6.2.5.2 Öffentliche Mobilfunksysteme

In Österreich waren im Berichtszeitraum neben öffentlichen Bündelfunknetzen (PAMR, Public Access Mobil Radio, im digitalen Bereich ist der europäische ETSI-Standard TETRA), die im betrieblichen Bereich bzw. von Behörden genutzt werden, folgende öffentliche Mobilfunknetze in Betrieb bzw. in Vorbereitung:

  • Vier GSM-Netze (die Netze von Mobilkom,
    T-Mobile, Connect und tele.ring) mit digitaler Sprachübertragung auf der Luftschnittstelle.
  • Ein Mobilfunknetz (das D-Netz der Mobilkom) mit analoger Sprachübertragung auf der Funkschnittstelle; dieses analoge Netz wurde mit Ende Februar 2002 eingestellt.
  • Sechs UMTS-Netze in Vorbereitung (die Netze von Mobilkom, T-Mobile, Connect, Mannesmann, 3G Mobile und Hutchison).

Jedes der operativen Netze verfügt über eine eigenständige Infrastruktur, die sich über das gesamte österreichische Bundesgebiet erstreckt. Gesprächsverbindungen innerhalb eines Netzes können somit ohne Inanspruchnahme von Dienstleistungen anderer Netze realisiert werden. Um Gesprächsverbindungen zu anderen Netzen zu ermöglichen, sind einige Vermittlungsstellen jedes dieser Netze mit anderen Fest- und/oder Mobilfunknetzen zusammengeschaltet.

Die Infrastruktur eines öffentlichen Mobilkommunikationssystems setzt sich im Wesentlichen aus folgenden Bestandteilen zusammen:

Zugangsnetz:

  • Basisstationen (BTS - Base Transceiver Station),
  • Base Station Controller (Steuereinheiten für Gruppen von Basisstationen),
  • Verbindungen zwischen diesen Netzkomponenten.
Transportnetz (Kernnetz):
  • Mobile Switching Center (Schaltzentralen bzw. Vermittlungsstellen),
  • Verbindungen zwischen diesen Netzkomponenten.

Ein klassischer Mobilnetzbetreiber betreibt sowohl ein Zugangsnetz (das heißt, er nutzt Funkfrequenzen) als auch das Kernnetz. Alternativ dazu betreibt ein "Mobile Virtual Network Operator" (MVNO) nur ein Kernnetz, das Zugangsnetz wird von einem anderen Netzbetreiber zur Verfügung gestellt. Abgehende und ankommende Gespräche eines Kunden mit einer SIM-Karte des MVNO werden immer über die Vermittlungsstellen des MVNO geführt.

Die Verbindungen zwischen den oben genannten Netzkomponenten im Zugangs- bzw. Kernnetz werden mit eigenen Leitungen der Netzbetreiber, Mietleitungen oder mittels Richtfunk realisiert.

Sowohl im GSM als auch in den ersten beiden Releases von UMTS (Release 99 und Release 4) wird Sprache leitungsvermittelt übertragen, mit dem Release 5 wird mit dem Session Initialization Protocol (SIP) Voice over IP (VoIP) eingeführt.

Die Basisstationen bestehen aus Antennen, die meist auf Masten oder Hausdächern montiert sind, und Schaltschränken, welche die zugehörigen übertragungstechnischen Einrichtungen enthalten. Die Verbindung zu den Mobilfunkgeräten wird über die Basisstationen mittels Funkübertragung hergestellt. Die Reichweite einer Basisstation beträgt zwischen ca. 100 m und mehreren 10 km. Um eine Versorgung in Österreich sicherzustellen, sind für einen Betreiber mindestens 2.000-3.000 Basisstationen erforderlich. In dicht verbauten Gebieten, in denen ein Betreiber ein sehr hohes Verkehrsaufkommen bewältigen muss, das heißt, in Bereichen, in denen sehr viel telefoniert wird, müssen zusätzlich zu den für eine prinzipielle Versorgung erforderlichen Basisstationen weitere errichtet werden. Dies sind häufig so genannte Mikrozellen, die kleine Antennen benutzen, welche nur einige Meter über Straßenniveau an Häusern montiert werden. Mikrozellen versorgen ein Gebiet von einigen Hundert Metern Durchmesser und kommen in urbanen Ballungsräumen zum Einsatz.

Jeweils einige Dutzend Basisstationen sind an einen Base Station Controller angeschlossen, dem die logische Steuerung dieser Basisstationen obliegt. Diese Verbindungen sind durch Mietleitungen oder mittels Richtfunkstrecken realisiert.

Mehrere Basisstations-Steuereinheiten sind wiederum zusammengefasst und an Vermittlungsstellen angeschlossen. Jeder der GSM-Betreiber verfügt über etwa zehn bis 20 Vermittlungsstellen (Mobile Switching Center, MSC).

 

 

Datenbanken (Home Location Registers, HLR), die in jedem Mobilnetz vorhanden sind, kennen den ungefähren Aufenthaltsort jedes Teilnehmers, ankommende Gespräche werden im Bereich jener Basisstationen, in denen sich der Teilnehmer aufhält ("location area"), signalisiert.

Man unterscheidet dabei zwischen dem HLR, in dem die Aufenthaltsdaten für die der betreffenden MSC zugeordneten Teilnehmer gespeichert sind, und dem Visitor Location Register (VLR), wo Daten für Teilnehmer aus anderen MSC-Bereichen gespeichert sind. Sind diese "Besucher" Teilnehmer eines anderen Netzes, so spricht man von roamenden Teilnehmern bzw. von Roaming.

In Österreich gibt es derzeit nur Roaming zwischen den Netzen verschiedener Länder, mit der Einführung von UMTS besteht auch die Möglichkeit innerhalb des Landes zwischen den UMTS- und GSM-Netzen zu roamen ("national roaming").

Für öffentliche Mobilfunksysteme - wie das digitale GSM - sind in Frequenznutzungsplänen eigene Frequenzbereiche festgelegt. Teile dieses Frequenzbereichs werden Mobilfunkbetreibern zugeteilt, denen somit unterschiedliche Frequenzbereiche zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung stehen. Der bei GSM eingesetzte Frequenzbereich liegt bei 900 MHz (GSM 900) bzw. bei 1800 MHz (GSM 1800; ältere Bezeichnung DCS 1800). Neben der Sprachtelefonie, die den weitaus größten Teil des Verkehrsaufkommens bildet, werden von den Betreibern leitungsvermittelte Datendienste mit Übertragungsraten bis zu 9,6 kbit/s angeboten. Bei der moderneren Variante HSCSD (High Speed Circuit Switched Data, in Österreich bei einem Betreiber verfügbar) werden bis zu 57,6 kbit/s bei vier gebündelten Zeitschlitzen erreicht.

Die leitungsvermittelten Datendienste werden zunehmend durch paketorientierte Datendienste (General Packet Radio Service, GPRS) ersetzt.

Bei GRPS wird der Funkkanal nur bei einer aktiven Datenübertragung belegt, damit werden einerseits die knappen Frequenzressourcen besser ausgenutzt. Die Verrechnung kann anhand der übertragenen Datenmenge - unabhängig von der Online-Zeit - erfolgen.

GPRS wird auch die Grundlage für die Datenübertragung von UMTS bilden, dort allerdings mit einer deutlich höheren Übertragungsrate (ca. 384 kbit/s) und geringerer Verzögerung als bei GSM. Die für UMTS oft angegebenen 2 Mbit/s werden in der Praxis der ersten Generation nur sehr selten anzutreffen sein.

Neben dem weltweit sehr weit verbreiteten GSM sind in einigen Ländern noch Mobilfunknetze mit analoger Sprachübertragung auf der Luftschnittstelle, wie in Österreich das Ende Februar 2002 eingestellte D-Netz (900-MHz-Frequenzbereich), in Betrieb. Diese Netze können als Vorgänger von GSM gesehen werden und bieten eingeschränkte Funktionalitäten. So sind z.B. Datenübertragung und Kurznachrichtendienste (SMS) nur beschränkt verfügbar.

Auch Satellitensysteme wie INMARSAT werden für Mobilkommunikation eingesetzt. INMARSAT benutzt geostationäre Satelliten in einer Höhe von ca. 36.000 km und ermöglicht damit Kommunikation an fast jedem Punkt der Erde. Funkverbindung besteht zwischen dem Mobilfunkgerät, das wesentlich größer ist als ein übliches GSM-Gerät, und einem Satelliten. Die Kapazität, d.h. die Anzahl der Teilnehmer pro Quadratkilometer, die versorgt werden können, ist bei Satellitensystemen wesentlich geringer als bei GSM. Systeme mit niedrigen Umlaufbahnen (LEO-, MEO-Systeme) sind in Entwicklung bzw. konnten sich bisher auf dem Markt nicht durchsetzen (z.B. Iridium, Globalstar).

Funkrufsysteme (Paging-Systeme) ermöglichen lediglich das Senden einer Nachricht zum Teilnehmer und werden zusehends durch GSM ersetzt.

Neben den bisher beschriebenen Systemen, die sowohl von Privatkunden als auch Geschäftskunden genutzt werden, existieren Systeme, die speziell an die Kommunikationsbedürfnisse von Betrieben und Unternehmen angepasst sind. Diese digitalen Bündelfunksysteme funktionieren ähnlich wie GSM, ermöglichen jedoch umfangreichere Gruppenkommunikation und einen sehr schnellen Rufaufbau. Benutzer solcher Systeme können beispielsweise Polizei, Feuerwehr, Rettung, Bau- oder Taxiunternehmen sein. Der von ETSI festgelegte Standard für digitale Bündelfunksysteme ist TETRA. TETRA benützt Frequenzkanäle mit einer Bandbreite von 25 kHz. Bisher wurden in Österreich von den jeweiligen Organisationen eigene (Bündel-)Funknetze errichtet. In Österreich werden für TETRA Frequenzen um 400 MHz benutzt.

Abb. 102 gibt einen Überblick über die Frequenzbänder für GSM 900, GSM 1800, DECT und UMTS.

Abb. 102: Frequenzbereiche für Mobilfunk
     
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