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    01/2023
  • Datum
    30.03.2023

Neuer "Code of Practice on Disinformation": ERGA beobachtet Selbstregulierung im Kampf gegen Fehlinformationen im Internet

RTR Medien und KommAustria sind Mitglieder der ERGA-Arbeitsgruppe zu Desinformation 

© European Union

Im Februar hat die European Regulators Group for Audiovisual Media Services (Gruppe europäischer Regulierungsbehörden für audiovisuelle Mediendienste, ERGA) den Beobachtungszeitraum von einem Jahr für den neuen, verstärkten "Code of Practice on Disinformation 2022" begonnen. Es handelt sich dabei um ein von wesentlichen Playern des World Wide Web entwickeltes Selbstregulierungsinstrument, dessen Wirksamkeit nun direkt auf den Märkten der audiovisuellen Mediendienste in der Europäischen Union in der Praxis beobachtet wird. Worum geht es hier?

Motivation
Unter Desinformation versteht man „nachweislich falsche oder irreführende Informationen“, die insgesamt mit dem Ziel des wirtschaftlichen Gewinns oder der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit konzipiert, vorgelegt und verbreitet werden und öffentlichen Schaden anrichten können. Darunter fallen auch Bedrohungen für die demokratischen politischen Prozesse und die politische Entscheidungsfindung sowie für öffentliche Güter wie den Schutz der Gesundheit der Bürger:innen, der Umwelt und der Sicherheit. Die Europäische Kommission hat dazu wiederholt anerkannt, dass in diesem Zusammenhang einerseits das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sowie auf ein offenes Internet, andererseits das empfindliche Gleichgewicht, das bei allen Anstrengungen zur Begrenzung der Verbreitung und der Auswirkungen ansonsten rechtmäßiger Inhalte gehalten werden muss.

Der Vorgänger: Der Code of Practice 2018
Bereits im Jahr 2018 gab es einen bemerkenswerten Vorstoß, mit dem sich Vertreter von Online-Plattformen, führende Technologieunternehmen und Akteure der Werbebranche auf einen Verhaltenskodex zur Selbstregulierung einigten, um der Verbreitung von Desinformation im Internet entgegenzuwirken. Mit dem Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation von 2018 einigte sich die Industrie erstmals weltweit und auf freiwilliger Basis auf Selbstregulierungsstandards zur Bekämpfung von Desinformation. Der Verhaltenskodex von 2018 zielte darauf ab, festgelegte Ziele zu erreichen, indem 21 Verpflichtungen zur Bekämpfung von Desinformation in verschiedenen Bereichen festgelegt wurden.
Dieser Verhaltenskodex wurde im Oktober 2018 von den bekannten Online-Plattformen Facebook, Google, Twitter und Mozilla sowie von Werbetreibenden und anderen Akteuren der Werbebranche unterzeichnet. Auch Microsoft trat im Mai 2019 bei. TikTok unterzeichnete den Kodex im Juni 2020.
Der Code of practice 2018  war bereits ein großer Erfolg, da er auf freiwilliger Basis und mit einer positiven Haltung der Europäischen Kommission dazu ein sehr wesentliches Instrument zur Selbstregulierung in dem äußerst sensiblen Bereich darstellte.

Der Strengthened Code of Practice 2022
Die sich verändernden Bedingungen zeigten jedoch, dass eine Weiterentwicklung der freiwilligen Selbstverpflichtung von Nöten war. Diese Bemühungen führten schließlich zu einem erweiterten und verstärkten neuen Code of Practice on Disinformation 2022. Dieser neue Kodex zur Bekämpfung von Desinformation baut zwar im Wesentlichen auf dem ursprünglichen Kodex von 2018 auf, enthält aber wesentlich weitgehendere Verpflichtungen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation im Internet. Unter anderem bringt der neue Kodex ein vielfältigeres Spektrum von Interessenträgern als jemals zuvor zusammen. Dazu gehören konkrete Verpflichtungen wie die Demonetarisierung der Verbreitung von Desinformation, die Gewährleistung der Transparenz politischer Werbung, die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Faktenprüfern (fact checkers) und eine Erleichterung des Zugangs von Forschern zur Datenprüfung.
Dieser verstärkte Verhaltenskodex 2022 wurde bisher von 38 Akteuren unterzeichnet, darunter Online-Plattformen, Akteure des Werbeökosystems, Faktenprüfer, Vertreter der Zivilgesellschaft, Forschung und anderer Organisationen, die sich an der Bekämpfung von Desinformation beteiligen. Unter den bekannten Unterzeichnern finden sich Google, Microsoft, Meta, Twitter, Twitch, TikTok, Vimeo, etc.. Die Möglichkeit zur Aufnahme weiterer Unterzeichner besteht.

Inhalte des verstärkten Code of Practice on Disformation 2022
Die Inhalte und Zielsetzungen dieses Verhaltenskodex umfassen Regelungen zu folgenden Themen:

• Prüfung von Werbeanzeigen
• Politische Werbung
• Integrität von Diensten
• Stärkung von Nutzer:innen
• Stärkung der Prüfungsmöglichkeiten
• Stärkung der Faktenprüfer
• Einrichtung eines Transparenz-Centers
• Einrichtung einer permanenten Prüfungsgruppe
• Überprüfung der Einhaltung des Codes

Zur Einhaltung unterwerfen sich die Unterzeichner 44 Bedingungen, die diesen Bereichen zugeordnet sind (detaillierte Beschreibung hier ). Der Code of Practice on Disinformation ist als ein funktionierendes Beispiel zu sehen, nach dem Selbstregulierung einen wertvollen Beitrag zusätzlich zur gesetzlichen Regulierung leistet. Die KommAustria und die RTR-GmbH begrüßen diese Initiative und sind im Rahmen der ERGA in der Arbeitsgruppe zu Desinformation mitgestaltend tätig. Die laufende Beobachtung im Raum der gesamten Europäischen Union soll nun zeigen, inwieweit dieses Selbstregulierungsinstrument wirksam ist, wo es seine Grenzen findet und wo es Nachbesserungsbedarf gibt. 


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