IV.1.1.1.2 Marktentwicklung

 

   

Wie ausgeführt, ist Sprachtelefonie im engen Sinne ein an sich sehr homogenes Gut, das sich ohne Weiterentwicklung in Richtung Datenkommunikation kaum differenzieren lässt. Für einen Zustand, in dem das Gut von vielen Anbietern offeriert wird und eine gewisse Markttransparenz vorhanden ist, hat sich in der ökonomischen Fachliteratur der Begriff "vollkommene Konkurrenz" eingebürgert. Das zentrale Kriterium der Konsumentenentscheidung ist der Preis, der gegen das Minimum der langfristigen Durchschnittskosten tendiert; der Wettbewerb findet daher vorwiegend über den Preis statt.

Um diesem Zustand "vollkommener Konkurrenz" zu entgehen, trachten Betreiber daher danach, ihre Produktpalette zu verbreitern und in Richtung Datenkommunikation, Mehrwertdienste, Services etc. weiterzuentwickeln. Damit schaffen sie neue Märkte, auf denen sich gegebenenfalls höhere Gewinnspannen erzielen lassen.

Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur nennt im Wesentlichen drei Strategien, wie sich ein Unternehmen in Abhängigkeit von seiner Stellung auf Wettbewerbsmärkten behaupten kann:

1. Kostenführerschaft
Die Kostenführerschaft kennzeichnet diejenigen Betreiber, die im Preiswettbewerb bestehen können, weil sie auf Grund von Skalenerträgen, Verbundvorteilen, Integrationen und/oder besonderer Effizienz Kostenvorteile besitzen. Die Telekom Austria ist das beste Beispiel dafür: Ihr stehen auf Grund ihrer Unternehmensgröße, der Vielzahl ihrer angeschlossenen Kunden und ihrer Infrastruktur viele Möglichkeiten offen, um die Kostenführerschaft zu erlangen respektive zu behalten. Dagegen sprechen zwar derzeit noch Altlasten, die sie aber in den nächsten Jahren abgebaut haben sollte.

2. Produktdifferenzierung
Die Produktdifferenzierung hebt ein Unternehmen von den Konkurrenten ab, wobei mit Rücksicht auf das Marktpotenzial (Gefahr zu kleiner Nischenmärkte) vorzugehen ist. Diese Strategie wurde bisher noch von wenigen Betreibern verfolgt - innovative Lösungen sind noch selten. In den nächsten Jahren wird aber erwartet, dass diese Strategie sich auch im Telekommunikationssektor durchsetzen wird.

3. First-Mover-Advantage
Insbesondere in der Telekommunikation darf die Strategie des First-Mover-Advantage nicht unterschätzt werden. Das erste Unternehmen, das dem Kunden ein innovatives Produkt anbietet, profitiert von seinem Vorsprung, weil seine Mitbewerber erst nachziehen müssen und die gesamte Aufmerksamkeit der Medien auf dieses Unternehmen gelenkt ist. Daher setzen zunehmend Unternehmen auf innovative Dienstleistungen für Kunden, um dem Preiswettbewerb zu entgehen und sich von den Konkurrenten abzuheben.

Die Marktentwicklung in den letzten beiden Jahren hat gezeigt, dass zwar die Telekom Austria von allen Netzbetreibern als Hauptkonkurrent gesehen und immer wieder als Maßstab genommen wird, doch zunehmend verlagert sich der wettbewerbliche Fokus der Netzbetreiber auch auf ihre neuen Mitbewerber. Die alternativen Netzbetreiber stellen in sich keine homogene Gruppe mit gleichen Interessen dar. Vielmehr verfolgen die ANB Ziele und Strategien, die untereinander nicht immer kompatibel sind, wobei die Bruchlinie der Interessen vielfach entlang der Grenze VNB/TNB verläuft. Besonders deutlich ist dieser Umstand in den Anträgen zur Neufestsetzung der Zusammenschaltungsentgelte (Z 30/99) und in der Entscheidung zur Netzbetreibervorauswahl (Z 21/99) zu Tage getreten. Die stärkere Berücksichtigung der Mitbewerber legt den Schluss nahe, dass die ANB Marktanteilsgewinne nicht

 

 

nur auf Kosten der Telekom Austria, sondern zunehmend auch auf Kosten anderer ANB zu erreichen suchen. Während in den ersten zwei Jahren die Anzahl der "market player" kontinuierlich gewachsen ist, wird in den nächsten Jahren eine Konsolidierung im Sinne von Konzentration zu erwarten sein.

Der Erfolg von einzelnen Unternehmen an der Wiener Börse und die allgemein gute Stimmung der internationalen Börsen für Telekommunikationsaktien im Jahr 1999 veranlasste einige Unternehmen, einen Börsengang zu planen. Damit wird frisches Kapital für den österreichischen Telekommunikationsmarkt erwartet, das für Investitionen und Ausbau der Wettbewerbspositionen genutzt werden kann. Die Regulierungsbehörde begrüßt diese Entwicklung, weil die Finanzkraft der Unternehmen dadurch gestärkt wird; sie erwartet sich Investitionsleistungen in die Infrastruktur und in innovative Dienste, um den Standort Österreich aufzuwerten und um die notwendigen Voraussetzungen für hochmoderne Kommunikationsdienstleistungen zu Gunsten der Wirtschaft und der Konsumenten Österreichs zu schaffen.

IV.1.1.1.3 Marktdaten

Die Anzahl analoger Telefonanschlüsse (POTS) ging 1998 um 4% und 1999 um 8% zurück; gleichzeitig wurde eine Zunahme an ISDN-Anschlüssen - im Jahr 1998 um ca. 80%, 1999 um rund 50% - verzeichnet. Vom Jänner 1998 bis Dezember 1999 erhöhte sich der Anteil von ISDN-Anschlüssen (gemessen in 64 kbit/s Äquivalenten) an der Gesamtzahl aller Festnetzanschlüsse von 6% auf 18%, was nicht zuletzt auf intensive Vermarktungskampagnen der Telekom Austria zurückzuführen gewesen ist. Die Summe aus analogen und digitalen Anschlüssen blieb während der Berichtsperiode annähernd stabil um die 4 Millionen, wobei sich die Schwankungen im Zeitverlauf in einer engen Bandbreite bewegten. Gegen Ende des Jahres 1999 war ein leichter Rückgang festzustellen, der auf die zunehmende Substitution von Fest- durch Mobilanschlüsse (insbesondere bei Zweitwohnungsbesitzern) zurückzuführen gewesen sein dürfte.

Hinsichtlich der Umsätze aus Sprachtelefonie- Festnetz konnte im Jahre 1998 ein ansteigender Trend (+1,7%) vermerkt werden. Eine Entwicklung, die sich auch 1999 fortsetzte (+7,6%), wobei der deutliche Rückgang der Tarife durch ein entsprechendes Mengenwachstum mehr als kompensiert wurde (siehe Abbildung 11). Auf Basis der OECD Warenkörbe (vgl. IV.1.1.1.5) fielen die Preise 1999 um ca. 18,7%. Dies bedeutet insgesamt ein Mengenwachstum nach Bereinigung von Mehrfachzählungen von rund 20%. Wie zu erwarten war, sank der Marktanteil der Telekom Austria im Bereich der Sprachtelefonie kontinuierlich; dennoch verfügte Telekom Austria Ende 1998 über einen Anteil von mehr als 95%; auch 1999 setzte sich der Trend der Marktanteilsverluste der Telekom Austria fort; nach eigenen Angaben hält sie Ende 1999 bis 85% Marktanteil.

Abbildung 11: Umsatzentwicklung auf dem festen Sprachtelefoniemarkt

 

 

Die Inhalte dieser Seite finden Sie in der Printversion auf den Seiten 96-98
 
      IV.1.1.1.4Tarife 
   IV.1.1.1 Sprachtelefonie Festnetz Zum Seitenanfang IV.1.1.2 Mobiltelefonmarkt