklung
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