4.2.6.1 Kostenrechnung am Beispiel der Festlegung von Zusammenschaltungsentgelten

Die Zusammenschaltungsentgelte von marktbeherrschenden Telekommunikationsunternehmen haben sich nach den einschlägigen Bestimmungen an den Kosten zu orientieren, wobei der Standard der FL-LRAIC zur Anwendung kommt. Die Kostenrechnungssysteme der marktbeherrschenden Unternehmen sind demzufolge auf Basis der zukunftsorientierten langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten entsprechend einer aktivitätsorientierten (verursachungsgerechten) Kostenzurechnung zu gestalten.

Mit diesem Kostenrechnungsansatz sollen jene Preise (Wettbewerbspreise) ermittelt werden, die sich (erst später) bei intensivem Wettbewerb in dem betreffenden Markt etablieren würden. Der Ansatz geht daher von einer langfristigen Perspektive aus. Aufgrund dieser langfristigen Betrachtungsweise werden auch solche Kosten, die üblicherweise als Fixkosten (wie z. B. Abschreibungen von Netzbestandteilen) oder Kosten der allgemeinen Verwaltung bezeichnet werden, als variabel angenommen, da diese Kapazitätskosten langfristig anpassbar sind. Es erfolgt daher keine Trennung in fixe und variable Kosten, somit bekommt der verfolgte Ansatz Vollkostencharakter, bei dem alle von der Zusammenschaltung verursachten Kosten Berücksichtigung finden.

Daraus ergibt sich, dass auch die für die Finanzierung von Neuinvestitionen notwendigen Abschreibungen im FL-LRAIC-Ansatz inkludiert sind. Selbstverständlich ist auch eine angemessene Kapitalverzinsung unter Berücksichtigung des Risikos vorzusehen. Die Investitionen werden in diesem Konzept nicht mit den historischen Anschaffungskosten sondern mit Wiederbeschaffungskosten gemäß dem "Modern Equivalent Asset"-Ansatz (MEA) bewertet.

 

 

 



Damit ist gewährleistet, dass zukünftige Investitionen in neue – dem aktuellen technischen Standard entsprechende – Infrastruktur auch tatsächlich durchgeführt werden können. Diese Investitionen in moderne Infrastruktur bewirken auch, dass die mit dem Betrieb und der Wartung zusammenhängenden Kosten in Zukunft niedriger ausfallen werden, da beispielsweise Einstellungen an einem System zentral vorgenommen werden können und somit "wartungsfreundlicher" sind.

Eine weitere bedeutende Einflussgröße für die Kosten ist die Abschreibungsdauer der Investitionen. Grundlage für die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibung ist nicht die finanzbuchhalterische Abschreibungsdauer einer Investition sondern die tatsächliche ökonomische (technische) Nutzungsdauer. Im Gegensatz zur Finanzbuchhaltung wird auch eine Anlage mit einem Restbuchwert von 0 (buchhalterisch vollständig abgeschrieben) – wenn sie weiter genutzt wird – zu Wiederbeschaffungspreisen bewertet und in den Kosten berücksichtigt.

Um eine möglichst starke Position im Wettbewerb zu haben, würde ein Anbieter in Zukunft die ökonomisch effizienteste Technologie bzw. die effizienteste Netztopologie einsetzen.
Der FL-LRAIC-Kostenrechnungsansatz geht daher von einem effizienten Netz und von einem effizienten Betrieb desselben aus. Ineffizienzen und Altlasten des marktbeherrschenden Betreibers können daher in Zusammenschaltungsentgelten keine Berücksichtigung finden, andernfalls hätten andere Betreiber diese Ineffizienzen zu subventionieren. Es wird somit auch für das marktbeherrschende Unternehmen ein Anreiz geschaffen, in effiziente Technologie zu investieren.

       
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