Stellungnahme der Medienbehörde zur EU-Sondierungskonsultation über Netzgebühren für sogenannte Over-The-Top-Dienstleister (OTT) fällt kritisch aus
Unter dem Titel "Die Zukunft des Sektors der elektronischen Kommunikation und seiner Infrastruktur" startete die EU-Kommission am 23. Februar 2023 die Konsultation einer Frage, über die reichlich gestritten wird: sollen große Online-Anbieter datenintensiver Inhalte zu einer Beteiligung an den Kosten des Netzausbaus verpflichtet werden? Die Initiative der EU rückt insbesondere Video-Plattformen wie Netflix, Amazon Prime Video oder YouTube in den Fokus. Und die Zeit für den Netzausbau, ob 5G oder Glasfaser, drängt. So hat sich beispielsweise die österreichische Bundesregierung zum Ziel gesetzt, dass bis Ende 2025 eine nahezu flächendeckende Verfügbarkeit von 5G verwirklicht sein soll.
Die Netze werden – so die These der Mobilfunk-Infrastrukturanbieter – von einem kleinen Kreis von Unternehmen zur Verbreitung besonders datenintensiver Dienste genutzt, die aber keinen Beitrag an den Kosten des Ausbaus der digitalen Infrastruktur in Europa leisten würden. Eine Studie des internationalen Investment- und Beratungsunternehmens Axon im Auftrag des Telekommunikationsbranchenverbands ETNO gelangt zu dem Ergebnis, dass das Verkehrsvolumen immer stärker ansteigt und dieser Anstieg insbesondere von sechs großen Unternehmen und deren Nutzern verursacht werde. Um diesen Anstieg bewältigen zu können, sei die Internet-Infrastruktur durch Telekommunikationsunternehmen stärker auszubauen. Weiters bedürfe es zur Erreichung der Versorgungsziele mit moderner Infrastruktur enormer Investitionen, die noch dazu möglichst zeitnah getätigt werden sollten. Diese Studie bildet den Ausgangspunkt für den Vorschlag der EU-Kommission, sogenannte Over-The-Top-Dienstleister (OTT) künftig am Netzausbau mit einem „fairen Anteil“ („fair share“) als Gegenleistung für die Durchleitung ihrer Daten zu beteiligen („Netzgebühr“).
Die Stellungnahmefrist zur EU-Konsultation lief am 19. Mai ab. Die KommAustria beteiligte sich mit einer Position aus der Medienperspektive.
Stellungnahme der KommAustria
In ihrem Positionspapier hat die KommAustria aus dem Blickwinkel des Medienregulators vier Risiken für die Medienwirtschaft aufgezeigt und ganz allgemein auf eine potentielle Beeinträchtigung für die Meinungsvielfalt und die Meinungsfreiheit und damit für die europäischen Demokratien hingewiesen.
Im Einzelnen sieht die KommAustria die Bedeutung des freien Internet für die Bereitstellung von Medienangeboten, unabhängig von einem Gatekeeper, der eine mit einer Nutzungsgebühr möglicherweise den Zugang zu Daten – und damit zu Medieninhalten – bestimmt. (?? fehlt hier ein Verb? "gefährdet" oder so?)
Die KommAustria hat auch auf mögliche Risiken auf Ebene der Verbraucher:innen hingewiesen, für die sich die Kosten für Inhaltsangebote durch eine auf sie umgelegte Netzgebühr verteuern könnten. Es droht aber auch, wie Erfahrungen aus Südkorea gezeigt haben, eine Verknappung des Angebots von Medieninhalten.
Mit einer solchen Verknappung des Angebots gingen auch mögliche Auswirkungen auf die Medienvielfalt und Meinungsfreiheit (inklusive der dieser innewohnenden Informationsfreiheit) einher. Gerade in Zeiten von vermehrtem Aufkommen von Hate Speech und Desinformation sollte dies einer genauen Bewertung, abseits einer rein ökonomischen Betrachtung, unterzogen werden
Zudem weist hat die KommAustria darauf hin, dass der Medienmarkt ohnehin unter einem hohen Kostendruck steht und weitere Belastungen durch eine weiterverrechnete Netzgebühr zu einem starken Ungleichwicht im Wettbewerb führen könnten.
Das gesamte Postionspapier der KommAustria ist auf unserer Webseite veröffentlicht.