Die Österreicherinnen und Österreicher wollen auf ihr mobiles Internet auch im Urlaub nicht verzichten. Das zeigen die neuesten Nutzungszahlen beim Roaming, die der RTR jetzt vorliegen.
Telefonieren und surfen wie zu Hause („Roam Like At Home“ oder „RLAH“). Das ist der Vorteil für die Konsumentinnen und Konsumenten, den sie aus der Roamingverordnung der EU seit 15. Juni 2017 ziehen. Außerhalb von Österreich, aber innerhalb der EU sowie in Liechtenstein, Norwegen und Island, kostet jedes Telefonat, jede SMS und jedes Gigabyte gleich viel wie daheim. Jetzt sind die aktuellen Nutzungszahlen bis einschließlich 30. September 2017 verfügbar und beinhalten damit die Hauptreisezeit des vergangenen Sommers. Die RTR hat die Zahlen für Sie ausgewertet.
Bevor RLAH eingeführt wurde, war die Angst vor zu hohen Mobilfunkkosten bei den österreichischen Privatkundinnen und -kunden hoch. Vorsorglich schalteten sie Datenroaming im EU-Auslandsurlaub aus. Seit der Verordnung änderte sich das drastisch: Im 3. Quartal 2016 waren es noch 407.990 GB an Daten, im gleichen Quartal 2017 allerdings schon 1.989.000 GB, die im EU-Ausland verbraucht wurden. Das entspricht einem Anstieg von 388 %.
Der Trend der vermehrten Nutzung ist auch bei den Gesprächsminuten erkennbar. Vom 3. Quartal 2016 zum 3. Quartal 2017 stiegen die aktiven Roamingminuten von 88 Millionen Minuten auf 139,5 Millionen Minuten und somit um rund 58 %. Passiv erhöhten sie sich von 66,5 auf 79,3 Millionen; also um 19 %.
Zur Erklärung: „Aktiv“ bedeutet man ruft jemanden an. „Passiv“ heißt man nimmt ein Telefongespräch entgegen.
Einen Rückgang gibt es nur bei den Roaming-SMS, da Endkundinnen und -kunden wohl lieber auf datenbasierte Messengerdienste zurückgreifen. Das 3. Quartal 2016 jenem von 2017 gegenübergestellt ergibt einen Rückgang bei den SMS um 5 %; nämlich von 31 auf 29,6 Millionen. Dennoch hat RLAH auch hier seine Auswirkungen: Vergleicht man die 3. Quartale der Jahre 2015 und 2016, zeigt sich noch ein Rückgang um stolze 21 %.
Die heimischen Betreiber bekommen das geänderte Nutzungsverhalten der Kundinnen und Kunden natürlich zu spüren. Ausgeprägt ist das besonders bei MVNOs, den „Mobile Virtual Network Operators“. Das sind Anbieter, die über kein eigenes Handynetz verfügen und sich deshalb in eines der großen Anbieter einmieten. MVNOs dürften sehr preisbewusste Kundinnen und Kunden haben. Diese schalteten offenbar das Datenroaming vor dem Inkrafttreten von RLAH häufiger aus, nutzen es jetzt aber in vollen Zügen. Das zeigt der massive Anstieg von 2.451 % innerhalb dieses Betreibertyps, vergleicht man das 3. Quartal 2016 mit dem gleichen Quartal 2017.
Bezieht man den Vergleich auf den Durchschnittskunden (und berücksichtigt so das stärkere prozentuelle Kundenwachstum bei MVNOs), so wuchs der Durchschnittsverbrauch bei MVNOs immer noch mehr als dreimal so stark wie bei MNOs, also den Betreibern mit eigenem Netz.
MNOs hingegen haben viele Geschäftskundinnen und -kunden, die nicht derart stark auf Änderungen im Preis reagieren. Sie nutzten ihre Smartphones auch schon vor RLAH regelmäßig im Ausland. Dadurch fällt hier der Anstieg beim Datenvolumen zwischen den beiden 3. Quartalen mit 363 % deutlich geringer aus.
Auch bei Sprach- und SMS-Roaming ist ein gleich gerichteter, starker Unterschied zwischen den beiden Betreibertypen zu beobachten.
Konsumentinnen und Konsumenten können ihre Pakete (also die im monatlichen fixen Entgelt inkludierten Minuten, SMS und GB) nun auch im EU-Ausland ohne weitere Entgelte nutzen. Nur noch in Ausnahmefällen können Betreiber zusätzliche Entgelte verrechnen. Daher haben zusätzliche Umsätze aus Roaming in der EU quasi keine Relevanz mehr (Ausnahmen für die Verrechnung sind einerseits die Fair‑Use‑Policy oder andererseits die Tragfähigkeitsklausel der Roamingverordnung, bei der nach erfolgreichem Antrag Betreiber weiterhin einen Aufschlag zum nationalen Preis verrechnen dürfen, wenn ihnen ansonsten ein existenzbedrohender, wirtschaftlicher Schaden entstünde.).
Beim Datenroaming zum Beispiel sind die Endkundenumsätze der österreichischen Betreiber vom 3. Quartal 2016 zum Vergleichsquartal 2017 von knapp 10 Millionen Euro auf rund 260.000 Euro gesunken. Das sind rund 97 % weniger.
Zur Erklärung: Die Umsätze aus Roamingdiensten setzen sich aus Umsätzen von alternativen Roamingtarifen bzw. aus Aufschlägen zusammen, die aus oben genannten Gründen verrechnet werden können.
Innerhalb von Österreich haben die Roamingumsätze für MNOs aber weiterhin eine große Bedeutung. Gemeint sind hier allerdings nicht die Umsätze, die sie von den Endkundinnen bzw. -kunden generieren, sondern jene, die sie von ausländischen Anbietern für die Benutzung ihrer eigenen Netze einnehmen. Mit diesen Vorleistungsumsätzen können sie die geringeren Umsätze von den Endkundinnen bzw. -kunden ein Stück weit ausgleichen.
Deutlich im Nachteil sind hier MVNOs. Weil sie keine eigenen Netze haben und somit keinen Roamingverkehr von ausländischen Nummern abwickeln sowie weiterverrechnen können, fehlt ihnen die Möglichkeit, hier Umsätze zu erzielen. Sie müssen mit dem Nachteil hoher Auszahlungen bei sinkenden Umsätzen zu Rande kommen.