Trusted Flaggers (dt. vertrauenswürdige Hinweisgeber) sind Organisationen, die Expertise im Umgang mit bestimmten rechtswidrigen Inhalten (z.B. im Bereich Hate Speech, Urheberrecht, o.ä.) mitbringen und deren Meldungen rechtswidriger Inhalte auf Online-Plattformen bevorzugt behandelt werden müssen.
Aktuell sind in Österreich sechs Trusted Flagger durch die KommAustria als DSC für Österreich zertifiziert. Diese sind:
Eine Liste aller in Europa zertifizierter Trusted Flagger finden Sie auf der Seite der Europäischen Kommission
Der Digital Services Act (DSA) definiert Trusted Flagger als Institutionen, die besondere Sachkenntnis und Kompetenz bei der Erkennung, Feststellung und Meldung rechtswidriger Inhalte nachweisen. Diese Institutionen müssen unabhängig von Anbietern von Online-Plattformen sein und ihre Tätigkeit – das Melden rechtswidriger Sachverhalte – sorgfältig, genau und objektiv ausüben. Organisationen, die diese Voraussetzungen erfüllen und über entsprechende Erfahrung verfügen, können vom Koordinator für digitale Dienste (Digital Services Coordinator, DSC) das Recht erhalten, dass ihre Meldungen über rechtswidrige Inhalte von den Plattformen bevorzugt, unverzüglich bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden. Das Konzept der Trusted Flagger ist nicht neu; große Plattformen arbeiten bereits seit längerem mit unabhängigen Organisationen zusammen, um bestimmte illegale Inhalte zu melden. Die gesetzliche Verankerung durch die Europäische Union stellt einen Schritt dar, um den Schutz vor illegalen Inhalten mit der Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen.
Der DSA verpflichtet Hostingdienstanbieter, nutzerfreundliche Meldeverfahren für Inhalte einzurichten, die als rechtswidrig eingestuft werden. Angesichts der hohen Nutzerzahlen populärer Online-Plattformen und der großen Menge verbreiteter Inhalte kann dies zu einer erheblichen Anzahl von Meldungen führen, die von den Plattformen geprüft werden müssen. Obwohl gemeldete rechtswidrige Inhalte unverzüglich zu löschen sind, kann es zeitlich verzögert zur Entfernung kommen. Um die Verbreitung rechtswidriger Inhalte schnell zu unterbinden, müssen Meldungen von zertifizierten Trusted Flaggers – also Institutionen mit nachweislicher Erfahrung und Kompetenz bei der Erkennung und Meldung schädlicher Inhalte – von den Plattformen vorrangig behandelt und entschieden werden.
Ein Trusted Flagger, der in einem Mitgliedstaat von einem DSC zertifiziert wurde, kann grundsätzlich alle Arten rechtswidriger Inhalte melden, nicht nur solche in seinem spezifischen Tätigkeitsbereich. Außerdem kann sich jeder Nutzer in der EU an ihn wenden.Aufgrund ihrer Erfahrung in bestimmten Bereichen können Trusted Flagger Meldungen von Nutzern sachgerecht und schnell bearbeiten. Durch ihr Fachwissen können sie Nutzer beraten, ob ein Sachverhalt gegen nationales oder europäisches Recht verstößt. Sie fungieren somit als eine Art Interessenvertretung für Nutzer. Dies hilft sowohl Betroffenen als auch den Plattformen, da die Effizienz bei der Entfernung rechtswidriger Inhalte gesteigert wird.
Wichtig ist, dass auch bei einer Einschätzung des Trusted Flaggers, dass kein Rechtsverstoß vorliegt, die Möglichkeit für den betroffenen Nutzer, den Inhalt direkt bei der Plattform zu melden, sowie die Verpflichtung der Plattform, jede Meldung zu prüfen, eine Ablehnung zu begründen und gegebenenfalls den Inhalt zu entfernen, unverändert bestehen bleibt. Zertifizierte Trusted Flagger veröffentlichen zudem jährliche Berichte über ihre erstatteten Meldungen.
Grundsätzlich kann jede in Österreich ansässige Stelle, die über Fachwissen zu bestimmten Arten illegaler Inhalte verfügt, einen Antrag auf diesen Status stellen. Der Status als zertifizierter Trusted Flagger wird gemäß Artikel 21 DSA auf Antrag durch den DSC (Koordinator für Digitale Dienste) des Mitgliedstaates, in dem die antragstellende Organisation ihren Sitz hat, zuerkannt. Die Organisation muss dabei nachweisen, dass sie besondere Sachkenntnis und Kompetenz in Bezug auf die Erkennung, Feststellung und Meldung rechtswidriger Inhalte besitzt, unabhängig von jeglichen Anbietern von Online-Plattformen ist und ihre Tätigkeit zur Übermittlung von Meldungen sorgfältig, genau und objektiv ausübt.
Nein. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Es garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie den freien Zugang zu Informationen und Ideen ohne unzulässige Eingriffe staatlicher Stellen. Dieses Grundrecht wird weder durch Trusted Flagger noch durch andere Institutionen beeinträchtigt. Die Meldungen beziehen sich ausschließlich auf Inhalte, die auch außerhalb des digitalen Raums rechtswidrig wären. Es werden keine neuen Rechtsgrundlagen geschaffen. Trusted Flagger tragen somit dazu bei, dass der digitale Raum ein Ort bleibt, an dem jeder seine Meinung äußern kann, ohne strafbaren Beleidigungen oder Bedrohungen ausgesetzt zu sein, und schützen damit die Meinungsfreiheit. Weder Trusted Flagger noch der DSC entscheiden darüber, welche Inhalte tatsächlich von den Plattformen entfernt werden oder welche Äußerungen rechtswidrig sind. Die Plattformen müssen eigenverantwortlich entscheiden, ob eine Meldung durch einen Trusted Flagger einen rechtswidrigen Inhalt betrifft oder nicht. Es handelt sich lediglich um eine Professionalisierung des Meldewesens durch in bestimmten Bereichen erfahrene Organisationen. Plattformen können daher auch zu dem Ergebnis kommen, dass eine Meldung nicht rechtswidrig ist und keine Löschung erfolgt. Sie verlieren in diesem Fall allenfalls ihr Haftungsprivileg (d.h., sie sind grundsätzlich nicht verantwortlich für rechtswidrige Inhalte, die über ihre Dienste verbreitet werden, es sei denn, sie haben davon Kenntnis – wie durch eine Trusted-Flagger-Meldung). Trusted Flagger suchen in der Regel auch nicht aktiv nach rechtswidrigen Inhalten, sondern werden meist aufgrund von Nutzerbeschwerden tätig.
Hassreden auf digitalen Plattformen stellen nicht zwangsläufig illegale Inhalte dar, können aber gegen die Nutzungsbedingungen der Plattformen verstoßen und daher entfernt werden. Die Entscheidung darüber, welche Inhalte gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, liegt bei der jeweiligen Plattform. Der DSA verpflichtet Plattformen, diese Kriterien in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar und für Nutzer erkennbar darzulegen. Nutzer müssen über die Löschung begründet informiert werden und die Möglichkeit haben, sich bei der Plattform dagegen zu beschweren. Zusätzlich sind Plattformen nach dem DSA verpflichtet, Inhalte zu entfernen, die gegen geltendes Recht verstoßen.
Die Grenze zwischen Meinungsäußerung und strafbaren Äußerungen ist gesetzlich klar geregelt. In Österreich werden auf Basis geltender Rechtsgrundlagen Äußerungen, die den Tatbestand der Verhetzung erfüllen, als strafbar eingestuft. Hierzu zählen insbesondere Beschimpfungen (§ 283 Abs. 1 Z 2 StGB), Aufrufe zu Gewalt oder Hass (§ 283 Abs. 1 Z 1 StGB), das Leugnen von Völkermorden (§ 283 Abs. 1 Z 3 StGB), das öffentliche Verfügbarmachen von verhetzendem Material (§ 283 Abs. 4 StGB) sowie Strafdrohungen (§ 283 Abs. 1 StGB). Entscheidend ist, dass Äußerungen, die in diese Kategorien fallen, bereits lange vor dem DSA strafbar waren und sich die Strafbarkeit nicht auf den digitalen Raum beschränkt.
Der DSA garantiert mehrere Mechanismen, die sicherstellen, dass Inhalte nicht willkürlich entfernt werden und Nutzer die Möglichkeit haben, eine ungerechtfertigte Entfernung anzufechten. Online-Plattformen sind verpflichtet, Sperrungen und Entfernungen zu begründen. Nutzer haben das Recht, sich zunächst über das interne Beschwerdemanagement der Plattform gegen die Löschung zu wenden.
Wenn eine Beschwerde bei einer Online-Plattform mit den Mitteln des internen Beschwerdemanagements nicht gelöst werden kann oder wenn der Nutzer eine Entscheidung der Plattform erhält, wonach er rechtswidrige Inhalte bereitgestellt oder gegen die AGB verstoßen hat, besteht das Recht, sich an eine zertifizierte Streitbeilegungsstelle zu wenden. In Österreich kann man sich in solchen Fällen an die zertifizierte Beschwerdestelle der RTR wenden.