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Regulatorisches

Preiserhöhungen bei Telekommunikationsdiensten – ein Fall für den Telekomregulator?

Immer wieder kursieren in diversen Medien Gerüchte, der Telekomregulator habe die Erhöhung von Entgelten genehmigt. Im folgenden Beitrag werden die Rahmenbedingungen der Preisgestaltung der Betreiber näher erläutert.

Grundsätzliches zur Preisgestaltung

Wie in allen Branchen kann es auch bei Telefon- und Internetdiensten zu Preiserhöhungen kommen. Sämtliche Entscheidungen zur Preisgestaltung liegen bei den Betreibern selbst. Weder bei der Einführung von neuen Produkten noch bei deren Anpassung sind Genehmigungen seitens der Regulierungsbehörden für Telekommunikation erforderlich. Die Telekommunikationsbranche unterscheidet sich diesbezüglich nur wenig von anderen Sektoren. Eine Besonderheit gibt es allerdings: Betreiber können ohne eine Begründung einseitig laufende Verträge zum Nachteil ihrer Kundinnen und Kunden ändern.1 Als Ausgleich können Kunden den Vertrag außerordentlich kündigen.

Eine Preisregulierung auf Endkundenmärkten ist aus einer Reihe von Gründen nur theoretisch denkbar. Um eine solche im Rahmen der Systematik des sektorspezifischen Wettbewerbsrechts einzuführen (so genannte „Marktanalyse“ im Sinne des Telekommunikationsgesetzes), müsste zunächst ein relevanter Markt abgegrenzt werden. Folgende Barrieren sind dafür Voraussetzung:

  • Hohe Marktzutrittsbarrieren
  • Keine Tendenz zu effektivem Wettbewerb hinter diesen Barrieren
  • Unzulänglichkeit des allgemeinen Wettbewerbsrechts, um die wettbewerblichen Probleme zu beheben 

Demnach müsste eine „beträchtliche Marktmacht“ vorliegen, und es wäre zunächst eine Vorleistungsregulierung2 der Preisregulierung für Endkunden vorziehen. Nur wenn diese unwirksam wäre, könnte daran gedacht werden, Endkundenpreise zu regulieren. Für alle genannten Schritte ist die „Zustimmung“ der Europäischen Kommission erforderlich. Sieht man von den damit einhergehenden regulatorischen Vorlaufzeiten ab, so erscheint eine solche Zustimmung der Europäischen Kommission zu derartigen Maßnahmen sehr unwahrscheinlich. In der so genannten „Märkteempfehlung“ der Europäischen Kommission finden sich bereits seit dem Jahr 2014 keine Endkundenmärkte mehr. Im Mobilfunk- und Breitbandbereich gab es – sieht man von der Besonderheit es europäischen Themas Roaming ab – überhaupt noch nie eine Regulierung auf den Endkundenmärkten.

Einführung bzw. Erhöhung von jährlichen Service- bzw. SIM-Pauschalen

Der Grundsatz der unternehmerischen Freiheit bei der Preisgestaltung betrifft auch die Tarifstruktur eines Produktes. Welche einmaligen oder regelmäßigen Entgelte ein Betreiber vorsieht, bleibt diesem überlassen. Diese Entscheidungsfreiheit betrifft auch jährliche Entgelte, etwa in Form von Service- oder SIM-Pauschalen. Diese Entgelte sind zwar der Transparenz, insbesondere bei der Entscheidung für einen speziellen Tarif, nicht zuträglich, allerdings ist ihre Vereinbarung rechtlich zulässig. Es handelt sich um ein Entgelt, das keiner besonderen Begründung bedarf. Der RTR ist keine Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte bekannt, die die Zulässigkeit dieser Entgelte in Zweifel ziehen würden. 

Transparenz und Bewerbung von Produkten

Die Frage der vertragsrechtlichen Zulässigkeit bei der Tarifgestaltung ist von der Bewerbung und Transparenz von Produkten im Telekommunikationsbereich zu unterscheiden. Gerade jährliche Entgelte (z.B. Service- oder SIM-Pauschalen) sind, z.B. als Fußnote im Anmeldeformular versteckt, geeignet, ein verzerrtes Bild von den tatsächlich anfallenden Entgelten zu geben. Produkte mit einer Servicepauschale beinhalten somit ein Element, das die Nachfrageseite im Wettbewerb und der Preisbildung schwächt.

Es ist davon auszugehen, dass sich auf Grund der Umsetzung des „European Electronic Communication Code (EECC)“ die Transparenz von anfallenden Entgelten verbessern wird. Demnach haben die Betreiber ein standardisiertes Vertragszusammenfassungblatt3 nach einem von der Europäischen Kommission vorgegebenen Muster, das bereits veröffentlicht ist,4 verpflichtend zu verwenden. Es muss noch innerstaatlich die Rechtsgrundlage für dessen Anwendbarkeit geschaffen werden, womit im Laufe des Jahres 2021 zu rechnen ist. Die RTR hat in diesem Zusammenhang bereits ein „Praxishandbuch zur Vertragszusammenfassung“5 veröffentlicht, welches Guidelines in der praktischen Anwendung gewährleisten soll. Dieses sieht vor, dass in der Vertragszusammenfassung wiederkehrende fixe Entgelte anzugeben sind, wozu nach Ansicht der RTR neben dem monatlichen Grundentgelt auch die oft kritisierten, jährlichen Service- oder SIM-Pauschalen stehen. Mit der Vertragszusammenfassung sollte sich daher in Hinkunft das Problem der mangelnden Transparenz dieser jährlichen Entgelte zumindest teilweise entschärfen.

Die Frage der korrekten Bewerbung ist wiederum vor allem nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen. Die Klagsbefugnis nach diesem Gesetz zählt aber nicht zu den regulatorischen Aufgaben der RTR, sondern obliegt Institutionen, wie z.B. der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte oder dem Verein für Konsumenteninformation.

Preisentwicklung in einer gesamthaften Betrachtung

Wesentliches regulatorisches Ziel ist es, Rahmenbedingungen für zuverlässige, preiswerte, hochwertige und innovative Kommunikations­dienstleistungen zu schaffen.6 Es ist somit kein Ziel, dass Preise per se nicht steigen dürfen, wobei Produktivitätsfortschritte natürlich auch bei den Endnutzerinnen und Endnutzern in niedrigeren Preisen oder höherer Qualität ankommen sollen. Bei Preiserhöhungen sollte immer eine umfassende Betrachtung vorgenommen werden. Es ist auffallend, wie emotional oft Diskussionen zu geringfügigen Teuerungen bei Telefon- und Internetdiensten geführt werden. Wenn man die Teuerung in anderen Branchen beobachtet, sieht man, dass die Preise für Kommunikationsdienste vergleichsweise moderat sind. Gleichzeitig sind die Leistungen (z.B. Bandbreite, inkludierte Minuten und Datenmengen) im Laufe der Jahre umfassend verbessert worden. Der Mobilfunkindex der RTR zeigt, dass Preise für Neukunden in den letzten Jahren sogar rückläufig waren.7 Die Preiserhöhungen der letzten Monate sowie Änderungen für Bestandskunden sind hier allerdings nicht enthalten.

Die Rolle der Nachfrageseite

Eine wichtige Rolle im Wettbewerb kommt den Endnutzerinnen und Endnutzern zu. Kundinnen und Kunden, die mit Entgelterhöhungen nicht einverstanden sind, sollten die Möglichkeit nutzen, zu Betreibern mit besseren/günstigeren Angeboten zu wechseln. Zwar gibt es Lock-in-Effekte,8 dennoch sind in den meisten Fällen Alternativen verfügbar, die in Anspruch genommen werden können und auch sollten. Eine preissensitive Nachfrageseite, die auch über entsprechende Informationen verfügt, um disziplinierend wirken zu können, ist ein wesentlicher Garant für einen funktionierenden Wettbewerb. Die RTR arbeitet eng und in Abstimmung mit der BWB permanent an der Aufrechterhaltung dieser wettbewerblichen Rahmenbedingungen. Zudem erweitert und aktualisiert die RTR laufend ihr Informationsangebot auf der Website, um Endnutzerinnen und Endnutzern Hilfestellungen zur Evaluierung von TK-Produkten zu geben.

Regulatorischer Eingriff?

Besteht Verdacht auf Preisabsprachen oder Behinderung des Wettbewerbs, so wäre dieser allenfalls von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zu untersuchen.9 Auch die RTR hat als ultima ratio die Möglichkeit einer Marktanalyse, die, wie eingangs erwähnt, allerdings zunächst auf die Vorleistungsebene, also die Unterstützung des Wettbewerbs, abzielen würde.



1  Dem Betreiber steht ein gesetzliches Änderungsrecht zu: https://www.rtr.at/TKP/was_wir_tun/telekommunikation/konsumentenservice/information/informationen_fuer_konsumenten/TKKS_Vertraege.de.html#heading_Einseitige_Vertragsaenderung__Darf_Ihr_Betreiber_den_Vertrag__ndern_und_was_koennen_Sie_in_diesem_Fall_tun_
Vorleistungsregulierung bedeutet, dass anderen Betreibern Angebote gemacht werden müssen, auf deren Basis diese wettbewerbsfähigen Produkte für Endnutzinnen und Endnutzer angeboten werden können.
Art. 102 Abs. 3 EECC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32018L1972&from=DE)
4 Veröffentlicht unter https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2018-4821885_en
https://www.rtr.at/TKP/was_wir_tun/telekommunikation/betreiberservice/praxishandbuch_zur_vertragszusammenfassung/Praxishandbuch_zur_Vertragszusammenfassung.de.html
6 Vergleiche § 1 TKG 2003
Siehe RTR Telekom Monitor 3. Quartal 2020, https://www.rtr.at/TKP/aktuelles/publikationen/publikationen/m/tm/telekom-monitor-q32020.de.html
8 Lock-in Effekte sind Umstände, die einem Betreiberwechsel entgegenstehen, wie z.B. administrative Aufwände für die Produktwahl, Vertragsabschluss bei dem neuen Betreiber und Kündigung des alten Vertrages.
https://www.rtr.at/TKP/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/pinfo28012021tkp.de.html