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    01/2023
  • Datum
    22.03.2023

Digitale Dekade: Die digitalen Ziele der EU 2030

(von Gregor Gradnig)

Die EU will den digitalen Wandel schneller vorantreiben. Daher rief sie das "Digital Decade Policy Programme 2030" ins Leben. Für die Arbeit der RTR sind hier vor allem im Bereich der Konnektivität die beiden Breitbandziele interessant: "Gigabit für alle" und 5G im Lebensraum.

Der Grad der Digitalisierung ist ein wichtiges Merkmal für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Resilienz und ein Baustein ihres globalen Einflusses. Gerade kürzlich, beim Ausbruch der Pandemie, wurden Europa viele Lücken in der Digitalisierung vor Augen geführt. Klar ist für die EU auch, dass der digitale Wandel ohne Unterstützung nicht möglich ist.

Mit dem Beschluss vom 14. Dezember 2022 über die Aufstellung des "Politikprogramms 2030 für die digitale Dekade" (DDPP 2030) wird der digitale Wandel forciert und ein Überwachungs- und Kooperationsmechanismus festgelegt. Geschaffen werden soll ein günstiges Umfeld für Innovation sowie Investitionen und für die Verwirklichung von Digitalzielen auf Unionsebene bis 2030. Helfen sollen dabei eine klare Richtung (Zielpfade) und messbare Indikatoren (DESI und neue Key Performance Indicators, KPI) sowie ein Rahmen für Mehrländerprojekte.

Finanzielle Unterstützung kommt unter anderem aus dem "Europäischen Fonds für regionale Entwicklung", Kohäsionsfonds, von "Connecting Europe" oder aus der "Aufbau- und Resilienzfazilität". Bei letzterer müssen begünstigte Mitgliedstaaten schon jetzt mindestens 20 Prozent für den digitalen Wandel verwenden.

Einführung des digitalen Kompasses

Bereits im März 2021 legte die EU-Kommission ihre Zielvorstellung dar. Dazu veröffentlichte sie die Mitteilung: „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade“. Darin beschreibt sie vier Dimensionen, die sie verbessern will: digitale Kompetenzen, digitale Transformation von Unternehmen, Digitalisierung des öffentlichen Sektors sowie sichere und nachhaltige digitale Infrastrukturen.

Abbildung: Der digitale Kompass mit den vier Dimensionen: Kompetenzen, Infrastrukturen, Unternehmen und öffentlicher Sektor (Quelle: EU-Kommission). © EU-Kommission

Erweiterung um Digitalziele 

Mit dem Politikprogramm 2030 erweitert sie die vier Dimensionen um Digitalziele, damit man dem Zielpfad der Union im Hinblick auf das Tempo des digitalen Wandels folgen kann. Die Digitalziele sind in konkreten Bereichen verortet, in denen erwartet wird, dass Fortschritte gemeinsam in der Union erzielt werden.  

Abbildung: Die vier Dimensionen des digitalen Kompasses im Detail als Digitalziele. Bei den Infrastrukturen findet sich das Ziel "Konnektivität: Gigabit für alle". © EU-Kommission

Beim Digitalziel "Sichere und nachhaltige digitale Infrastrukturen", will sie die Konnektivität verbessern, indem sie "Gigabit für alle" vorsieht. Im Programm zur Digitalen Dekade fand es wie folgt Niederschlag:

Alle Endnutzer an festen Standorten verfügen über eine Gigabit-Netzanbindung bis zum Netzabschlusspunkt und alle besiedelten Gebiete sind, im Einklang mit dem Grundsatz der Technologieneutralität, mit drahtlosen Hochgeschwindigkeitsnetzen der nächsten Generation mit mindestens 5G entsprechender Leistung versorgt.

Denn laut Kommission wird eine zuverlässige, schnelle und sichere Konnektivität für alle und überall in der Union benötigt; auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten wie auf Inseln, in Bergregionen, in dünn besiedelten Gebieten sowie in den Gebieten in äußerster Randlage.

Dem Europäischen Parlament war hier unter anderem die Technologieneutralität wichtig, die im Programm letztendlich Eingang fand: Alle Technologien und Übertragungssysteme, die zur Erreichung der Gigabit-Konnektivität beitragen können, einschließlich der derzeitigen und künftigen Fortschritte bei Glasfaser, Satelliten, 5G oder einem anderen künftigen Ökosystem und WLAN der nächsten Generation, sollten daher gleich behandelt werden, wenn sie eine gleichwertige Netzleistung aufweisen.

In Stein gemeißelt sind die Ziele nicht. Die Kommission soll die Digitalziele und einschlägige Definitionen bis 30. Juni 2026 überprüfen, um zu bewerten, ob sie noch den ehrgeizigen Anforderungen des digitalen Wandels gerecht werden. Wenn sie es für erforderlich hält, kann sie Änderungen zu den Digitalzielen vorschlagen, um technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen anzugehen, insbesondere in den Bereichen Datenwirtschaft, Nachhaltigkeit und Cybersicherheit.

Fortschrittskontrolle mit messbaren Indikatoren (KPI)

Zentrale Leistungsindikatoren sollen helfen, die Fortschritte zu verfolgen und bei der Verwirklichung der Digitalziele unterstützen. Diese „Key Performance Indicators“ (KPI) sind noch in einem Durchführungsbeschluss festzulegen. Eben dieser wurde bis Mitte März öffentlich konsultiert. Er muss mit dem ersten Jahresbericht „Stand der digitalen Dekade“ veröffentlicht werden. Im Juni 2023 soll diese Veröffentlichung passieren.

Im englischen Entwurf sieht die EU-Kommission für Gigabit-Konnektivität und 5G-Abdeckung folgende KPI vor:

  • Gigabit-Konnektivität, gemessen als Prozentsatz der Haushalte, die durch Festnetze mit sehr hoher Kapazität (VHCN) abgedeckt sind. Die betrachteten Technologien sind Glasfaser bis zum Grundstück, Haus bzw. der Wohnung [FTTP] und Kabel DOCSIS 3.1. Die Entwicklung der FTTP-Versorgung wird ebenfalls gesondert beobachtet und bei der Interpretation der VHCN-Versorgungsdaten berücksichtigt.
  • 5G-Abdeckung, gemessen als Prozentsatz der besiedelten Gebiete, die von mindestens einem 5G-Netz versorgt sind, das das Frequenzband 3,4-3,8 GHz nutzt. In den ersten 2 Jahren, wird eine zusätzliche Berichterstattung über die 5G-Abdeckung erfolgen, unabhängig vom genutzten Frequenzband.

Die KPI sollten aktualisiert werden, wenn dies zur fortlaufenden wirksamen Überwachung und zur Berücksichtigung technologischer Entwicklungen erforderlich ist. Der Datenerfassungsmechanismus in den Mitgliedstaaten sollte, sofern angemessen, verbessert werden, damit ein umfassender Stand der Fortschritte bei der Erfüllung der Digitalziele sowie Informationen über die einschlägigen Strategien, Programme und Initiativen auf nationaler Ebene dargestellt werden. Er sollte möglichst nach Geschlecht und Region aufgeschlüsselte Daten im Einklang mit Unionsvorschriften und dem nationalen Recht umfassen.

Überwachungs- und Kooperationsmechanismus 

Der Überwachungs- und Kooperationsmechanismus zur Umsetzung des Digitalen Kompasses sollte ein erweitertes Überwachungssystem umfassen, damit Lücken in den strategischen digitalen Kapazitäten der Union erkannt werden können. Ferner sollte er einen Berichterstattungsmechanismus enthalten, der u. a. die Fortschritte bei der Verwirklichung der der in diesem Beschluss genannten Digitalziele sowie den allgemeineren Stand der Erreichung der in diesem Beschluss festgelegten, allgemeinen Ziele erfasst. Er soll einen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bilden, um Lösungen zur Beseitigung von Schwachstellen zu ermitteln und gezielte Maßnahmen für eine wirksame Abhilfe vorzuschlagen.

Zusätzlich wird für die bessere Abstimmung bei der Zusammenarbeit in Fragen des digitalen Wandels zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten eine neue hochrangige Expertengruppe ins Leben gerufen. Sie hat den Namen "Digital Decade Board" bzw. "Beirat für die digitale Dekade". Hinzu kommt ein neues Stakeholder Forum. Damit werden verschiedene Interessenträger einbezogen und ihre Meinungen eingeholt.

Abbildung: Der jährliche Kooperationszyklus soll den Fortschritt hin zu den Digitalzielen 2030 überwachen und dokumentieren. © EU-Kommission


Jährlicher Bericht zur digitalen Dekade

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht zur digitalen Dekade vor. Darin nimmt die Kommission eine Bewertung der Fortschritte beim digitalen Wandel der Union zur Verwirklichung der Digitalziele sowie des Stands der Verwirklichung der allgemeinen Ziele vor. Sie identifiziert erhebliche Lücken sowie Mängel und empfiehlt den Mitgliedstaaten Strategien, Maßnahmen oder Aktionen zur Abhilfe. Die Kommission will den ersten Bericht zur digitalen Dekade im Juni 2023 übermitteln.

Der "Index für digitale Wirtschaft" (DESI) sollte in diesen jährlichen Bericht über den Stand der digitalen Dekade aufgenommen werden und zur Überwachung der Fortschritte bei der Erreichung der Digitalziele herangezogen werden. Insbesondere sollten die Dimensionen und Indikatoren des DESI an die im Beschluss des DDPP 2030 festgelegten Digitalziele angeglichen werden. Für jedes Digitalziel legt die Kommission in Durchführungsrechtsakten zentrale Leistungsindikatoren (key performance indicators — KPI) fest. Die KPI sollten aktualisiert werden, wenn dies zur fortlaufenden wirksamen Überwachung und zur Berücksichtigung technologischer Entwicklungen erforderlich ist.

Gemeinsam erstellte Zielpfade

Die Kommission sollte gemeinsam mit den Mitgliedstaaten geplante Zielpfade aufstellen, mit denen die Union die in diesem Beschluss festgelegten Digitalziele erreichen kann. Diese geplanten Zielpfade sollten, wo möglich, von den Mitgliedstaaten in nationale geplante Zielpfade umgesetzt werden und, sofern angemessen, die regionale Dimension gebührend beachten.

Das unterschiedliche Potenzial und die unterschiedlichen Ausgangspunkte der einzelnen Mitgliedstaaten dafür, einen Beitrag zu den Digitalzielen zu leisten, sollten hierbei berücksichtigt werden und sich in den nationalen geplanten Zielpfaden widerspiegeln. Die nationalen geplanten Zielpfade sollten die Bewertung der mit der Zeit erzielten Fortschritte auf Unionsebene und auf nationaler Ebene erleichtern.

Jeder nationale Fahrplan hat Folgendes zu umfassen:

  • die wichtigsten geplanten, beschlossenen und umgesetzten Strategien, Maßnahmen und Aktionen, die zur Erreichung der allgemeinen Ziele und der Digitalziele beitragen;
  • nationale geplante Zielpfade, die zur Erreichung einschlägiger Digitalziele beitragen und die auf nationaler Ebene messbar sind, wobei die regionale Dimension nach Möglichkeit in den nationalen Fahrplänen berücksichtigt wird;
  • die Zeitplanung und die erwarteten Auswirkungen der geplanten, beschlossenen und umgesetzten Strategien, Maßnahmen und Aktionen nach Buchstabe a auf die Erreichung der allgemeinen Ziele und der Digitalziele.

Bis zum 9. Oktober 2023 übermittelt jeder Mitgliedstaat der Kommission seinen nationalen Fahrplan. Sie werden, wenn notwendig, jährlich gemeinsam mit der Kommission angepasst.

Mehrländerprojekte und EDIC

Oftmals sind zur Zielerreichung Projekte notwendig, die immens groß, teuer und länderübergreifend sind. Die Kommission will solche Mehrländerprojekte erleichtern. Die Finanzierung soll aus dem EU-Haushalt, von den Mitgliedstaaten und privaten Investoren kommen. Beispiele für Mehrländerprojekte können 5G-Korridore für autonomes Fahren, Hochleistungsrechner oder die Vernetzung der öffentlichen Verwaltung sein.

Mindestens drei Mitgliedstaaten können ein Mehrländerprojekt beantragen und durchführen. Sie bekommen die Möglichkeit dafür ein Konsortium für europäische Digitalinfrastrukturen mit eigener Rechtspersönlichkeit als Projektgesellschaft zu gründen (European digital infrastructure consortia, EDIC). Jedes EDIC erstellt, übermittelt und veröffentlicht einen jährlichen Tätigkeitsbericht.


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