Newsletter RTR.Telekom.Post

  • Newsletter
    03/2022
  • Datum
    08.11.2022

"[…] Ein zersplittertes Europa wird zum Balkan der Welt werden und zur ständigen Einladung an andere, sich in seine Angelegenheiten einzumischen. Es muss mit einer Stimme sprechen, um gehört zu werden." (Walter Hallstein, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, am 2. März 1953 im Europarat)

Liebe Leser:innen!

Fast 70 Jahre ist es her, dass diese Worte im Europarat vorgetragen wurden. Die Spuren des zweiten Weltkrieges noch überall sichtbar, aber große Einigkeit darüber, dass so etwas nicht mehr passieren darf. Es waren Worte wie diese, die zu einer auf wirtschaftlichen Interessen, aber auch grundsätzlichen Werten der Menschlichkeit beruhenden Zusammenarbeit der noch kurz zuvor tief verfeindeten Nationen Europas führten. Die Erkenntnis, dass nur durch Zusammenarbeit über Grenzen hinweg Wohlstand und Freiheit für alle Menschen erreicht werden und Europa eine Rolle in der Welt spielen kann, war zu dieser Zeit den meisten sehr klar.

Und wie sieht die Welt heute aus? In weiten Teilen der Ostgrenze Europas herrscht wieder Krieg und die letzten Monate haben mehr als deutlich gezeigt: Nur durch eine geeinte, europäische Zusammenarbeit kann es gelingen, einem völkerrechtswidrig handelnden Aggressor die Stirn zu bieten. Ich glaube, in Zeiten wie diesen ist die etwas verblasste Erkenntnis, wie ich sie einleitend erwähnt habe, wieder vielen ins Bewusstsein gelangt. Letzten Umfragen zufolge offenbar sogar in der Bevölkerung Großbritanniens! Die oftmals zitierte Einigkeit ist jedenfalls nicht "gottgegeben", sondern an ihr müssen wir kontinuierlich und intensiv arbeiten. Gerade im internationalen Bereich bedarf die Zusammenarbeit laufender Anstrengungen, um letztlich im Interesse aller zu gemeinsam definierten Zielen zu führen.

BEREC als Zusammenschluss der europäischen Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation ist ein gutes Beispiel für eine funktionierende Zusammenarbeit. (Tele-)Kommunikation ist einer jener Sektoren, die sowohl für Wirtschaft als auch für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung sind. Und das lässt sich nicht auf Landesgrenzen beschränken. Wer dafür sorgen will, dass sein Land in der Digitalisierung vorne mit dabei ist, der muss seinen Schrebergarten verlassen, international denken und sich einbringen. Die "Digitale Dekade" wird in Brüssel entworfen und wenn wir hier nicht aktiv mitarbeiten, bleiben wir als einzelnes Land im besten Fall Trittbrettfahrer ohne Gestaltungsmöglichkeit für das, was kommt. Denken wir nur an die unmittelbar vor Verabschiedung stehenden Initiativen wie den Digital Markets Act (DMA), den Digital Services Act (DSA) oder den Data Act (DA) und – nicht zu vergessen – im Bereich der Netzsicherheit die NIS II Richtlinie, die allesamt bald in das nationale Recht zu integrieren sein werden.

Nicht für alle diese Gesetzesinitiativen ist BEREC an erster Stelle verantwortlich. Nein, aber dort, wo es um Netzinfrastruktur und freien Datenverkehr auf diesen Netzen als wesentliche Voraussetzung für diese Initiativen geht, kommt BEREC hier eine wichtige Aufgabe, auch aus gesamteuropäischer Sicht zu. Die Entwicklungen zu kennen, sie gemeinsam zu diskutieren und mit einer Stimme dazu in den europäischen Entscheidungsgremien zu sprechen, und zwar in Richtung der Europäischen Kommission genauso wie in Richtung der nationalen Regierungen, ist eine der wirklich großen Errungenschaften dieser Zusammenarbeit zwischen den europäischen Telekomregulierern. Und dass BEREC wirklich ein europäisches Projekt ist, erkennt man auch daran, dass nicht nur die Telekomregulierer der EU 27 hier zusammenarbeiten, sondern durch Erweiterung um die EFTA Staaten, die Balkanländer und zuletzt durch die Einbeziehung der Ukraine eine umfassende internationale Zusammenarbeit sichergestellt werden kann und gemeinsame Probleme auch wirklich gemeinsam einer Lösung zugeführt werden können. Das ist nicht immer einfach, aber am Ende wird die beste Lösung für alle gefunden.

Umso mehr hat es uns daher gefreut, dass das 3. BEREC Plenary 2022 im Oktober in Salzburg stattgefunden hat. Die International Regulators Group (IRG) lud dabei ebenfalls in Salzburg zu ihrem 25-jährigen Jubiläum ein. Dabei konnten aus dem In- und Ausland auch viele frühere Chairs begrüßt werden. Auch das ist ein Zeichen für gute internationale Zusammenarbeit, über die wir gerne hier berichten.

Gemeinsam ist es uns als BEREC weiters möglich, mit den großen Playern im Rest der Welt auf Augenhöhe zu sprechen und damit die Rolle von Europa in der globalen digitalen Zukunft einmal mehr zu unterstützen. Erst zuletzt konnten wir auf unserer Studienreise in den USA unser Zusammenarbeitsabkommen mit der Federal Communications Commission (FCC) wieder erneuern und uns mit Meta, Google und anderen großen Playern zu wesentlichen Zukunftsthemen unterhalten. Dazu dann später noch mehr in meinem persönlichen Reisebericht zum BEREC Studytrip 2022.

Auch im Postbereich stellt sich immer mehr heraus, dass stärkere internationale Zusammenarbeit wichtig ist, um für die großen, auch in diesem Sektor mit der Digitalisierung zusammenhängenden Herausforderungen Antworten zu finden, die allein, rein national, nicht mehr gefunden werden können. Hier ist es wichtig, vor allem für ein kleines Land wie Österreich, als Regulierungsbehörde aktiv an vorderster Front mit dabei zu sein. Mehr dazu in unserem Bericht über die ERGP Mittelfriststrategie 2023-2025 und das anstehende Arbeitsprogramm 2023.

In den nachfolgenden Beiträgen wollen wir den interessierten Leser:innen ein wenig mehr von dem zeigen, was wir denn da so in Europa machen und wie die BEREC Arbeit 2023 aussieht. Mehr zum BEREC Arbeitsprogramm 2023 erfahren Sie gleich im Anschluss im Interview mit dem BEREC Chair 2023 Prof. Konstantinos Masselos.

Es gibt also viele Gründe dafür, warum das Leitthema dieses Newsletters der "Internationalen Zusammenarbeit" gewidmet ist. Nur, wenn wir uns aktiv in den europäischen Prozess einbringen, können wir als RTR dafür sorgen, dass unsere Meinung gehört und unsere Interessen dort, wo es wichtig ist, auch vertreten werden und Eingang in die europäischen Gesetzesinitiativen finden.

Um im Konzert der europäischen Regulierungsbehörden auch gehört zu werden, bedarf es natürlich der richtigen Menschen, die hier die RTR und mich unterstützen. Daher möchte ich mich an dieser Stelle auch einmal bei Mag. Elisabeth Felber und ihrem Team für die ausgezeichnete und vertrauensvolle Teamarbeit bedanken.


In diesem Sinne wünsche ich wieder einmal eine spannende Lektüre!

Klaus M. Steinmaurer
Geschäftsführer der RTR
Fachbereich Telekommunikation und Post


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