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    04/2022
  • Datum
    20.12.2022

BEREC konsultiert vier Berichte und veröffentlicht interessante Dokumente

Vier öffentliche Konsultationen beschloss BEREC beim vierten und letzten Plenum des Jahres 2022 im tschechischen Prag. Weitere Dokumente wurden veröffentlicht, vier davon stellen wir Ihnen hier vor. Außerdem begrüßt BEREC die Ukraine als neues Mitglied.

Ukraine ist Teil von BEREC

Eine Besonderheit gab es heuer beim vierten Plenum. Dort wurde nämlich ein Working Arrangement mit der ukrainischen Telekomregulierungsbehörde geschlossen. Damit wurde die NCEC offiziell Teil von BEREC. Wie alle Drittländer sowie die Europäische Kommission ist die Ukraine ein Teilnehmer ohne Stimmrecht im "Board of Regulators".

Vier öffentliche Konsultationen starten

1) Draft BEREC Report on regulatory treatment of business services

Die erste Konsultation läuft bis zum 03. Feber 2023 und betrifft den Berichtentwurf zur regulatorischen Behandlung von Business Services. Diese Dienstleistungen der elektronischen Kommunikation für Unternehmen lassen diese selbst sowie die öffentliche Verwaltung von der digitalen Wirtschaft profitieren. Sie können Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und ermöglichen es Unternehmen, den Bürger:innen innovative Dienste anzubieten.

In diesem Bereich regulieren die meisten Behörden die Vorleistungsmärkte für lokalen und zentralen Zugang zum Festnetz und dedizierte Kapazitäten (z.B. Mietleitungen und Ethernetdienste). Außerdem gibt es symmetrische Regulierungen beim Ausbau und beim Sharing von Very High Capacity-Netzen oder baulicher Infrastruktur, die sich auf Angebot und Nutzung von sehr hohen Bandbreiten seitens der nachfragenden Unternehmen auswirken können.

Der Bericht erläutert Schlüsselfragen der Wettbewerbsdynamik auf der Endkundenebene und analysiert, wie die Regulierungsbehörden die Bedürfnisse der Unternehmen bei der Regulierung des Vorleistungsmarktes berücksichtigen. Dabei wird die regulatorische Behandlung der oben genannten Märkte durch die verschiedenen Regulierungsbehörden in ganz Europa dargestellt. Der Fokus liegt hier auf den regulierten Vorleistungsprodukten und spezifischen Maßnahmen, die auf Geschäftskundenmärkte abzielen. Auch Best Practices der Behörden (Datenerhebungen, Monitoring der Märkte) werden aufgezeigt.

2) Draft BEREC Report on challenges and benefits of impact of Artificial Intelligence (AI) solutions in the telecommunications sector (including use cases)

BEREC schickt einen Berichtentwurf in die Konsultation, der sich mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz im Telekomsektor befasst. Er beleuchtet etwas näher, welche Herausforderungen und Vorteile diese Lösungen mit sich bringen.

Die Idee dahinter ist, die Entwicklung der Nutzung von künstlicher Intelligenz im Telekommunikations-Sektor zu verfolgen. Damit soll sichergestellt werden, dass Chancen oder Herausforderungen für den Sektor früh erkannt werden und auch regulatorischer Handlungsbedarf rechtzeitig aufgedeckt wird.

Daher sieht sich der Bericht am Beginn die rechtlichen Rahmenbedingungen inklusive des Entwurfs des AI Acts an. Er beleuchtet dann die grundlegenden Elemente von künstlicher Intelligenz sowie die Vorteile und Herausforderungen.

Zu den Vorteilen gehören Effizienzsteigerungen z.B. bei Qualität oder Netzausbau, Kostenreduktion (vor allem beim Netzausbau) und neue Geschäftschancen für Unternehmen beispielsweise durch verbesserte, individuelle Anpassungen von Produkten.

Zu den identifizierten Herausforderungen zählen das Nichtvorhandensein von Daten und ihre mangelnde Objektivität, die Haftungsfragen im Fall einer Störung, die Nachvollziehbarkeit in der Entscheidungsfindung oder Probleme bei Datenschutz sowie Sicherheit.

Der Hauptteil des Berichtentwurfs beschreibt sechs KI-Anwendungsfälle im TK-Sektor (z.B. im Netzwerkausbau, im Bereich Dynamic Spectrum Sharing oder Cybersicherheit) und erklärt, welche Herausforderungen in diesem Bereich bestehen. Im letzten Kapitel setzt sich der Bericht mit KI auseinander, die von Regulierungsbehörden genutzt wird.
 
Die federführende Arbeitsgruppe freut sich über reges Feedback bei der öffentlichen Konsultation, um die Ergebnisse im Bericht noch weiter verbessern zu können. Die Teilnahme daran ist bis zum 03. Feber 2023 möglich.

3) Draft BEREC Report on interoperability of Number-Independent Interpersonal Communication Services (NI-ICS)

Interoperabilität ist die Fähigkeit von zwei oder mehr Systemen bzw. Komponenten, Informationen auszutauschen und sie für die Zusammenarbeit zu nutzen. Sie müssen nicht einheitlich sein und können sogar ihre Unterschiede und Vielfalt bewahren. 

Um interoperabel zu sein, setzen die Unternehmen am Rande ihrer Dienste und Produkte Normen ein, bei denen es sich entweder um De-iure-Normen handeln kann, die von internationalen Organisationen erstellt und gepflegt werden, oder um De-facto-Normen wie APIs oder allgemein gebräuchliche Protokolle. Der Berichtentwurf konzentriert sich darauf, wie Interoperabilitätsmaßnahmen für NI-ICS gemäß Artikel 61 Absatz 2 des EECC umgesetzt werden können.

Im Lichte der endgültigen Fassung des DMA wird in diesem Bericht weiter untersucht, wie und wann Interoperabilitätsmaßnahmen konzipiert, auferlegt und aufrechterhalten werden können. Insbesondere wird dieser Bericht eine rechtliche und wirtschaftliche Bewertung der Vorteile und Herausforderungen von Interoperabilitätsmaßnahmen für NI-ICS erleichtern. Dazu gehören auch Überlegungen zu deren Verhältnismäßigkeit, technische Umsetzung und Auswirkungen auf Innovation, Konnektivität und den Wettbewerb zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Der Berichtentwurf wird bis zum 03. Feber 2023 öffentlich konsultiert.

4) Draft BEREC Report on competition amongst multiple operators of NGA networks in the same geographical region

Regionale Betreiber von VHC-/NGA-Netzen (Very High Capacity / Next Generation Access) spielen zunehmend eine wichtige Rolle auf dem Breitbandmarkt in vielen Ländern. Die Netze der verschiedenen Betreiber können sich in einigen Gebieten teilweise überschneiden. In anderen Gebieten überschneiden sich die Netze vielleicht nicht, aber sie können dennoch sehr nahe beieinander liegen und leicht erweitert werden, um den Versorgungsbereich des jeweils anderen Betreibers abzudecken. Einige Betreiber haben möglicherweise "verstreute" Netze im ganzen Land und konkurrieren mit vielen anderen Betreibern. 

Der Berichtentwurf, der jetzt bis zum 27. Jänner 2023 konsultiert wird, basiert auf Daten aus 31 europäischen Ländern und dient zwei Zwecken:

Erstens der Untersuchung des Ausmaßes, in dem mehrere NGA-Netze in einem geografischen Gebiet vorhanden sind und welche Auswirkungen dies auf die Endkundenpreise und die Produkteigenschaften im Endkundenmarkt hat.

Zweitens die Analyse der Auswirkungen auf den Markt für den lokalen Netzzugang auf Vorleistungsebene an einem festen Standort. Wobei Fälle in Betracht gezogen wurden, in denen Marktdefinition und/oder Abhilfemaßnahmen geografisch differenziert wurden und wo dies nicht der Fall ist.

Alle öffentlichen Konsultation finden Sie auf der BEREC-Webseite.


Vier interessante Veröffentlichungen

1) BEREC Retail Roaming Guidelines

Mit der neuen Roaming-Verordnung bekam BEREC den Auftrag, die Roaming-Leitlinien auf Vorleistungs- und Endkundenebene zu aktualisieren. Erstere, die "Wholesale Roaming Guidelines" wurden bereits im September verabschiedet. Jetzt folgten die "Retail Roaming Guidelines", die den Endkunden-Bereich betreffen.
Sie entstanden in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und wurden über den Sommer konsultiert, um eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten.

Die gegenständlichen überarbeiteten Endkunden-Leitlinien ersetzen jene aus 2017 und dienen der Erläuterung der neuen Roamingverordnung sowie der Durchführungsverordnung der Kommission. Die Leitlinien beschreiben detaillierte Regeln zur Anwendung der Fair Use Policy, zu den Transparenzbestimmungen sowie Leitlinien zu Notrufnummern und Mehrwertdiensten. Zudem beinhalten die Leitlinien auch detailliertere Ausführungen zu den Bestimmungen zu Quality of Service sowie der Anwendung der Transparenzbestimmungen für Roaming auf nicht-terrestrischen Netzen.

2) BEREC Report on ECA Audit recommendations for 5G cybersecurity

Zu Jahresbeginn veröffentlichte der Europäische Rechnungshof (ERH) einen Sonderbericht zum 5G-Rollout in der EU. Er behandelt Verzögerungen beim Netzausbau und ungelöste Sicherheitsfragen. Gefordert wurden neue Impulse, um die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G in der EU voranzutreiben.

BEREC hat die Empfehlungen des ERH analysiert, um Maßnahmen zur Unterstützung der Umsetzung der Empfehlungen setzen zu können. Der Bericht umfasst die bisherigen BEREC-Aktivitäten, die sich auf einige der vom Europäischen Rechnungshof formulierten Empfehlungen beziehen. Er enthält aber auch erste Vorschläge für mögliche Aktivitäten zur Unterstützung der Europäischen Kommission und der NIS-Kooperationsgruppe. Neben der Kommission und NIS, wird BEREC seine Aktivitäten auch mit der ENISA und allen anderen betroffenen Stakeholdern abstimmen.

3) BEREC Opinion for the evaluation of the application of the Open Internet Regulation

Im kommenden Jahr steht die zweite Überprüfung der Netzneutralitäts-Verordnung (Verordnung [EU] 2015/2120, "TSM-VO") durch die Europäische Kommission an.
Mit der Opinion möchte BEREC zu dieser Überprüfung beitragen und stellt seine Evaluierung der Europäischen Kommission zur Verfügung. Diese Opinion behandelt BERECs Erfahrungen in der Anwendung der Netzneutralitäts-Verordnung sowie der dazugehörigen BEREC-Guidelines. Sie wurde bereits konsultiert und wird nun final veröffentlicht. Darin wird der Schluss gezogen, dass die Netzneutralitäts-Verordnung weiterhin passend und zielführend ist, um dieses wichtige europäische Prinzip durchzusetzen.

4) External Study on NRAs’ institutional features and relevant BEREC evaluations (Independence Study)

Unabhängigkeit ist ein komplexes Thema. Sie bezieht sich auf die Fähigkeit der nationalen Regulierungsbehörden Druck von außen zu widerstehen. Das heißt ohne Einmischung oder Einflussnahme der Politik oder von regulierten Unternehmen zu agieren. Die Unabhängigkeit der Behörde umfasst nicht nur das, was in der Rechtsordnung verankert ist, sondern auch wie sie in der Praxis arbeitet und wer die relevanten Akteure sind.

Die Unabhängigkeit der NRA ist kein Ziel an sich. Vielmehr ist sie ein Mittel, um das wirksame Funktionieren der Behörde bei der Verfolgung der einschlägigen politischen Ziele zu gewährleisten. Das sind etwa eine gute Marktaufsicht, eine unparteiische Entscheidungsfindung und die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen.

Anhand verschiedener Dimensionen kann diese Unabhängigkeit konzeptualisiert werden, die unterschiedliche Tätigkeitsbereiche widerspiegeln. Diese Dimensionen bilden eine analytische Matrix. Der Bericht konzentriert sich dabei auf drei große Kategorien: operative, finanzielle und personelle Aspekte. Um die Grundlage für die Unabhängigkeit der NRA abzudecken, wird die Dimension der systemischen Unabhängigkeit hinzugefügt.

Rechenschaftspflicht und Transparenz werden ebenfalls einbezogen, da sie die Unabhängigkeit unterstützen und ergänzen und es ermöglichen, die Maßnahmen der Behörde zu überprüfen. Schließlich geht es auch um Faktoren, die für die künftigen Herausforderungen der Unabhängigkeit relevant sind, etwa hochqualifiziertes Personal für zukünftige Bedürfnisse und der proaktive Aufbau von Expertise zu neuen Themen.

Am Ende geht diese externe Studie auf Best- und Worst-Case-Szenarien in den betrachteten Dimensionen ein. Damit kann sich eine jede Behörde selbst beurteilen und wenn notwendig rechtzeitig aktiv werden, um das hohe Niveau an Unabhängigkeit beizubehalten. Denn im Vergleich zu anderen Sektoren schneidet die Unabhängigkeit der europäischen Regulierungsbehörden im Bereich elektronische Kommunikation gut ab.

Die Studie ist das Ergebnis professioneller Forschung, die die Meinung der Autoren wiedergibt. Sie soll nicht den Standpunkt BERECs wiedergeben.

Alle veröffentlichten Dokumente finden Sie auf der BEREC-Webseite.


BEREC Stakeholder Forum

Das kommende BEREC Stakeholder Forum wird am 30. März 2023 in Brüssel stattfinden. Dort tauschen sich BEREC und seine Stakeholder untereinander aus, diskutieren und arbeiten daran, die Regulierungsvorschriften in Europa weiter zu harmonisieren. Außerdem soll der Entwurf des BEREC-Arbeitsprogramms für 2024 vorgestellt werden. Weitere Informationen und das Programm der Veranstaltung werden auf der BEREC-Webseite veröffentlicht werden.

Autor: Gregor Gradnig


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