Bundesverwaltungsgericht: Kommunikationsplattformen-Gesetz steht mit EU-Recht im Einklang

Titel Erkenntnis des BVwGs zu KoplG Feststellungsverfahren

Seit dem 1.1.2021 ist in Österreich das Kommunikationsplattformengesetz (KoPl-G) für große soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube, Twitter oder TikTok in Kraft. Zentral geht es darin um den Umgang mit Meldungen von NutzerInnen, die behaupten, ein Inhalt auf der Plattform erfülle einen aufgelisteten Tatbestand des österreichischen Strafrechts. Das kann beispielsweise eine Beleidigung oder eine Drohung aber auch Verhetzung und nationalsozialistische Wiederbetätigung sein. 

All das ist auch im "analogen Leben" strafbar. Vereinfacht gesagt: was im analogen Leben illegal ist, soll auch nicht auf einer Plattform stattfinden dürfen. Natürlich konnte man schon bereits vor Geltung des KoPl-G straf- und zivilrechtlich gegen illegale Postings vorgehen. Das Internet ist schließlich kein rechtsfreier Raum. Der erhebliche Unterschied zwischen Straftaten, die in der "echten Welt" begangen werden und jenen in der Datenwelt, ist die effektive Rechtsdurchsetzung. Oft war und ist es schwierig oder unmöglich, die TäterInnen im Internet auszuforschen. Bestehenden Verpflichtungen zur Löschung sind Plattformunternehmen oftmals nicht in zufriedenstellender Weise nachgekommen. Für in ihren Rechten verletzte NutzerInnen ist der Rechtsweg häufig mit hohen Kosten und einem unsicheren Ausgang verbunden. Verzichteten NutzerInnen auf den gerichtlichen Weg, waren sie in der Behandlung ihres Anliegens faktisch auf den guten Willen der Plattformen angewiesen. Das KoPl-G adressiert dieses Problem.

Drei internationale Plattformunternehmen waren jedoch der Ansicht, nicht von dem Gesetz betroffen zu sein und klagten. Nicht weil das Problem illegaler Inhalte und des Hasses im Netz nicht real wären oder weil sie bestritten, funktionell betrachtet Kommunikationsplattformen zu sein, sondern weil das KoPl-G ihrer Ansicht nach gegen das Herkunftslandprinzip, einem Eckpfeiler in der Regulierung digitaler Dienste in Europa, und gegen Grundrechte der Plattformbetreiber verstoße. Das Herkunftslandprinzip besagt, dass ein EU-Land, in dem ein Dienst genutzt wird, keine strengeren Regeln vorschreiben darf, als das EU-Land von dem aus es Angeboten wird. Aber genau das geschähe mit dem KoPl-G.

Daher beantragten die Internetplattformen bei der zuständigen KommAustria per Bescheid festzustellen, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des KoPl-G fallen. Die Behörde war jedoch gegenteiliger Ansicht. Dagegen beschwerten sich die DiensteanbieterInnen beim Bundesverwaltungsgericht, das am 29. September über die Beschwerden entschied.

Der RichterInnen-Senat stellte eine Vereinbarkeit des KoPl-G mit dem Unionsrecht fest und beschäftigte sich aufgrund des Sitzes der beschwerdeführenden Unternehmen im EU-Ausland insbesondere mit der E-Commerce-Richtlinie sowie der EU-Grundrechts-Charta. Demnach gelte das Herkunftslandprinzip nicht uneingeschränkt, so das Gericht. Unter bestimmten Bedingungen sei eine Einschränkung des Herkunftslandprinzips zulässig und ein Mitgliedstaat könne eine abweichende Maßnahme ergreifen. Das KoPl-G stelle nur den gesetzlichen Rahmen dar, sei aber keine Maßnahme an sich und unterliege damit noch nicht den laut der E-Commerce-Richtlinie erforderlichen unionsrechtlichen Meldevorgängen. Diese wären jedoch im Fall der Erlassung von Strafen durch die KommAustria notwendig, wenn sich die Unternehmen etwa nicht an die Vorschriften des KoPl-G halten.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig, weil es von dort bisher noch keine Entscheidung zur Frage der Vereinbarkeit des KoPl-G mit den Bestimmungen der E-Commerce-Richtlinie und der AVMD-Richtlinie gibt.