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    04/2023
  • Datum
    18.12.2023

Neuer RTR-Bericht: Open Access Netze in Österreich

(Denise Diwisch)


Nach ihrer Studie zur Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen in Österreich aus dem Jahr 2022 wirft die RTR in ihrem aktuellen Bericht "Open Access Netze in Österreich" erneut einen Blick auf aktuelle Entwicklungen im Bereich Glasfaserausbau, dieses Mal mit Fokus auf Open Access Netze (OAN). FTTH-Netze werden in Österreich häufig in Verbindung mit der Breitbandförderung des Bundes und/oder der Länder errichtet, welche mit der Auflage verknüpft ist, Vorleistungszugang zu diesen Netzen zu gewähren. Somit sind in fast allen Bundesländern OAN entstanden, wobei sich verschiedene Modelle herausgebildet haben und unterschiedliche Akteure aktiv wurden. Der Bericht stellt verschiedene Open Access Modelle dar, gibt einen Überblick über OANs auf Bundeslandebene, beschäftigt sich mit der Frage der Zugänglichkeit von Open Access Netzen, den angebotenen Vorleistungsprodukten, dem Thema Standardisierung und gibt einen Überblick über das Marktergebnis anhand der angebotenen Produkte und Bandbreiten auf Endkundenebene.

Derzeit gibt es in Österreich ca. 25 Open Access Netze (Wenn die Tiroler Gemeindenetze nicht separat gezählt werden.) unterschiedlichster Größe, wobei der Großteil davon, nämlich mehr als 90% der Homes Passed, in den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Tirol liegt (siehe Abbildung 1). Während in Tirol fast ausschließlich passiver Zugang (physische Entbündelung) bereitgestellt wird, erfolgt der Zugang in den anderen Bundesländern primär über aktive Vorleistungen (virtuelle Entbündelung). Im Q2/2023 deckten Open Access Glasfasernetze (ohne A1) bereits mehr als 340.000 Haushalte ab, was 26% der gesamten FTTH-Abdeckung in Österreich entspricht, und in den nächsten Jahren sind signifikante Erweiterungen zu erwarten. 

Abbildung 1: Homes Passed der Open Access Netze (Q2/2023, ohne A1) © RTR (ZIB)

Neben (alternativen) Open Access Netzen werden FTTH-Anschlüsse vor allem im Netz von A1, welches über virtuelle Entbündelung zugänglich ist, und von (weiteren) vertikal Integrierten Anbietern bereitgestellt. Abbildung 1 gibt für jedes Bundesland einen Überblick über die Verteilung der FTTH-Abdeckung (Homes Passed) auf OANs, A1 und integrierte Anbieter und zeigt damit die unterschiedliche Bedeutung von OANs in den einzelnen Bundesländern. In Oberösterreich wurden im Q2/23 mit 55% deutlich mehr als die Hälfte aller FTTH Homes Passed über ein OAN versorgt, gefolgt von Niederösterreich mit 49%, Kärnten mit 44% und Tirol mit 36%. Im Burgenland, Vorarlberg und Wien besitzt A1 einen Großteil des FTTH-Netzes, während in Salzburg rd. 90% der FTTH-Abdeckung auf den vertikal integrierten Anbieter Salzburg AG entfällt. Österreichweit sind 46% aller Homes Passed durch integrierte Anbieter, 28% durch A1 und 26% durch Open Access Netze versorgt. 

Abbildung 2: Verteilung der FTTH-Abdeckung auf OANs, A1 und integrierte Anbieter (Q2/2023) © RTR (ZIB)

Insgesamt sind mehr als 40 ISPs auf unterschiedlichen Open Access Netzen in Österreich tätig. Auf Netzen mit aktivem Zugang variiert die Anzahl der ISPs zwischen 3 und 21 pro Netz, bei rein passivem Zugang (Tirol) sind pro Gemeinde nur 1 bis 4 ISPs tätig. Dies zeigt, dass der größte Unterschied in der Zugänglichkeit von OANs zwischen Netzen mit passivem Zugang und Netzen mit aktivem Zugang besteht, wobei erstere höhere initiale Investitionen und höhere Skalenvorteile erfordern, während letztere deutlich geringere Marktzutrittsbarrieren aufweisen. Größere Betreiber mit eigener Infrastruktur in den Gemeinden bevorzugen meist den passiven Zugang, da hier der Produkt- und Preisgestaltungsspielraum größer ist. Für kleinere ISPs ist hingegen der aktive Zugang meist attraktiver, insbesondere wenn es sich um größere Netze handelt und automatisierte Schnittstellten (API, Web-Interface) zur Verfügung stehen. 

Der Bericht zeigt weiters, dass auf Netzen mit aktiven Vorleistungsprodukten die Anzahl der angebotenen Bandbreiten meist geringer ist, da vom Aktivnetzbetreiber häufig 3 bis 5 Bandbreitenprofile bereitgestellt werden, die dann von den ISPs auch auf Endkundenebene angeboten werden. Bei Netzen mit passiven Vorleistungsprodukten führt der größere Produktgestaltungsspielraum hingegen zu einer deutlich höheren Anzahl an angebotenen Bandbreiten. Da auf Netzen mit rein passivem Zugang die Anzahl der ISPs gering ist, ist auch die Marktkonzentration entsprechend hoch. Doch auch bei Netzen mit aktivem Zugang kann es zu einer hohen Marktkonzentration kommen, wenn es Asymmetrien zwischen den ISPs gibt. Was die Preise betrifft, so zeigt der Bericht, dass vergleichbare Bandbreiten in Netzen mit passivem Zugang meist günstiger sind als in Netzen mit aktivem Zugang.

Bei der hohen Zahl an Open Access Netzen ist das Thema Standardisierung für viele ISPs zentral. Fehlende Standardisierung führt bei ISPs, die auf mehreren Netzen tätig sind, zu höheren Aufwänden und erschwert ein bundesweit einheitliches Angebot. Dabei ist zwischen technischen Eigenschaften der (Vorleistungs-) Produkte und Prozessen zu unterscheiden. In beiden Bereichen gibt es derzeit signifikante Unterschiede über die Open Access Netze. Bemühungen zur Standardisierung werden vor allem vom Verband alternativer Telekombetreiber (VAT) in Abstimmung mit der Open Fiber Austria (ofaa) vorangetrieben, es ist derzeit aber offen, ob bzw. wie eine Umsetzung am Markt erreicht werden kann.

Vor dem Hintergrund, dass für die nächsten Jahre hohe Investitionen in den Ausbau weiterer Glasfasernetze in Österreich angekündigt wurden, identifiziert der Bericht vier Themen und Herausforderungen, die hinkünftig verstärkt Beachtung finden sollten. Diese betreffen die Notwendigkeit, die Auswirkungen des voranschreitenden Glasfaserausbaus auf den Wettbewerb zu prüfen, die Implementierung von Open Access Netzen mit sowohl aktivem als auch passivem Zugang, die Verbesserung der Zugänglichkeit von OANs und die Förderung von Standardisierungsbemühungen bzw. die Verbreitung von "Best Practices".

 


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