6.2.4.4 Netzübergreifende Verbindungen: Zusammenschaltung

Um Teilnehmern, die an verschiedenen nationalen Netzen angeschaltet sind, die Kommunikation miteinander zu ermöglichen, müssen die nationalen Netze miteinander verbunden werden. Die Realisierung einer solchen nationalen "Zusammenschaltung" erfolgt technisch analog zu internationalen Anbindungen, wo die Betreiber der betreffenden Länder große Vermittlungsstellen ("Auslandsvermittlungsstellen") der jeweiligen Netze auf der Basis einschlägiger technischer Normen3 u.a. der ITU oder ETSI miteinander verbinden.

Die Netze der verschiedenen nationalen Netzbetreiber werden an definierten Orten, die als Netzübergabepunkte (NÜP) bzw. Point of Interconnection (PoI) bezeichnet werden, miteinander verbunden. Die Standardlösung ("end of span" Variante) für die Zusammenschaltungsleitung zwischen den Netzen ("joining link") sieht am NÜP eine elektrische Kopplung mittels
2-Mbit/s-Übertragungssystemen (PCM30) vor. Bei Zusammenschaltungen mit dem Netz der Telekom Austria realisiert in der Regel die Telekom Austria die Zusammenschaltungsverbindung bis zum vorgesehenen NÜP im Netz des Zusammenschaltungspartners. Für Netzbetreiber, die über eine entsprechende Glasfaserinfrastruktur verfügen, ist auch eine Zusammenschaltungsmöglichkeit auf optischer Ebene vorgesehen ("in-span"- Variante).

Auch bei der Zusammenschaltung zweier Vermittlungsstellen in unterschiedlichen Netzen ist zwischen der Kopplung auf der Nutzkanal- und der Signalisierungsebene zu unterscheiden. Diesbezüglich gelten die grundsätzlichen Ausführungen des allgemeinen Kapitels über das Kernnetz. Hinsichtlich der Zusammenschaltung mit dem Netz der Telekom Austria im Signalisierungsnetz werden von der Telekom Austria aufgrund des Verkehrsumfanges zwei STP-Paare eingesetzt: Das STP-Paar West mit den STP in Salzburg und Graz sowie das STP-Paar Ost mit den STP in Wien Arsenal und Wien Schillerplatz.

Eine Belastung der netzübergreifenden Signalisierungsnetzkapazitäten stellen die zuletzt enormen Verkehrszuwächse der SMS-Dienste dar. SMS zwischen Teilnehmern unterschiedlicher Mobilnetze werden derzeit über das Signalisierungsnetz der Telekom Austria transitiert.

Das Signalisierungsnetz, das grundsätzlich für die Übertragung netzinterner Nachrichten zur Steuerung von Verbindungen im Nutzkanalnetz zwischen den Vermittlungsstellen konzipiert wurde, dient dem SMS-Dienst nämlich als kombiniertes Nutzkanal-/Signalisierungsnetz. Der entsprechende Kapazitätsbedarf ist entsprechend schwer kalkulierbar - gegebenenfalls wäre diesbezüglich eine direkte Zusammenschaltung der mobilen Netze als Abhilfe möglich.

Im Folgenden werden kurz grundlegende Routingmechanismen zusammengefasst, die nicht zuletzt für verschiedene Aspekte im Bereich der Zusammenschaltung relevant sind:

Ein Verbindungsaufbau beginnt in der Regel mit der Wahl der einzelnen Ziffern der Rufnummer (Rufnummer des "B-Teilnehmers") durch den rufenden Teilnehmer ("A-Teilnehmer"). Diese Wahl kann durch unabhängige Übertragung der Ziffern auf der Teilnehmeranschlussleitung erfolgen ("overlap sending") oder durch Übertragung der kompletten Rufnummer in einer Nachricht ("en bloc sending").

 

 


Letzteres erfordert technisch einen eigenen Datenkanal zwischen dem Endgerät und der Vermittlungsstelle, wie dies beispielsweise bei ISDN oder im digitalen Mobilfunk der Fall ist. Während es bei ISDN letztlich eine Frage der vom Teilnehmer genutzten Endgerätekonfiguration ist, wird beim (GSM-)Mobilfunk aufgrund der effizienteren Nutzung der knappen Ressource Funkkanal grundsätzlich Blockwahl verwendet - nach Eintippen aller Ziffern wird bekanntlich die En-Bloc-Aussendung erst durch Betätigen der "Wahltaste" am Mobiltelefon ausgelöst.

In der ersten Vermittlungsstelle ("Teilnehmervermittlungsstelle") werden die empfangenen Wahlziffern bewertet. Wenn aufgrund der eingetroffenen Ziffern klar ist, dass die Verbindung den Teilnehmerbereich der Vermittlungsstelle verlässt, wird die Verbindung (der Nutzkanal) zur nächsten Vermittlungsstelle, die aufgrund der empfangenen Wahlziffern ausgewählt wurde, unter Nutzung der vorhandenen 2-Mbit/s-Verbindungsleitungen mittels des ZGV7 Protokolls aufgebaut.

Gegebenenfalls wird eine Verbindung über mehrere zwischengeschaltete Vermittlungsstellen in Teilschritten von Vermittlungsstelle zu Vermittlungsstelle weiter aufgebaut. In den Signalisierungsnachrichten wird dabei jeweils jene Vermittlungsstelle als Ziel eingetragen, zu der die Nutzkanalverbindung aufgebaut wird. Festzuhalten ist also, dass während des Verbindungsaufbaues nicht nur das Signalisierungsnetz (Leistungskapazität und die Rechnerkapazitäten innerhalb der Vermittlungsstellen) genutzt wird, sondern dass auch im Nutzkanalnetz die entsprechenden Ressourcen auf den Leitungen und in den Vermittlungsstellen reserviert werden. Sollte der Verbindungsaufbau letztlich scheitern, z.B. weil der B-Teilnehmer besetzt ist, so wird der gesamte aufgebaute Nutzkanalweg in umgekehrter Richtung in Teilschritten wieder abgebaut.

Während in der ersten Phase der Liberalisierung die nationale Zusammenschaltung mit der Telekom Austria nur an den HVSt möglich war, geschieht dies in zunehmendem Maß auch an den lokalen Vermittlungsstellen ("niedere Netzebene"). Dies ermöglicht den neuen Netzbetreibern eine "zielnahe" Übergabe von Telefonverkehr ins Netz der Telekom Austria (das heißt in der Nähe des gerufenen Teilnehmers) bzw. eine entsprechend ursprungsnahe Übernahme von (Verbindungsnetz)-Verkehr aus dem Netz der Telekom Austria mit der Konsequenz entsprechend niedrigerer Zusammenschaltungsentgelte. Das wiederum kommt den Endkunden in Form sinkender Telefontarife zugute.

Ende 2000 wurde von der Telekom Austria ein Ausbauplan hinsichtlich der Zusammenschaltungspunkte auf niederer Netzebene und der Erreichbarkeit aller österreichischen Ortsnetze vorgestellt. Im Endausbau Ende des ersten Quartals 2002 werden etwa 40 Vermittlungsstellen alle Ortsnetze abdecken. Am Ende des Berichtszeitraumes waren etwa 90 % dieser Vermittlungsstellen für Zusammenschaltung adaptiert und knapp 80 % der österreichischen Teilnehmer konnten mittels Zusammenschaltung auf niederer Netzebene erreicht werden.

     
3 Das wichtigste Kommunikationsprotokoll bei der Zusammenschaltung internationaler wie nationaler Netze ist das "ZGV7" (Zentrales Zeichengabeverfahren Nr. 7) der ITU.
         
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