Testbetrieb für digitales terrestrisches Fernsehen und interaktive MHP-Applikationen
Ein synergetisches Regelwerk verschiedener
Technologien und Prozesse

Gerade das Grazer Test-Projekt zeigt sehr anschaulich, wie einseitig die Konsumentensicht (zurecht) ist, wenn es darum geht, die wirklichen Hintergründe von Fernsehproduktion und erst recht von digitaler, interaktiver Fernsehproduktion darzustellen. Noch vor der Produktion, Darstellung oder inhaltlichen Befüllung von „Programm“ – das ja der eigentliche Grund dafür ist, dass Menschen das TV-Gerät überhaupt einschalten – muss zuerst einmal der technische Transport des TV-Signals sichergestellt sein. Im Falle terrestrischer Zubringung müssen dafür Sendeanlagen, Richtfunkstrecken, besondere Leitungsnetze aller Art installiert sein und verlässlich funktionieren – denn ohne sie geht gar nichts. In der digitalen TV-Welt müssen diese Anlagen – die größtenteils schon bestehen – natürlich den Anforderungen der neuen Übertragungstechnik entsprechend umgerüstet werden. Ob danach alles so funktioniert, wie es soll, ist wie bei allen neuen Technologien fraglich. Es sind also Experten vonnöten, die das ganze System so einrichten, dass die Signale auch so empfangen werden können, dass sie für alle TV-Konsumenten optimale Qualität bieten.

Inspiration, Irritation, Innovation

Das Angebot von digitalen und zusätzlich auch multimedial-interaktiven TV-Produkten kompliziert dieses Feinabstimmung einmal mehr. Während die logistische Abwicklung der Ausstrahlung von klassischen TV-Programmen den Fernsehtechnikern weltweit schon seit Jahrzehnten geläufig ist (digital und anolog unterscheiden sich hier nicht grundlegend), müssen sie bei der Abwicklung von ITV komplett neue Prozesse und Abläufe einplanen. Bewährte 08/15-Modelle gibt es dafür nicht. So gut wie alles muss selbst erfunden, implementiert, ausprobiert, getestet, wieder verworfen, ständig verbessert werden. Produktentwicklungen im MHP-Standard sind für TV-Macher in ganz Europa und weltweit Neuland. Zudem können auch die einzelnen MHP-Produkte – trotz Standardisierung – noch nach unterschiedlichen IT-Architekturen programmiert sein. Niemand weiß, wie die neuen Produkte sich verhalten, wie sie beim Zuseher – technisch gesehen – ankommen, bevor er es nicht probiert hat. Und dann noch die Frage der Endgeräte. Gegenwärtig ist keines, wie das andere. Die verschiedenen Hersteller gehen in der Entwicklung der Set-Top-Boxen am Beginn einer neuen Technologie meist eigene Wege. Nur weil alle Boxen angeblich MHP-konform sind, heißt das noch lange nicht, dass die Boxen im Einzelfall auch tatsächlich gleich oder zumindest ähnlich funktionieren.
Freilich muss dies erst jemand bemerken bzw. den technischen Beweis dafür erbringen oder – noch besser – eine Lösung für etwaige Inkompabilitäten vorschlagen, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden kann.