(Klaus M. Steinmaurer)
Auch dieses Jahr war von 03.03.2025 bis 05.03.2025 für Stefan Felder und mich Barcelona angesagt. Und wieder einmal haben wir von dieser schönen Stadt fast nichts mitbekommen. Denn wie schon in den Jahren zuvor waren wir nicht zum Sightseeing dort, sondern um uns schlau zu machen, was es wieder so Neues im Bereich mobiler Technologien gibt und natürlich auch, um am gemeinsamen Schaulaufen von Industrievertretung, nationalen Regulierern und der Politik aus Brüssel, den USA und sonst wo in der Welt mitzumachen.
Noch stärker als letztes Jahr dominierte das Schlagwort KI (oder besser AI) die Messe. Ich kann mich an keinen Aussteller erinnern, der nicht irgendwo von seinen großartigen KI-Features gesprochen hat.
Wie war es eigentlich möglich, ohne KI zu überleben?
Um etwas ernster an die Sache heranzugehen, darf ich in diesem Zusammenhang folgendes feststellen. Es ist immer eine Frage der Definition. Gerade bei KI ist das besonders auffällig. Nicht selten sehen wir nämlich alte Hüte mit neuem Namen. Was vor fünf Jahren noch als die Big Data Revolution, das ultimative Cloud-Daten Erlebnis oder Machine-Learning angepriesen wurde, ist halt heute das Wahnsinns-KI-Analyse-Tool und die Ultra-KI-Cloud-Solution. Wenn Sie also schon wie wir ein paar Mal auf der Messe waren, erkennen Sie das eine oder andere Produkt also sehr gut wieder. Allerdings ist in manchen Fällen etwas Neues dabei. Das betrifft aber eher die Rechenleistung. Interessant ist, dass bei den großen Ausstellern das Thema Nachhaltigkeit, anders als in den Vorjahren und wenn überhaupt, ein Randthema war. Dort wo Large Language Models (LLMs) dahinterstehen, sollte man auch wahrscheinlich nicht zu laut darüber sprechen. Auffällig war weiters eine sehr große Dominanz asiatischer Aussteller vor Ort. Huawei hat sich gleich wieder eine ganze Halle reserviert. Sehr beeindruckend, was dort gezeigt wurde. Weiter unten noch mehr dazu. Von Seiten der amerikanischen Anbieter sind es im Wesentlichen die üblichen Vertreter, die die Messe auch als Plattform für ihre Lobbyingaktivitäten nutzen. Wie gleich erläutert, hat sich aber hier etwas verändert. Es liegt eine gewisse Aggressivität in der Luft, was wahrscheinlich die meisten von Ihnen gar nicht verwundern wird.
Interessant daher der Auftritt des neuen Chairman Brendan Carr der FCC, der US-Aufsichtsbehörde für elektronische Kommunikation, der gegenüber den BEREC-Vertretern klar zum Ausdruck brachte, was er und seine Administration von der Digitalregulierung Europas hält. Zensur und Missachtung der Meinungsfreiheit waren dabei die höflichsten Ausdrücke. Man hat generell den Eindruck, dass offiziellen US-Vertretern im Digitalbereich Anfang Jänner ein Zettel mit Argumenten zum Auswendiglernen in die Hand gedrückt wurde und seither alle fast wortgleich über die EU und unsere Regulierung herziehen. Man erinnert sich sofort an die Worte des Vizepresidenten in Paris Anfang Februar dieses Jahres.
Beim GSMA-BEREC Roundtable waren auch Themen wie Überregulierung und dergleichen präsent, im Ton war der Austausch mit den Unternehmensvertretern aber ungleich freundlicher und die Zielsetzungen durchwegs anders als bei den US-Unternehmen. In die Evaluierung des EECC und den angekündigten Digital Networks Act werden allseits große Hoffnungen gesetzt. Die Arbeiten dazu stehen bereits in den Startlöchern. Der geplante Workshop mit der Kommission Ende März in Brüssel wird sicher spannend werden. Allen Stakholdern in Politik, Industrie und Regulierung ist klar, dass Änderungen bevorstehen. Wie genau sie aussehen, ist aber noch offen. Auch das spürt man in Barcelona sowohl bei Diskussionen als auch bei "1:1s".
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eines unserer 1:1-Gespräche mit Meta, das uns zumindest praktisch klar machte, wie europäische und nationale Regulierung in Washington verstanden wird. Auch die Gespräche, die wir mit der für Europa zuständigen Vorständin der DTAG führten, waren wieder interessant, um zu verstehen, was von unserer Arbeit als Regulierer die Vorstandsetagen so weit bewegen. Wobei wir immer wieder bemerken, dass wir durchaus als kreative, zukunftsorientierte Regulierungsbehörde gesehen werden. Wobei natürlich unbestritten ist, dass für jeden Industrievertreter natürlich keine Regulierung bei sich und möglichst viel bei den anderen die beste Regulierung wäre. In unseren Diskussionen sehen wir hier oft das "Florianiprinzip" (Heiliger Florian schütz unser Haus und zünd das Haus unserer Nachbarn an) in Reinkultur. Aber zuzuhören, Gespräche führen und sich daraus eine eigene Meinung bilden, das ist gerade bei so einer Messe ein ganz wichtiges Take-away, das wir nicht missen sollten. Sehr interessant habe ich auch unser Gespräch mit dem US Satellitenanbieter Globalstar empfunden. Das Schöne daran war, es war so anders. Kein vorgefertigter Lobbyingspruch, sondern ganz klare Fakten mit transparent formulierten Wünschen, sachlich auf Augenhöhe. Konkret ging es darum, in der Kooperation von Apple das aktuell für Satelliten genutzte Spektrum besser nützen zu können, um Notfallkommunikation in abgelegenen Gebieten verbessern zu können. Wichtig: Anders als bei den Forderungen von Starlink geht es nicht darum, Frequenzbänder, die für den Mobilfunk gewidmet sind, an Satellitenbetreiber abzugeben, sondern bestehendes Satellitenspektrum besser zu nutzen. Es geht auch nicht darum, hier subsidiär Funktionen von terrestrischen Netzen zu übernehmen, sondern ganz einfach die Technologie in Notfallsituationen umfassend zu nutzen. Vieles, was wir hier diskutiert haben, ist nachvollziehbar und wert, auch aus regulatorischer Sicht weiter verfolgt zu werden. Wir waren echt überrascht, dass mit einem US-Unternehmen auch solche Gespräche möglich sind!
Ach ja, und dann gab es auch dieses Mal unsere traditionelle Tour zu allen Systemherstellern. Recht viele Neuigkeiten gab es heuer nicht wirklich, vor allem wenn man auf unser Kernthema Antennen blickt. Während man aber bei den asiatischen Anbietern sehr wohl zum Frequenzbereich 2.3 GHz und 2.6 GHz - diese Frequenzen wollen wir kommendes Jahr auktionieren - interessante Produkte findet, haben die große europäischen Anbietern auf der Messe dazu wenig ausgestellt. Zumindest war das der Eindruck.
Auch bei den Systemausstattern rangiert das Thema KI natürlich ganz oben. Die vorgestellten Anwendungen im Bereich Netzsteuerung und Netzmanagement waren hier wirklich interessant und lassen vielversprechende Entwicklungen erwarten. Auch Netzsicherheit und Netzintegrität sind Top-Themen, in den meisten Fällen aber eher als konsequente Weiterentwicklung zu verstehen als wirklich als großartige Neuheit. Auch wenn KI mit drinnen war.
Wenn man heuer so durch die Messehallen gewandert ist, konnte man sich generell des Eindruckes nicht erwehren, dass gerade in Asien, und hier nicht nur in China, in Hinblick auf technologische Neuerungen sehr viel passiert und massiv Druck auf die übrigen Märkte aufgebaut wird.
Wie wir feststellen konnten, war auch Österreich mit einigen Ausstellern vertreten. Natürlich haben wir da in der Startup-Halle 8 vorbeischauen müssen.
In zweieinhalb Tagen MWC wirklich alles zusehen und jeden zu treffen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Darum haben wir (Stefan Felder und ich) uns auch dieses Jahr wieder auf unsere Kernthemen konzentriert. Das ist insofern ein guter Ansatz, weil man einen guten Vergleich bekommt, wohin sich die Technologie entwickelt und was wir in naher Zukunft erwarten können. Mit unseren Gesprächen konnten wir viele Insights mitnehmen, die wertvoll für die Arbeit vor Ort sind. Insgesamt war der MWC 2025 daher wieder einmal sehr anstrengend, aber auch sehr interessant und bot eine gute Grundlage, sich ein Bild über die nahe digitale Zukunft machen zu können. Also ein voller Erfolg! Und noch was. Anders als in den Vorjahren ging es dieses Mal nicht zurück nach Wien, sondern weiter nach Brüssel, wo am nächsten Tag Termine im AI-Office und bei der EC auf dem Kalender standen. Aber das ist eine andere Geschichte.